Experimentelle Bodenuntersuchungen
Die möglichen Einwirkungen auf Böden sind sehr vielfältig, sodass die genormten Standardversuche nicht ausreichen, um das Bodenverhalten bei speziellen Randbedingungen (z.B. thermische und hydraulische Einflüsse) zu beschreiben. Im bodenmechanischen Labor des Institutes für Geotechnik wird dieses Verhalten experimentell untersucht.
Hierfür wurden und werden neue Versuchsaufbauten konzipiert, kalibriert und angewendet.
Versuchen zur Bestimmung der Scherfestigkeit von Böden sind überwiegend geschwindigkeitsgesteuert, wobei eine äußere Last/Spannung konstant gehalten wird. Dies entspricht aber nicht der Bodenbeanspruchung in-situ. Häufig wird der Boden bei gleichzeitiger Erhöhung der Scherbelastung entlastet, wir z.B. bei der Erstellung eines Einschnittes, oder einer konstanten Auflast ausgesetzt, z.B. durch eine Aufschüttung oder dem Errichten eines Bauwerks. Daher ist es um so wichtiger, das Bodenverhalten bei gesteuerten Spannungspfaden zu untersuchen, die der Beanspruchung im Feld entsprechen.
Des Weiteren ist die Spannungsgrenzbedingung von überkonsolidierten Böden nicht-linear, was sich im Bereich kleiner Spannungen durch eine mehr oder weniger gekrümmte Spannungsgrenzumhüllende äußert.
Eine Untersuchung der Scherfestigkeit in standardisierten Spannungsbereichen kann dazu führen, dass diese Krümmung der Spannungsgrenzumhüllenden bei niedrigen Spannungen nicht sachgemäß erfasst wird und daher eine scheinbare Scherfestigkeit im spannungsfreien Zustand (Köhasion) liefert. Dies führt zu einer Überschätzung der Scherfestigkeit bei niedrigen Spannungen.
Spannungspfade mit variierenden Pfadneigungen lassen sich im Triaxialgerät untersuchen. Dabei wird bei bspw. konstanter axialer Vorschubgeschwindigkeit der Seitendruck über eine computergesteuerte Anpassung des Zelldruckes kontrolliert.
Kenntnisse über das Bodenverhalten bei zyklischer Beanspruchung sind nicht nur von Vorteil, wenn Bauwerksgründungen in Erdbebenregionen vorgenommen werden sondern auch für Gründungsmaßnahmen, wo häufige Lastwechsel auftreten, wie z.B. beim Schienenverkehr, bei Maschinenfundamenten oder Windrädern.
Die Antwort eines Bodens bei zyklischer Belastung hängt von dessen Belastungsgeschichte (locker oder dicht gelagerter Boden), dem Wassergehalt (trocken, wassergesättigt) und den Randbedingungen im Labor bzw. in-situ ab (drainiertes/undrainiertes Verhalten, spannungs-/dehnungsgesteuerte Beanspruchung). Im Bereich sehr kleiner Dehnungen ist das Bodenverhalten bei jeder Belastungsumkehr durch eine anfängliche Volumenverkleinerung gekennzeichnet. Diese kann zu einer tendenziellen Bodenverdichtung und damit zu Setzungen unter einem Bauwerk führen. Bei wassergesättigten Böden und schnellen Belastungswechseln (undrainiertes Bodenverhalten) hat dieses Phänomen wiederum einen Anstieg von Porenwasserdrücken zur Folge.
Das Verhalten von Böden bei zyklischer Belastung wird am Institut für Geotechnik mit Hilfe von Triaxialversuchen untersucht. Zur Bestimmung von Steifigkeitsänderungen im Bereich kleiner Dehnungen kommen Versuche mit Bender-Elements oder Resonant-Column Versuche zum Einsatz.
Am Institut für Geotechnik wurde eine Vorgehensweise für die Bewertung von Scherversuchen entwickelt. Hierfür wurde eine Kontrollliste konzipiert, mit welcher sich Scherversuche analysieren lassen. Mit Hilfe dieses Ansatzes lassen sich die Teilversuche einer Testserie auswählen, welche für die Bestimmung von Scherkennwerten (Reibungswinkel, Kohäsion) herangezogen werden sollten.
