Bodenverhalten und Stoffmodelle
Die Untersuchung des Verhaltens von Böden erfolgt im Labor mit Hilfe von standardisierten Versuchen wie den Ödometer-, Rahmenscher- oder auch Triaxialversuchen. Damit lassen sich allerdings nur bedingt Spannungspfade abbilden, welche für geotechnische Problemstellungen relevant sind. Spezielle Spannungspfade, die z. B. während eines Aushubs auftreten, können jedoch nur in Triaxialgeräten mit besonderer Computersteuerung oder in lastgesteuerten Triaxialgeräten durchgeführt werden, da der Seitendruck während des Versuches regelbar sein muss.
Für Verformungsprognosen bei großen Bauvorhaben, für welche analytische Verfahren ungeeignet sind, kommen numerische Berechnungen zum Einsatz. Numerische Methoden verlangen zur Abbildung des Bodenverhaltens die Einbindung eines sog. Stoffmodells. Unterschiedliche Kategorien von Stoffmodellen existieren, deren Modellparameter sich aber größtenteils anhand der Standardlaborversuche kalibrieren lassen.
Die hypoplastischen Stoffmodelle gehören zu den fortgeschrittenen mathematischen Modellen zur Beschreibung des Bodenverhaltens bei Beanspruchung. Im Vergleich zu vielen verwendeten Stoffmodellen verzichtet die Hypoplastizität auf die Verwendung von Fließflächen und plastischen Potentialen, um reversible und irreversible Dehnungen abzubilden. Stattdessen wird eine Betragsfunktion verwendet. Da sich das beobachtbare Bodenverhalten feinkörniger und grobkörniger Böden bei Beanspruchung unterscheidet, existieren daher auch unterschiedliche Stoffmodelle, welche diese Eigenheiten abbilden können.
Alle Stoffmodelle verwenden Modellparameter, welche für jeden Boden neu bestimmt werden müssen. Die Bestimmung der Stoffmodellparameter erfolgt i.d.R. mittels Laborversuchen, siehe FAQ-Box `Kalibrierung von Stoffmodellen´. Stehen keine Ergebnisse aus Laborversuchen zur Verfügung, können auch Korrelationen herangezogen werden.
Stoffmodelle sind mathematische Modelle, mit welchen sich das Bodenverhalten bei unterschiedlichen Beanspruchungen näherungsweise abbilden lässt. Die Stoffmodelle besitzen eine bestimmte Anzahl an Stoffparameter, die für unterschiedliche Böden, ähnlich den Bodenkennwerten, auch variieren. Um Verformungsprognosen für geotechnische Aufgabenstellungen, wie z.B. Setzungen unter einem Fundament, geben zu können, müssen die Stoffmodellparameter zunächst kalibriert werden.
Die Bestimmung der Modellparameter erfolgt mit Hilfe von standardisierten bodenmechanischen Laborversuchen, wie den einaxialen oder isotropen Kompressionsversuchen, drainierten oder undrainierten Triaxialversuchen oder Rahmenscherversuchen.
Mit Hilfe dieser Standardlaborversuche lässt sich das Kompressions- und Scherverhalten von Böden untersuchen. Anschließend werden mit numerischen Elementversuchen, in welchen sich die Beanspruchung bei den Standardlaborversuchen simulieren lässt, die Stoffmodellparameter dahingehend angepasst, dass das gemessene und berechnete Verformungsverhalten weitestgehend identisch ist.
Geotechnische Elementversuche sind Laborversuche an Bodenproben. Die Bodenproben werden als homogen betrachtet und es wird eine konstante Verteilung der Belastung sowie der Verformung in diesen angenommen. Mit Hilfe dieser Annahmen lässt sich bei einem Laborversuch ein momentaner Zustand der Bodenprobe mit einem einzigen Spannungs- und Dehnungstensor charakterisieren, d.h. die Bodenprobe wird als ein Punkt betrachtet. Somit stellt die Bodenprobe einen repräsentativen Punkt im Baugrund dar. Dabei wird jedoch die Inhomogenität des Bodens vernachlässigt. Eine Inhomogenität innerhalb einer Bodenprobe drückt sich u.a. durch eine unterschiedliche Verteilung der Steifigkeit, Porenzahl usw. aus.
Die Kalibrierung von Stoffmodellen für Böden wird mittels einer numerischen Simulation der Elementversuche durchgeführt. Bisher wurden alle Stoffmodelle unter Vernachlässigung der oben beschriebenen Bodeninhomogenität entwickelt.
Am Institut für Geotechnik wurden numerische Simulationen zur Untersuchung der Bodeninhomogenität in Elementversuchen durchgeführt. Unter Annahme einer Normalverteilung der Porenzahl innerhalb der Bodenprobe mit definiertem Mittelwert und Normalabweichung, lässt sich der Einfluss einer Porenzahlverteilung auf das Spannungs-Dehnungs-Verhalten untersuchen. Dabei wird die Porenzahl in verschiedenen Punkten stochastisch verteilt.
Bei manchen Versuchsergebnissen ist es schwierig, das charakteristische Bodenverhalten von abnormalen Effekten, wie z.B. Einflüsse aus der Probennahme oder des Versuchsgerätes, zu unterscheiden. Unerwartetes Verhalten führt häufig zu Versuchswiederholungen, wenn genügend Probenmaterial vorhanden ist. Dabei wird ein Versuch so lange durchgeführt, bis das erwartete Verhalten eintritt. Meistens sind jedoch das Probenmaterial oder die Laborressourcen und somit auch die Anzahl der Versuche begrenzt.
Untersuchungen am Institut für Geotechnik haben gezeigt, wie die Betrachtung von asymptotischen Zuständen die Interpretation der Ergebnisse von Triaxialversuchen an feinkörnigen Bodenproben vereinfacht. Dazu werden die asymptotischen Zustände der „Critical States Soil Mechanics“ verwendet. Im einfachsten Fall ist der Zustand im Boden eine Momentaufnahme der aktuell auf ein Bodenelement wirkenden Spannungen sowie der Dichte. In der Theorie werden vor allem zustandsunabhängige Parameter wie der kritische Reibungswinkel φc oder der Kompressions- bzw. Schwellbeiwert (Cc, Cs) verwendet.