Koordination des SFB/TRR 280
Inhaltsverzeichnis
Projektdaten
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Bericht aus dem Jahrbuch 2023
Ideen für neue Konstruktionen aus Carbonbeton im TRR 280
Im Sonderforschungsbereich/Transregio 280 (SFB/TRR 280) arbeitet ein sehr interdisziplinäres Team daran, neue Konstruktionsprinzipien für Carbonbetonstrukturen zu entwickeln. Dabei werden Inspirationen aus der Botanik, der Algebra und der Kunst wissenschaftlich erschlossen. Es werden die Materialkomponenten von Carbonbeton erforscht und weiterentwickelt, d. h. Carbontextilien, Betonmatrices und Beschichtungen für eine gezielten Verbund von Textil und Beton. Bei der Erforschung der Konstruktionen stehen u. a. Schalen und Faltstrukturen, Materialcharakterisierung und chemische Vorspannung im Fokus. Davon in unserer jetzigen Arbeit noch eher losgelöst, perspektivisch jedoch damit stark verknüpft, sind die Erforschung neuer Herstellverfahren wie 3D-Druck und Extrusion von bewehrtem Beton sowie Möglichkeiten der Tomographie. Die gesamte Forschung hat das Ziel ressourcenschonender und nachhaltiger Carbonbetonkonstruktionen, daher werden auch spezifische Methoden der Nachhaltigkeitsbewertung untersucht.
Im Jahr 2023 stand die Vorbereitung und Antragstellung für die angestrebte 2. Förderperiode im Vordergrund. Hierfür wurden in vielen Treffen die eigene Arbeit kritisch analysiert und neue Ideen entwickelt. So wurde zusätzlich zu den regelmäßigen Treffen des SFB/TRR 280 ein zusätzlicher Brainstorming- und Ideenfindungs-Workshop „Wie konstruieren wir morgen?“ in Würzburg durchgeführt. In verschiedenen Gruppen wurden in freier Assoziation Ideen erörtert – zunächst unabhängig davon, ob diese einmal verwendbar sein werden oder nicht.
In zahlreichen weiteren bilateralen realen oder auch virtuellen Treffen wurden die Ergebnisse der bisherigen Forschung immer klarer herausgearbeitet und die noch offenen Wissenslücken identifiziert, Arbeitspläne für die angestrebte 2. Phase erstellt und immer wieder die interdisziplinäre Interaktion zwischen den Teilprojekten gestärkt. Außerdem wurde intensiv diskutiert, wie die Ergebnisse der Phase 1 anschaulich und den Kern der Forschung beschreibend demonstriert werden können. So wurde z. B. am IMB in Aachen mit dem Bau eines Faltstrukturdemonstrators begonnen. Beim Herbsttreffen wurden weitere Ideen diskutiert und in der zweiten Jahreshälfte ein wahrer „Schaffensrausch“ initiiert, der im darauffolgenden Jahr zu ca. 50 Demonstratoren unterschiedlicher Größe und Komplexität führen sollte. Diese Fülle an Objektideen hatte unsere eigenen Erwartungen übertroffen.
Bericht aus dem Jahrbuch 2023
Ein Blick ins Innere – zentral unterstützte CT-Untersuchungen
(Leitung der Studie: apl. Prof. Dr.-Ing. Birgit Beckmann, Dipl.-Ing. Josiane Giese
Projektpartner: Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung, TU Dresden | Fachgebiet Massivbau und Baukonstruktion, RPTU Kaiserslautern-Landau | Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik, Fürth)
Das in der Medizintechnik unentbehrliche Verfahren der Computertomographie (CT), bei dem mit Hilfe einer rotierenden Röntgenröhre zerstörungsfrei Schnittbilder von Objekten aufgenommen werden, kann auch der Analyse von Betonbauteilen dienen. Neben einer möglichen Qualitätskontrolle der Herstellung soll die Sichtbarmachung des Inneren zu einem verbesserten Verständnis des Trag- und Verformungsverhaltens bei fortschreitender Schädigung führen. Derzeit wird an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität (RPTU) Kaiserslautern-Landau das Tomographieportal Gulliver errichtet – ein einzigartiges CT-Großgerät, das in der Lage sein wird, hochaufgelöste Scans von Betonbauteilen mit realen Abmessungen unter Laststeigerung zu erzeugen. Sobald es betriebsbereit ist, werden im Rahmen des SFB/TRR 280 zeitaufgelöste Messungen an Carbonbetonbauteilen unter verschiedenen Belastungsbedingungen durchgeführt.
