GROSSE STAHLBAU-EXKURSION 2013
Autoren: Dipl.-Ing. Thomas Faßl, Prof. Dr.-Ing. Richard Stroetmann
In der Pfingstwoche fand vom 22.05. bis zum 24.05.2013 die nunmehr vierte große Stahlbau-Exkursion für Studenten der Fakultät Bauingenieurwesen der TU Dresden statt. Den insgesamt 47 Studenten des 4. bis 10. Fachsemesters, begleitet durch Herrn Prof. Richard Stroetmann, Jörn Scheller und Thomas Faßl vom Lehrstuhl für Stahlbau, wurde im Norden Deutschlands ein fachlich hochwertiges und abwechslungsreiches Programm geboten.
Das Schiffshebewerk Niederfinow in der Nähe von Berlin war für die Dresdner Exkursionsgruppe das erste Etappenziel auf dem Weg in die Hansestadt Hamburg. Die interessante und kompetente Führung zu diesem nicht alltäglichen Bauwerk wurde freundlicherweise durch Peter Huth und Klaus Winter vom Wasserstraßen-Neubauamtes Berlin ermöglicht. Seit 1934 verrichtet das bestehende Schiffshebewerk in Niederfinow seinen Dienst. Die genietete Stahlkonstruktion, die seit Dezember 2007 den Titel „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst“ trägt und das Ende ihrer Lebensdauer bald erreicht, soll durch eine seit 2008 im Bau befindliche neue Anlage ersetzt werden. Mit dieser Maßnahme soll die Funktionsfähigkeit der Havel-Oder-Wasserstraße erhalten und gleichzeitig ein maßgeblicher Engpass auf der einzigen transeuropäischen Ost-West-Wasserstraßen-Verbindung zwischen Szczecin und Duisburg beseitigt werden [1]. Für insgesamt 285 Mio. Euro wird voraussichtlich bis 2014 ein Neubau geschaffen, den Großmotorengüterschiffe der Wasserstraßen-Klasse V mit einer Ladung von bis zu 2.300 Tonnen je Schiff passieren können. Der mögliche Jahresgüterdurchgang erhöht sich damit im Vergleich zum alten Schiffshebewerk um 98% auf 4.400.000 Tonnen.
Zwischen der bestehenden Nietkonstruktion und der alten Schleusentreppe gelegen, ruht der Neubau auf einer Stahlbetonkonstruktion, deren Entwurf, Bemessung und Bauablauf aufgrund der geringen Toleranzen eine große Herausforderung darstellt. Herzstück des neuen Hebewerkes ist der stählerne Trog, der auf der Exkursion in seinen gewaltigen Ausmaßen besichtigt werden konnte. Mit einer Länge von 115 m, einer Breite von 12,5 m und einer Trogtiefe von 4 m wird sein Maximalgewicht im wassergefüllten Zustand bei 9.800 Tonnen liegen, wobei der aufgebrachte Korrosionsschutz allein bereits 3 Tonnen in Anspruch nehmen wird [1]. Um diese enormen Massen zu bewegen und den Höhenunterschied von 36 m zu bewältigen, greifen die Ingenieure auf Technik zurück, die sich bereits beim noch im Betrieb befindlichen alten Schiffshebewerk bewährt hat. Mit Hilfe von Seilen, die am Trog befestigt sind und über Seilscheiben zu den Gegengewichten laufen, werden die Hubvorgänge realisiert. Die Masse der Gegengewichte entspricht dabei dem Gewicht des wassergefüllten Troges, sodass die mechanisch synchronisierten Antriebe lediglich Reibungs-, Anfahrtskräfte und mögliche Wasserstandsdifferenzen ausgleichen müssen [2]. Die Verbindung zwischen der Wasserstraße auf dem Land und dem Schiffshebewerk stellt schließlich die 65,50 m lange Kanalbrücke her, die an der Verbindung zur Wasserstraße mit einem Drehsegmenttor verschlossen werden kann. Einer der Höhepunkte der Besichtigung dieses einzigartigen Bauwerks war die Begehung des Troges, bei der die Dresdner Studenten miterleben konnten, wie einzelne Stahlbauteile und bis zu 120 mm dicke Bleche zu einer großformatigen Konstruktion verarbeitet und zusammengefügt werden. Nach diesem interessanten Auftakt und einem kleinen Mittagsimbiss auf freundliche Einladung von DSD Brückenbau wurde die Exkursion in Richtung Peine fortgesetzt.
