Transferprojekt T1
Modellbildung und verfahrenstechnische Umsetzung applikationsgerechter Gitterstrukturen für die Betonbewehrung
Leitung
Prof. Dr.-Ing. habil. Dipl.-Wirt. Ing. Chokri Cherif
Institut für Textilmaschinen
und Textile Hochleistungswerkstofftechnik
Mitarbeiter
Dr.-Ing. Jan Hausding
Dipl.-Ing. Martin Waldmann
Dipl.-Ing. (FH) Thomas Engler
Dipl.-Ing. Ulrike Berger
Partner
Karl Mayer Malimo Textilmaschinenfabrik GmbH, Chemnitz
Ziele
Die im Teilprojekt A1 des SFB 528 erarbeiteten Grundlagen sind im Labormaßstab entstanden. Um die Überführung der textilen Betonbewehrung in den industriellen Einsatz durchzuführen sind weitere Anforderungen zu berücksichtigen. Für eine reproduzierbare Strukturqualität und -stabilität sowie eine hohe Strukturvariabilität unter Beibehaltung der Produktionsgeschwindigkeit des Nähwirkprozesses wurden deshalb die maschinentechnischen Voraussetzungen im Transferprojekt T1 geschaffen. Dazu entstanden Anpassungen, speziell des Transportsystems, an der Multiaxial-Nähwirkmaschine. Außerdem erfolgte im Rahmen der Modularisierung der Multiaxial-Nähwirkmaschine die Integration von weiteren Verarbeitungsschritten direkt in die Maschine.
Ergebnisse
Die Herstellung multiaxialer Fadenlagennähwirkstoffe für textile Betonbewehrungen erfolgt auf Multiaxial-Nähwirkmaschinen. Bei der Produktion sind eine schädigungsarme Verarbeitung der querkraftempfindlichen Verstärkungsgarne und eine präzise Lage dieser Garne im Endprodukt zu realisieren. Die Verstärkungsfadenlagen werden in Transportelemente eingespannt und zur Nähwirkstelle geführt. Durch die Transportelemente wirken unterschiedliche Reib-, Scher- sowie Biegekräfte auf die Verstärkungsfäden und schädigen diese. Zur Sicherung der Fadenlage werden zudem hohe Kräfte auf die Verstärkungsfäden aufgebracht, die zu unsymmetrischen Längs- und Querkräften in den Transportketten führen, sodass die Transportketten von ihrer vorgeschriebenen Lage abweichen. Folglich hängen die Verstärkungsfäden durch beziehungsweise werden überbeansprucht. Die Auslenkung des Transportsystems kann somit bis zur Funktionsunfähigkeit der Maschine führen. Durch die Entwicklung eines anforderungsgerechten Transportsystems kann die Lagegenauigkeit und die Unversehrtheit der Verstärkungsfäden sowie die Funktionstüchtigkeit der Maschine nunmehr gewährleistet werden.
Sobald die Fadenlagennähwirkstoffe aus dem Transportsystem entfernt werden, weisen sie eine geringe Verschiebebeständigkeit auf. Um die Lagegeometrie auch über den Flächenbildungsprozess hinaus zu sichern und eine hohe Qualität des Endproduktes zu garantieren ist die Multiaxial-Nähwirkmaschine mit einem Beschichtungs- und Trocknungsmodul zu versehen. Dafür wurden alle relevanten Produktionsparameter bestimmt.
Weiterführende Arbeitsschritte verlangen sowohl variable Konfektionierungsgrade als auch Aufmachungsformen. Um dies umzusetzen, wird die Maschine im Rahmen von Folgeentwicklungen mit einer Schneideinrichtung versehen. Außerdem sind Vorrichtungen zur Warenspeicherung auf Wickeln oder Paletten zu konzipieren.
Entwicklung der durchgeführten Forschungsarbeiten
Um die Multiaxial-Nähwirkmaschine an das Endprodukt anzupassen, wurden textile Basis-Bewehrungsstrukturen festgelegt. Diese werden aus AR-Glas- oder Carbonfilamentgarnen verschiedener Feinheit (800–3500 tex) hergestellt. Dabei können die Verstärkungsfäden in 0°, 90°, ±45° sowie ±60° liegen. Sowohl der Winkel als auch der Abstand zwischen den Verstärkungsfäden ist abhängig von der Art und Zusammensetzung der zum Einsatz kommenden Matrix.