Die Kornform und Rauigkeit von Bodenkörnern beeinflussen maßgeblich das mechanische Verhalten von granularen Böden wie Sand oder Kies. Die Kornform spielt dabei die Hauptrolle für die strukturelle Anordnung des Korngerüstes. Die Problematik ist jedoch, dass die Kornformbestimmung nicht zu den Standarduntersuchungen im bodenmechanischen Labor gehört, da es keine standardisierten und kosteneffizienten Untersuchungsmethoden gibt. Das grundlegende Problem bei diesem Versuch liegt darin, einen Parameter zu definieren, welcher die Korneigenschaften gut abbildet und die Bodentypen unterscheidet.
Zur Bestimmung der Kornform können unterschiedliche Methoden verwendet werden. Meist wird dafür ein 2D-Bild eines Korns analysiert. Diese Bilder können z.B. von Mikroskopieaufnahmen der Körner stammen.
Ein großer Nachteil bei dieser Herangehensweise ist die begrenzte Anzahl an analysierbaren Bodenkörnern. Mit Hilfe eines Flachbett-Scanners lassen sich jedoch mehrere Körner gleichzeitig untersuchen. Für die Analyse der Bilder kann anschließend eine Software, wie z.B. ImageJ, verwendet werden. Mit dieser lassen sich automatisch Parameter wie der kleinste und größter Durchmesser sowie die Sphärizität bestimmen. Die Sphärizität gibt Aufschluss darüber, wie gut ein Körper die Gestalt einer Kugel approximiert.
Am Institut für Geotechnik wurden Modell- und Elementversuche zur Bestimmung der granulometrischen Eigenschaften, wie Kornform und Rauigkeit, durchgeführt. Dabei wurde vor allem der entstehende Porenwasserdruck in Abhängigkeit von der Granulometrie untersucht.
Durch eine mechanische Beanspruchung von grobkörnigen Böden kann es zu einer Änderung der Granulometrie, also einer Änderung der Kornform und/oder -größe, kommen. Dadurch ändern sich ebenfalls die mechanischen Eigenschaften des Bodens.
Eine Änderung der Granulometrie tritt z.B. bei der Installation von Schottersäulen auf, denn durch die mechanische Beanspruchung des Rüttlers können die Schotterkörner brechen. Am Institut für Geotechnik wurden Ödometerversuche an Schotter, vor und nach dem Einbau in Rüttelstopfsäulen, durchgeführt. Dabei ließ sich eine Änderung des Kompressionsverhaltens feststellen.
Hervorgerufene Strömungskräfte durch hydraulische Druckunterschiede im Grundwasser können im Boden zu einem Versagen von geotechnischen Bauwerken führen. Ein Beispiel ist der hydraulische Grundbruch an Baugrubenwänden. Durch unterschiedliche Wasserstände außer- und innerhalb der Baugrube stellt sich hier eine Wasserströmung in die Baugrube ein. Entspricht die Strömungskraft der Gewichtskraft der baugrubenseitigen Überlagerung durch den Bodens, so wird diese aufgehoben. Durch den Verlust der Normalspannungen verliert der Boden seine Scherfestigkeit, wodurch die Gefahr eines Anhebens und Versagens der Bodenschicht durch einen hydraulischen Grundbruch besteht.
Am Institut für Geotechnik wurde im Rahmen von Abschlussarbeiten untersucht, ob sich der hydraulische Grundbruch in einem Modellkasten nachbilden lässt und ob die gängigen Standsicherheitsnachweise auch hier zutreffen (Hagedorn 2018).
Da die Nachweise zur Standsicherheit hauptsächlich von der Größe des Bruchkörpers auf der Baugrubenseite abhängen, wird am Institut mittels der Particle Image Velocimetry (PIV) die Größe dieses Körpers untersucht (Nöller 2019).
Die thermische Leitfähigkeit von Böden ist ein Bodenkennwert, der zunehmend an Interesse gewinnt. Immer öfter werden präzise Kenntnisse der Wärmeausbreitung im Boden nötig, um aktuelle Gebiete der Anwendungen, z.B. geothermische Anlagen oder Bodenvereisungen, zu optimieren.
Zur Bestimmung der thermischen Leitfähigkeit von Werkstoffen sind einige Verfahren bekannt, welche sich jedoch nicht alle für die Untersuchung an Bodenproben eignen. Am Institut für Geotechnik wurde ein Verfahren zur Bestimmung der thermischen Leitfähigkeit untersucht, welches die Analyse der thermischen Leitfähigkeit von Böden ermöglicht. Hierfür wurde ein Versuchsaufbau entwickelt, mit dessen Hilfe sich auch verschiedene Einflussfaktoren, wie z.B. Lagerungsdichte und Sättigungsgrad, berücksichtigen lassen.