In Peine bei Hannover angekommen, besichtigte die Dresdner Exkursionsgruppe unter der Leitung kompetenter Mitarbeiter das Stahl- und Walzwerk der zur Salzgitter AG gehörenden Peiner Träger GmbH. Während des Rundgangs im Stahlwerk konnten die Studenten alle Schritte zur Erzeugung von Stahl in den beiden Elektrolichtbogenöfen bis hin zur Produktion von Walzprofilen direkt beobachten und in der Produktionsreihenfolge verfolgen. Die Besichtigung begann mit dem Schrottlager. Mit Hilfe eines Magnetkrans wird der Schrott aus verschiedenen Kategorien in große Transportbehälter chargiert und auf Schienen computergesteuert in Richtung Ofen geführt. Im Gleichstrom-Elektrolichtbogenofen erfolgt nach Zugabe des Schrotts und möglicher Zuschläge der Schmelzvorgang. Bei der Einführung der negativen Elektroden, die in den Verschlussdeckel des Ofens integriert sind, entsteht ein Lichtbogen von den positiven Bodenelektroden durch das Einsatzgut hindurch zu den negativen Elektroden. Bei diesem Vorgang, den die Studenten unter ohrenbetäubendem Lärm und Funkenflug hautnah miterleben durften, entstehen Temperaturen von bis zu 3500 °C. Nach dem Einschmelzen des Materials wird der flüssige Stahl abgegossen und der sekundärmetallurgischen Pfannenbehandlung zugeführt, um Legierungselemente zuzugeben und unerwünschte Begleitelemente, wie z.B. Schwefel, zu entfernen. Anschließend erfolgt das Vergießen des Pfannenstahls in wassergekühlte Kupferkokillen, die den Stahl in die Stranggussanlage leiten, an deren Ende Brammen und sogenannte Beam-Blanks entstehen. Diese Zwischenprodukte werden zwischengelagert und bei Bedarf dem Walzprozess zugeführt. Die Studenten folgten dem Stahl nun auf seinem weiteren Produktionsprozess. Die bis zu 16 m langen Stahlrohlinge werden vor dem Walzprozess in modernen Hubbalkenöfen auf die gewünschte Walztemperatur erwärmt, anschließend in der Walzstraße bis zu einer Länge von 110 m ausgewalzt und entsprechend der Kundenwünsche abgelängt. Die Kühlung der Walzprofile erfolgt durch Luft. Die dabei entstehenden Vorkrümmungen, von denen sich die Studenten vor Ort überzeugen konnten, werden mit Hilfe eines Walzgerüstes mit vertikaler Walzenordnung, das eines der letzten seiner Art ist, ausgeglichen. Die Peiner Träger GmbH stellen in ihrem Stahl- und Walzwerk mit diesem Produktionsablauf Profile mit einer maximalen Nennhöhe von bis zu 1100 mm her.
Die Besichtigung dieses Werkes hat den Studenten die Herstellung des Werkstoffs Stahl näher gebracht. Die Kenntnis und vor allem das Erleben seiner Herstellung machen ihn greifbarer und fördern das Verständnis seines Verhaltens und seiner Eigenschaften im Gegensatz zur „trockenen“ Bemessung auf dem Papier.
Nach der für viele Exkursionsteilnehmer einzigartigen Besichtigung des Stahl- und Walzwerkes in Peine erreichte die Gruppe am Abend des 22.05. die Hansestadt Hamburg, die alle Beteiligten in den verbleibenden Stunden des Tages noch individuell erkunden konnten.