Aufbauend auf den Ergebnissen aus dem Teilprojekt A1 des SFB 528
erfolgte der Bau eines Prototyp-Transportmodules aus
verspannten Schubelementen durch den Kooperationspartner
KARL MAYER Malimo Textilmaschinenfabrik (Bild 1). Für die
Auslegung des Transportsystems wurden die durch bekannte
Basisstrukturen auf das Transportsystem wirkenden Kräfte
(Bild 2) zugrunde gelegt. Das neue Transportsystem besitzt
nur einen Freiheitsgrad, sodass unerwünschte Verschiebungen
und Verformungen der Transportelemente infolge der durch die
eingehängten Verstärkungsfäden wirkenden Kräfte nicht
möglich sind. Das Transportsystem ist zudem so konstruiert,
dass keine separate Fadenspannungsregulierung für die
eingehängten Verstärkungsfäden erforderlich ist. Durch
Messungen mit DMS-, piezoelektrischen
Beschleunigungssensoren sowie Drucksensoren konnte die
erforderliche Steifigkeit des entwickelten Transportsystems
nachgewiesen werden.
Bild 1: Schubbasiertes Transportsystems [Quelle: KARL MAYER Malimo Textilmaschinenfabrik GmbH Chemnitz]
Bild 2: Wirkende Kräfte an der Transportkette der Multiaxialnähwirkmaschine
Zur Einsparung von separaten Arbeitsschritten sowie zur Sicherung der Lage der Verstärkungsfäden über den Flächenbildungsprozess hinaus besitzt die Multiaxial-Nähwirkmaschine ein Beschichtungs- und Trocknungsmodul. Dieses ermöglicht die Fixierung der Lage der Verstärkungsfäden in der textilen Bewehrung direkt im Anschluss an den Flächenbildungsprozess. Die Beschichtung erfolgt mittels eines Drei-Walzen-Auftragswerks und die Trocknung wird mit mittelwelligen Infrarot-Strahlern realisiert. Für die Basisstrukturen zur textilen Bewehrung von Beton wurden reproduzierbare Beschichtungsparameter bestimmt (Bild 3). Neben den Beschichtungsparametern wurden der Trocknungsprozess strömungsmechanisch sowie thermografisch untersucht (Bild 4) und der Trockenverlauf optimal gestaltet. Weiterhin war es möglich, die Maschinenbauteile – insbesondere die Transportelemente - vor starker Erwärmung zu schützen. Darüber hinaus wurde die Abluft gaschromatographisch für die verwendete feindisperse, wässrige Polymerdispersion untersucht, um ein Gefährdungspotenzial für Mensch und Umgebung auszuschließen.
Bild 3: Textilbeschichtung in Masse-% in Abhängigkeit vom Anteil der organischen Substanz in der Polymerdispersion und dem Faktor der Relativgeschwindigkeit (Umfangsgeschwindigkeit der schöpfenden Walze zu Transportgeschwindigkeit der Multiaxial-Nähwirkmaschine)
Bild 4: Strömungssimulation für die Trocknungseinheit zur Konzeption einer Abluftanlage sowie zu deren konstruktionstechnischer Auslegung
Die Integration weiterer Arbeitsschritte, wie Konfektionieren und Speichern, wurde innerhalb des Transferprojektes vorbereitet. Mittels Schneidversuchen konnte das Ultraschallschneidverfahren als die geeignetste Lösung für eine Online-Konfektionierung ermittelt werden. Die entscheidenden Auswahlkriterien sind die erreichbaren Schneidgeschwindigkeiten, das Vermögen sowohl alle relevanten textilen Materialien, unter Beibehaltung ihrer Eigenschaften, als auch verschiedene Schnittkonturen zu schneiden sowie die Möglichkeit einer Integration in eine vorhandene Flächenbildungsmaschine von 100 Zoll Arbeitsbreite. Für Halbzeuge, die nicht auf Wickeln gespeichert werden, ist eine neue Abzugslösung erforderlich. Diese Aufwickeleinrichtung für wickelfähige Ware dient auch dem Abzug des Fadenlagennähwirkstoffes nach der Trennung vom Transportsystem. Die favorisierte Abzugslösung für konfektionierte Fadenlagennähwirkstoffe sieht eine Dreiteilung vor: Eine Abzugseinheit aus punktuellen Klemmbacken in Kombination mit einem Umlaufsystem befindet sich direkt hinter dem Beschichtungs- und Trocknungsmodul. Nach dem Schneidvorgang fällt das Halbzeug aufgrund seines Eigengewichts auf ein gummiertes Förderband, von wo es durch einen Greiferarm gestapelt wird.
