Victoria-Seerose - Stabilität durch Streben
Von der Natur…
Die Riesenseerose Victoria gehört zu den größten Süßwasserpflanzen der Welt. Ihre ledrigen, etwa zwei Millimeter dicken Schwimmblätter sind ungewöhnlich stabil. Ein
mit Luftkammern durchsetztes Rippensystem auf der Blattunterseite verhindert das Untergehen selbst dann, wenn man sie gleichmäßig mit einem Gewicht von 60 Kilogramm belastet.
…in die Technik
Joseph Paxton (1803-1865) pflegte die zu Beginn des 19. Jh. entdeckte Riesenseerose als besonders wertvolle botanische Rarität im Garten des Herzogs von Devonshire. Ihr stabiles Rippengerüst inspirierte ihn zu neuartigen Gewächshauskonstruktionen. Besonders berühmt war sein Crystal Palace für die Weltausstellung 1851 in London. Er brachte ihm den Adelstitel ein. Die Bauweise war damals revolutionär: Vorgefertigte Module ermöglichten eine sehr kurze Bauzeit von nur 6 Monaten. Massive Tragbalken sorgten für die Stabilität der Konstruktion ganz ähnlich wie die kräftigen radialen Blattrippen der Victoria Seerose. Die rechtwinklig zu den Balken angeordneten Regenrinnen verliehen zusätzliche Steifigkeit genau wie die Querstreben des Victoria-Blatts.
Bildunterschriften:
Joseph Paxtons Tochter Annie auf dem Blatt einer Riesen Seerose, abgebildet
im November 1849 in "The Illustrated London News“.
Blattunterseite eines Victoria Blatts: Dicke radial verlaufende Blattrippen und schmalere Querstreben geben Halt und Auftrieb. Ihre Anordnung folgt den Blattadern.
Der 1936 durch ein Feuer zerstörte Crystal Palace gilt als erste bewusst bionische Konstruktion der Baugeschichte.
Text der Informationstafel im Botanischen Garten