Gut gestärkt ging es für die Dresdner Exkursionsgruppe dann am folgenden Tag zu den nächsten Zielen. Neben der Besichtigung einiger Brücken im Hamburger Hafen stand auch ein Besuch im Stahl- und Walzwerk von Arcelor Mittal Hamburg GmbH auf dem Programm. Der Besuch dieses Werkes stellte eine tolle Ergänzung zum Standort Peine dar, da sich die Palette der Endprodukte und auch der Herstellungsprozess des Hamburger Stahlwerks vom bisher besichtigten Walzwerk in Peine abhoben. Arcelor Mittal Hamburg GmbH erzeugt Stahl ebenfalls im Elektrolichtbogenofen, setzt als Ausgangsstoff neben Schrott allerdings auch Eisenschwamm mit einem Eisengehalt von ca. 95% ein, der in einer werkseigenen MIDREX-Anlage aus der Direktreduktion von Eisenerz gewonnen wird. Im Wechselstrom-Elektrolichtbogenofen entsteht dann die Schmelze, die nach der Pfannenbehandlung in sieben Strängen zu Knüppeln mit Abmessungen von 125 x 125 mm vergossen wird. Diese Halbzeuge werden im Folgenden auf der Walzstraße auf zwei Adern und mit einer Geschwindigkeit von bis zu 95 m/s zu Walzdraht mit Durchmessern von 5,5 bis 16 mm und einer maximalen Länge von bis zu 9 km ausgewalzt. Diese Endprodukte können direkt aus dem werkseigenen Hafen, der das Löschen von Schiffen der Panama-Klasse ermöglicht, verschifft werden. Der Kundenkreis der Arcelor Mittal Hamburg GmbH stellt aus dem Produktprogramm des Werks schließlich u.a. Litzen, Schrauben und Schweißdrähte her [3].
Nach diesem aufschlussreichen Besuch, der die Vielfalt der Stahlproduktion verdeutlichte und einem kleinen Mittagsimbiss auf freundliche Einladung von Arcelor Mittal Hamburg GmbH stand für die Studenten die Besichtigung der Reiherstieg-Klappbrücke und der Kattwyk-Brücke in Hamburg auf dem Programm. Begleitet und geführt wurde die Gruppe dabei von Michael de Hooge von der Hamburg Port Authority, der uns in begeisternder Art und Weise diese besonderen Brückenbauwerke zeigte und erlebbar machte.
Die Reiherstieg-Klappbrücke wurde im Jahr 1982 erbaut und 2008 aufgrund der stetig steigenden Belastung durch den Straßen- und Schwerverkehr umfassend saniert, wobei das 46 m lange und 265 Tonnen schwere Klappteil der Brücke komplett ersetzt wurde. Das aufklappbare Feld der Brücke ist über Zugstangen mit einem Gegengewicht verbunden, sodass die Antriebe im Betriebsfall nur geringe Lasten überwinden müssen. Die Besonderheit der Brücke besteht allerdings darin, dass seitlich der Fahrbahn zusätzliche Längsträger angeordnet wurden, die nur auf Höhe der Endquerträger mit dem eigentlichen Überbau verbunden sind. Dadurch wird gewährleistet, dass die durch das große Verkehrsaufkommen hervorgerufene Schwingungsbelastung nicht auf Zugstangen und Antrieb, der nach jedem Klappvorgang zusätzlich entkoppelt wird, übertragen wird. Höhepunkt des Besuches dieses Bauwerks war die Öffnung der Brücke im Zuge einer regelmäßig stattfindenden Betriebsprüfung, bei der die Funktionsfähigkeit und die Ausmaße der Konstruktion hautnah von den Studenten bestaunt werden konnten.
Im Anschluss setzten die Studenten ihre Exkursion an der 1973 eingeweihten Kattwyk-Brücke fort. Diese 290 m lange Fachwerkbrücke, die durch ihr 96 m langes, hebbares Mittelfeld als größte Hubbrücke Deutschlands gilt, überführt sowohl Straßen- als auch Eisenbahnverkehr über die Süderelbe und gilt als eine der wichtigsten Verbindungen im Hamburger Hafen. Das Bahngleis liegt in der Mitte der Fahrbahn, sodass die Brücke während der Bahnüberfahrt für den Straßenverkehr gesperrt werden muss. Alle zwei Stunden wird die Hubbrücke bis in 53 m Höhe über dem Wasserspiegel angehoben und gibt somit den Wasserweg für den Schiffsverkehr frei. Bei einem dieser Hubvorgänge durften die Studenten sogar auf dem Mittelteil der Brücke mit in die Höhe fahren und den überwältigenden Ausblick über den Hamburger Hafen, das Panorama der Stadt und die Köhlbrandbrücke genießen.