Im April 2023 fanden bereits erste Untersuchungen an Carbonbetonbalken am Fürther Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik (EZRT) statt, wo sich zu diesem Zeitpunkt der Detektor befand, der später in die Röntgenanlage des Gulliver eingebaut wurde. Hauptziel der Biegeversuche war die Analyse der Rissentwicklung und die Ermittlung der Rissbreiten bei verschiedenen Belastungsstufen. Dabei lag der Schwerpunkt auf der Anwendung der digitalen Volumenkorrelation (digital volume correlation, DVC) für die Auswertung der CT-Daten. Zur Verifizierung der Messergebnisse kamen zusätzlich faseroptische Sensoren (FOS) am Carbongelege und digitale Bildkorrelation (digital image correlation, DIC) auf der Betonoberfläche zum Einsatz. Vor allem für Rissbreiten > 0,1 mm zeigte sich eine zufriedenstellende Eignung der DVC. Während die FOS und DIC in der Lage waren, die Rissbildung auch in einem frühen Stadium (< 0,1 mm) zu erkennen, lieferte die DVC für diese kleinen Risse keine Ergebnisse. Grund hierfür war neben Messrauschen auch eine fehlende Textur (Graustufenunterschiede) in den CT-Aufnahmen, welche, ähnlich wie bei der Oberflächenanalyse mittels DIC, für eine erfolgreiche Anwendung vorliegen muss. Zur Gewährleistung verwertbarer Daten zukünftiger Studien an großformatigen Carbonbetonproben im Gulliver sind die Einstellungen des CT-Geräts bzw. die Konfigurationen der Versuchskörper entsprechend anzupassen.
Bericht aus dem Jahrbuch 2022
Interdisziplinäre Forschung im SFB/TRR 280
Im Sonderforschungsbereich/Transregio 280 (SFB/TRR 280) arbeiten Forschende ganz unterschiedlicher Fachrichtungen interdisziplinär zusammen, um neue Konstruktionsprinzipien für Carbonbetonstrukturen zu entwickeln. Nachdem der SFB/TRR 280 seit Beginn unter starken Corona-Einschränkungen gearbeitet hatte, waren in diesem Jahr erstmals reale Treffen aller Mitwirkenden möglich. 2022 fanden zwei SFB-Kolloquien statt, inklusive etlicher Laborführungen. So wurden beim Frühjahrskolloquium an der RWTH Aachen sowohl das Beton- und Baustofflabor am Institut für Baustoffforschung (ibac) als auch das Labor des Instituts für Massivbau (IMB) besichtigt. Das Alfred-Hütter-Labor des Instituts für Baustoffe (IfB) der TU Dresden wurde im Rahmen des Forschungskolloquiums des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb), das im September 2022 in Dresden stattfand und bei dem auch der SFB/TRR 280 vertreten war, besucht. Beim Herbstkolloquium, ebenfalls in Dresden, standen unser Otto-Mohr-Labor sowie das Carbonbetongebäude „CUBE“ auf dem Programm.
Bei dem im Sommer 2022 durchgeführten Promovierendenworkshop „Erkenntnisphilosophie und Cross-over-Kreativität“ wurden Erkenntnisbrücken zwischen verschiedenen Fächern gebaut und z. B. die Zusammenhänge zwischen mathematischer Verriegelung und Mauerwerksbögen, zwischen Fachwerkkonstruktionen und textilem Fadenlauf, zwischen Stickerei und binärer und nichtbinärer Pixelgrafik, zwischen mathematischen Regelflächen und Fadengrafik und weitere interdisziplinäre Verknüpfungen ergründet. Im Rahmen des Workshops wurden textile Grundtechniken nicht nur erläutert, sondern auch im Grundsatz praktisch erlernt und durchgeführt. Vor diesem Hintergrund war es umso eindrucksvoller, dass im Anschluss an den Workshop das Technikum des Instituts für Textiltechnik (ITA) der RWTH mit ca. 250 Textilmaschinen und Prüfständen besichtigt und Einblicke in verschiedenste Felder und Prozessstufen der Textiltechnik gewonnen werden konnten.
Hinzu kamen zahlreiche wechselseitige Austauschaufenthalte zwischen Promovierenden verschiedener Teilprojekte aus Dresden und Aachen, um gemeinsam zu diskutieren und in den Laboren zu forschen. War die Zusammenarbeit im SFB/TRR 280 auch unter Coronabedingungen schon sehr gut, so ist sie durch die reale Begegnung auf den Kolloquien und den wechselseitigen Austausch in den Laboren und Instituten noch umso mehr beflügelnd geworden.
Bericht aus dem Jahrbuch 2021
Interdisziplinäre Inspiration im SFB/TRR 280
Neue Konstruktionsprinzipien für Carbonbetonstrukturen zu entwickeln ist das zentrale Ziel des Sonderforschungsbereich/Transregios 280. Dazu müssen bestehende Denkmuster aufgebrochen und neue, andere Inspirationsquellen erschlossen werden. Als interdisziplinärer Ansatz werden im SFB/TRR drei große, grundsätzliche Themenkomplexe als Inspirationsquellen analysiert, die mit Methoden der Wissensarchitektur systematisiert und verknüpft werden: Botanik, Algebra und Kunst. Ziel ist dabei nicht nur, aus den anderen Fachdisziplinen Erkenntnisse für das Bauen und Konstruieren zu gewinnen, sondern auch durch die Zusammenarbeit Erkenntnisse für die anderen Fachdisziplinen zu erlangen.
