Tagebauproblematik
Im Bergbau fallen neben den gewonnen Rohstoffen auch erhöhte Mengen an Abraum an, welche meist in Abbaunähe wieder verkippt werden. Besonders große Mengen an Abraum sind dabei in Tagebauen vorhanden, in welchen auf der einen Seite das Material abgetragen und auf der gegenüberliegenden Seite wieder verkippt wird (siehe Bild). Für diese Kippen bzw. Kippensysteme, bestehend aus vorwiegend nassen und feuchten Böden, sind Standsicherheitsnachweise erforderlich. Für die Nachweise werden wiederum Bodenkennwerte benötigt, welche sich aufgrund der Konsolidation des Kippenbodens zeitlich verändern. Eine Entwicklungsprognose der Bodenkennwerte kann nicht mit der klassischen Theorie der Bodenmechanik abgedeckt werden, weshalb am Institut für Geotechnik zahlreiche Forschungsprojekte zu dieser Thematik bearbeitet wurden bzw. noch werden. Ein weiterer Schwerpunkt hierbei ist die gezielte Verkippung von Materialien zur Ausnutzung der Bodeneigenschaften. Die Untersuchungen beziehen sich auf die Verkippungsgeometrie als auch auf die Mischung verschiedener Böden zur optimalen Ausnutzung der Bodeneigenschaften. Des weiteren wurden Drucksondierverfahren entwickelt, um die prognostizierten Scherfestigkeiten zu überprüfen. Auch erfolgte eine Entwicklung neuer Stoffmodelle, um das Bodenverhalten von Mischböden mit unterschiedlicher Konsistenz oder Bodenarten abbilden zu können.
Zur Beurteilung der Eigenschaften von Kippenböden in Tagebauen wurden zahlreiche Proben von frisch verkippten Böden vor Ort entnommen und im bodenmechanischen Labor der TU Dresden untersucht. Mit Hilfe von statistischen Auswertungensverfahren ließen sich Zustands- oder Kenngrößen im Anfangszustand ermitteln, die nachfolgend für z.B. Scherfestigkeitsprognosen benötigt wurden.
Ein weiterer Schwerpunkt sind im Tagbau durchgeführte und dokumentierte Großversuche, wie z.B. Setzungsmessungen, welche anschließend am Institut für Geotechnik ausgewertet und interpretiert wurden.
Aus Scher- und Kompressionsparametern sowie dem aktuellen Bodenzustand, beschrieben durch die Porenzahl und den effektiven Spannungszustand, lässt sich unter Anwendung einer geeigneten bodenmechanischen Theorie die undrainierte Scherfestigkeit bestimmen. Eines dieser Modelle ist die Theorie der kritischen Zustände (Critical State Soil Mechanics). Aufbauend auf dieser Theorie lassen sich für verschiedene Stoffmodelle zur Beschreibung des Bodenverhaltens die Scherfestigkeiten für schnelle, undrainierte Belastungsvorgänge berechnen.
Unter Kopplung der mechanischen und zeitabhängigen Effekte (Konsolidation) im Boden, lassen sich mittels analytischer sowie numerischer Berechnungen die zeitabhängige, undrainierte Scherfestigkeit bestimmen. Zur Verbesserung der Prognosegenauigkeit wurden neben deterministischen auch statistische Methoden entworfen. Mit diesen kann unter Verwendung der Verteilungen des Anfangszustandes (dazu gehören Klassifikationsgrößen, wie z.B. die Plastizitätszahl und Zustandsgrößen, wie der Wassergehalt) eine Anfangsverteilung der Bodenkonsistenz erstellt werden. Anhand dieser lässt sich auf die Verteilung von Porenzahlen schließen. Mit Hilfe numerischer Berechnungen und eines geeigneten Stoffmodells können anschließend vereinfachte Konsolidationsberechnungen durchgeführt und daraus die undrainierte Scherfestigkeit abgeleitet werden.
Die nachfolgende Abbildung zeigt beispielhaft die zeitliche Entwicklung der undrainierten Scherfestigkeit für unterschiedliche Tiefen. Ausgangspunkt dieser Berechnung war eine ca. 23m hohe, beidseitig drainierte Bodensäule.
Die nachstehende Abbildung zeigt die Porenwasserdruckentwicklung anhand einer analytischen Auswertung; zunächst infolge Eigenlast (Dreieck) und anschließend infolge einer Überlagerung (ab Tag 6).
Werden unterschiedliche Bodenarten (z.B. Sand und Ton) oder Böden mit unterschiedlichen Konsistenzen vermischt, so entstehen Böden mit neuen Eigenschaften. In einem Tagebau können Böden selektiv gewonnen werden. Allerdings gibt es an Schichtgrenzen immer einen Verschnitt und somit eine Bodenmischung. Um die Mischungen von Fein- und Grobkorn zu untersuchen, wurden Laborversuche durchgeführt und anhand dieser die neuen Eigenschaften sowie Zustände der Mischböden abgeleitet. Zudem wurden verschiedene feinkörnige Böden vermischt und bezüglich der Steifigkeit und des Scherverhaltens untersucht. Weiterhin wurde der gleiche feinkörnige Boden mit unterschiedlichen Konsistenzen hergestellt und daran die Bodeneigenschaften abgeleitet. Neben der Laborarbeit erfolgte auch eine Erweiterung eines bestehenden Stoffmodells um eine Theorie für gemischte Böden.