Ermöglicht wird der Hub des Mittelteils durch Antriebe in den beiden jeweils ca. 70 m hohen Portalen an den Enden des Hauptfeldes. Insgesamt 32 Seilstränge sind mit Gegengewichten verbunden, sodass beim Hubvorgang lediglich Reibkräfte überwunden werden müssen. Trotz der großen Durchfahrtshöhe im Stromfeld im geöffneten Zustand wurde die Kattwyk-Brücke bei einem Unfall schwer beschädigt. 1991 stürzte der Fachwerk-Überbau der Vorlandbrücke infolge eines Schiffsanpralls ein, nachdem ein Schiff die Brücke im Seitenfeld, statt im geöffneten Stromfeld zu passieren versuchte. Im Verlauf der letzten Jahre häuften sich jedoch zusätzliche Probleme. Die Kattwyk-Brücke ist für ihre heutige Belastung mit 50 Güterzügen und etwa 9000 Fahrzeugen pro Tag nicht ausgelegt. Um für die Zukunft schwerere Ermüdungserscheinungen zu vermeiden, wurde 2008 mit der Planung einer Zwillingshubbrücke begonnen, die lediglich 50 m neben dem jetzigen Bauwerk entstehen soll. Die neue Brücke wird ausschließlich für den Eisenbahnverkehr konzipiert. In Folge dessen kann die bestehende Kattwyk-Brücke noch viele Jahre für den Kraftfahrzeugverkehr genutzt werden, sodass hoffentlich noch viele Studenten und Ingenieure dieses großartige Bauwerk besichtigen können.
Nachdem die Dresdner Exkursionsgruppe um Prof. Stroetmann die kleine Rundreise im Hamburger Hafen abgeschlossen hatte, machte sie sich auf den Weg zum zweiten Übernachtungsziel nach Kiel. Auf dem Weg in die Hansestadt stand in Itzehoe eine weitere interessante Brückenbesichtigung auf dem Plan, zu der die Eiffel Deutschland GmbH unter der Führung von Ingo Gabinski geladen hatte. Dort überspannt die Störbrücke den gleichnamigen Fluss, der an dieser Stelle als Seeschifffahrtsstraße klassifiziert ist, und soll mit zwei getrennten Überbauten jeweils die Richtungsfahrbahnen der Bundesautobahn 23 überführen. Die neuen parallelen Brückenzüge ersetzen die bisherige Spannbetonkonstruktion. Seit 2010 ist bereits ein Brückenzug fertiggestellt, der bis zur Vervollständigung des Parallelbaus im Jahr 2015 beide Richtungsfahrbahnen überführt. Die Störbrücke hat eine Gesamtlänge von insgesamt 1155 m und überspannt den Fluss im Stromfeld durch eine Stabbogenkonstruktion mit einer Spannweite von 120 m, deren Fahrbahnplatte als Verbundkonstruktion konzipiert ist. Die Rampenbauwerke, die an den Enden der Stabbogenbrücke anschließen, werden ebenfalls als Verbundkonstruktion, allerdings mit untenliegendem Stahlhohlkasten ausgebildet. Das Unternehmen Eiffel Deutschland ermöglichte den Dresdner Studenten eine umfangreiche Führung, die die Besichtigung der Gründungsarbeiten und bereitliegender Stahlhohlkastensegmente sowie die Begehung des Hohlkastens am Widerlager beinhaltete. Neben den praktischen Einblicken in stahlbautechnische Details, wie z.B. der Anordnung von Steifen im Hohlkasten und am Widerlager sowie der Fahrbahnübergangskonstruktion, wurde auch die Montage solch eines großen Bauwerks thematisiert. Der Stabbogen und die Vorlandbrücken wurden am Boden feldweise vormontiert und mittels Großkraneinsatz in ihre Endlage eingehoben. Dabei wurden am Boden, um dem engen Zeitplan gerecht zu werden, lediglich die nötigsten Schweißnähte zwischen den einzelnen Querschnittselementen gesetzt, sodass die Montage durch die Großkräne zügig von statten gehen konnte. Nach dem Einheben aller erforderlichen Teile erfolgten dann die Endmontage, sowie die Vervollständigung der Schweißverbindungen.