Für die Speicherung der konfektionierten Fadenlagennähwirkstoffe stehen verschiedene Lösungen zur Verfügung. Die Lösungsfindung war geprägt durch das Ziel die Speicherung bei Produktionsgeschwindigkeit durchzuführen und verschiedenste konfektionierte Fadenlagennähwirkstoffe schädigungsarm zu sammeln. Für die Speicherung von Wickelware stellt der Zentrumswickler die Vorzugslösung dar. Bei kleineren Halbzeugen kommt ein Greiferarm zum Stapeln der Halbzeuge zum Einsatz.
Die mögliche Integration von verschiedenen Arbeitsschritten in eine Maschine kann nur durch einen modularen Aufbau dieser erfüllt werden ( Bild 5 ) . Dazu sind die Ergebnisse dieses Transferprojektes in die Entwicklung einer neuen Maschinengeneration „Malitronic ® Multiaxial“ der Firma KARL MAYER Malimo Textilmaschinenfabrik GmbH eingeflossen.
Bild 5: Modularer Maschinenaufbau
Veröffentlichungen
2008
- Leopold, Th.; Cherif, Ch.: Konstruktive Arbeiten am ITB am Beispiel der Weiterentwicklung der Nähwirktechnik. In: Jahresbericht des Institutes für Textil- und Bekleidungstechnik der TU Dresden 2007. Schriftenreihe des Instituts für Textil- und Bekleidungstechnik der TU Dresden, Eigenverlag, 2008, S. 4-9 (ISSN 1618-0712).
2007
- Köckritz, U.: In-Situ Polymerbeschichtung zur Strukturstabilisierung offener nähgewirkter Gelege. Dresden : Technische Universität Dresden, Fakultät Maschinenwesen, Dissertation, 2007
- Leopold, T.; Cherif, C.: Konstruktive Arbeiten am ITB am Beispiel der Weiterentwicklung der Nähwirktechnik. In: Jahresbericht des Institutes für Textil- und Bekleidungstechnik der TU Dresden 2007. Dresden : Eigenverlag, 2008, S. 4-9 – ISSN 1618-0712
- Hufnagl, E.; Köckritz, U.; Franzke, G.; Cherif, Ch.: Influence of surface treatment to the properties of grid-type fabrics. In: 46th International Man-Made Fibres Congress. Dornbirn, September 2007. CD-Rom
- Petrenz, S.; Zeidler, G.; Cherif, Ch.; Franzke, G.: Maßgeschneiderte Produkte durch modulare Maschinenkonzepte am Beispiel von Wirkmaschinen für technische Textilien. In: Aachen-Dresden International Textile Conference, Aachen, 29.-30.11.2007. CD-Rom und Kurzreferateband
- Zeidler, G; Franzke, G.; Cherif, Ch.: Tailor-made products thanks to modular machine concepts illustrated by the example of warp-knitting machines for industrial textiles. Aachen-Dresden International Textile Conference, Aachen, 2007.
2006
- Köckritz, U.; Hausding, J.; Engler, Th.; Cherif, Ch.: Innovative Technology for Manufacture of Textile Reinforcements for Concrete. 1st International RILEM Conderence Textile Reinforced Concrete (ICTRC), Aachen, Germany, 6.-7.9.2006. S. 3-12
- Köckritz, U.; Engler, Th.: Online Beschichtung offener nähgewirkter Gelege - ein äußerst tragfähiges Konzept. Klettwirkpraxis 40 (2006) 1, S. 24-26
- Leopold, Th.; Engler, Th.; Cherif, Ch.: Entwicklung / Modifizierung von Maschinentechnik zur Herstellung neuartiger Textilstrukturen für technische Anwendungsfelder. In: 10. Symposium Technische Textilien, Reichenbach, 27.10.2006.