So gibt es Parallelen zwischen pflanzlichen Strukturen und Materialkompositen wie Carbonbeton. In beiden Fällen besteht die Tragstruktur aus einem Verbund mehrerer Materialien mit verschiedenen Tragfähigkeiten, z. B. Fasern, die in eine umgebende Matrix eingebettet sind. Beim interdisziplinären Austausch wird festgestellt, dass die Messmethoden in den jeweiligen Disziplinen verschieden sind. Um bspw. die gemessenen Elastizitätsmoduln einordnen zu können, müssen sie vergleichbar gemacht werden. Während im Bauingenieurwesen der Bezug der übertragenen Kraft auf verschiedene Querschnittsanteile – z. B. auf den Vollquerschnitt oder auf den reinen Betonquerschnitt ohne Bewehrungsanteile oder auf den ideellen Querschnitt – unterschieden wird, wird in der Botanik oft ausschließlich ein struktureller bzw. verschmierter E-Modul verwendet. Andererseits sind die Bestandteile Faser und Matrix in der Botanik oft nicht so klar trennbar wie im Betonbau, da im Blatt aufgrund des graduell unterschiedlichen Blattmaterials ein ideal wirkender Verbund besteht.
Bei der Analyse der botanischen Strukturen in Hinblick auf Inspiration für bauliche Carbonbetonstrukturen ist z. B. bei der Anbindung von sprossbildenden Wurzeln oder auch dem Übergang vom Blatt in den Stiel botanisches Neuland erschlossen worden. Im Idealfall können aus dem graduellen Verbund innerhalb botanischer Strukturen auch Prinzipien für den Verbund im Carbonbetonkomposit übertragen werden, um somit sowohl die Tragfähigkeiten als auch die Duktilität von Tragstrukturen gezielt steuern zu können.
Bericht aus dem Jahrbuch 2020
Carbonbetonstrukturen – Standortübergreifende Grundlagenforschung im SFB/TRR 280
Die Freude war riesig, als der Sonderforschungsbereich/Transregio 280 durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Sommer 2020 bewilligt wurde. Im SFB/TRR 280 „Konstruktionsstrategien für materialminimierte Carbonbetonstrukturen“ erforschen Wissenschaftler der TU Dresden, der RWTH Aachen University und des Leibniz-Instituts für Polymerforschung (IPF) Dresden gemeinsam die Grundlagen für eine neue Art zu bauen. Das Forschungskonzept baut auf langjährigen Vorarbeiten auf. So wurde in den SFB 528 und SFB 532 von 1999–2011 Grundlagenforschung zu Textilbeton durchgeführt, aus der schließlich der Carbonbeton hervorging. Darauf aufbauend begann 2014 Anwendungsforschung zu Carbonbeton im Forschungsverbund Carbon Concrete Composite – C³. Im aktuellen SFB/TRR 280 folgt darauf aufbauend Grundlagenforschung zu Konstruktionsstrategien mit und für Carbonbeton.
Einige der beteiligten Wissenschaftler arbeiten schon seit über zwanzig Jahren eng zusammen, andere – auch und gerade aus völlig anderen Fachrichtungen wie Botanik, Algebra, Wissensarchitektur – sind hinzugekommen. Die Interaktion unterschiedlicher Fachrichtungen soll neue Impulse und neue Ideen für neue Arten des Konstruierens und Bauens mit Carbonbeton erschließen.
Während bisher häufig das Material(-komposit) im Vordergrund stand, liegt nun das Konstruieren im Fokus – und zwar nicht eine einzelne, singuläre oder spezielle Konstruktion, sondern vielmehr die grundlegende Art und Weise. Denn Carbonbeton ermöglicht es mit seinen hervorragenden Materialeigenschaften, hoch tragfähige und gleichzeitig filigrane Strukturen zu bauen. Dennoch wurde bisher nach klassischen Mustern entworfen, konstruktiv durchgebildet und gebaut. Zwar kann hierbei durch die bei Carbonbeton im Vergleich zu Stahlbeton geringere erforderliche Betondeckung Beton eingespart werden, dies ist ein wichtiger Anfang und großer Erfolg. Um jedoch das volle Potential von Carbonbeton zu erschließen und last- und werkstoffgerecht konstruierte Strukturen zu ermöglichen, müssen bestehende Denkmuster aufgebrochen, neue Inspirationsquellen erschlossen, völlig neue Wege des Konstruierens gefunden und neue Prinzipien der Konstruktionsdurchbildung ergründet werden. Dies ist das erklärte Ziel des SFB/TRR 280. Und dass die Arbeit an diesem hohen Ziel nun beginnen konnte, ist in der Tat ein Grund zur Freude.