Nachdem die Besichtigung der Baustelle an der Störbrücke mit einem Gruppenfoto zu Ende gegangen war, erreichte die Reisegruppe nach einer weiteren kurzen Busfahrt am frühen Abend Kiel. In der Landeshauptstadt Schleswig-Holsteins ließen die Studenten den Tag bei einem gemeinsamen Abendessen Revue passieren und genossen die freie Zeit in den Kieler Cafés oder bei einem Rundgang durch die Stadt.
Die erste Station am letzten Tag der Exkursion stand in Rendsburg auf dem Programm. Die Mitarbeiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes Kiel (u. a. Rüdiger Schröder und Georg Bey-er) sowie die Firmen Nobiskrug (Montageleiter Michael Cordes) und Stahlbau Schröder bo-ten den Studenten eine umfassende Besichtigung der Rendsburger Hochbrücke, die in nur zwei Jahren von 1911 bis 1913 erbaut wurde und ab Herbst 2013 von der Bundesingenieurkammer als „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst“ in Deutschland geführt werden wird. Die 2,5 km lange Eisenbahnbrücke überspannt in 68 m Höhe den Nord-Ostsee-Kanal mit einer lichten Höhe von 42 m im Stromfeld und ist Teil der Bahnstrecke Neumünster-Flensburg-Fredericia, die als eine der Hauptverbindungen zwischen Deutschland und Skandinavien gilt. Mit ihrem Erscheinungsbild und ihrer Höhe gilt sie als Wahrzeichen der Region. Da die Brücke nur Eisenbahnverkehr überführt, wurde im 140 m weit spannenden Stromfeld der Brücke eine Schwebefähre installiert, die Fußgänger und PKWs jeweils zur anderen Seite des Kanals transportiert. Die Dresdner Studenten nutzten die Gelegenheit, um mit dieser Schwebefähre, von der weltweit nur acht Exemplare existieren, zu fahren.
Im Anschluss konnten einzelne Exkursionsgruppen die Verstärkungsarbeiten an den Pfeilern, auf der Kanalbrücke und Korrosionsschutzarbeiten begutachten. Bereits vor etwa 20 Jahren hat man begonnen, die genietete Brückenkonstruktion hinsichtlich des Korrosionsschutzes in Stand zu setzen. Zusätzlich wurde von der Deutschen Bahn AG beschlossen, die Rendsburger Hochbrücke für eine größere Belastung zu verstärken. Durch die Überfahrt von Güterzügen mit bis zu 875 m Länge entstehen vor allem hohe Bremskräfte, für die die Verstärkung des Überbaus und der Pfeiler erfolgen muss. Dazu werden die Pfeilerfundamente vergrößert und untereinander abgespannt, um die hohen Horizontalkräfte in den weichen Baugrund abtragen zu können. Zudem werden gleichzeitig stark korrodierte Teile der Pfeiler ersetzt und beschädigte Nietverbindungen durch Schrauben ausgetauscht. Während sich einige Studenten die Verstärkungsmaßnahmen an den Pfeilerfundamenten anschauten, durfte eine weitere Gruppe die Arbeiten auf der Kanalbrücke erkunden. Unter laufendem, eingleisigen Eisenbahnverkehr wird hier der Überbau der Kanalbrücke durch Lamellenpakete, die Erneuerung und Ergänzung von Bauteilen und die hierfür erforderlichen Schraubenverbindungen verstärkt. Nach Fertigstellung aller Verstärkungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, die für 2015 vorgesehen ist, soll die „alte Bahnstrecke“ die Anforderungen an eine Neubaustrecke erfüllen.
Während sich eine Gruppe der Studenten der Rendsburger Hochbrücke widmete, konnte der zweite Teil unter der Führung von Herrn Diethard Stier, Bereichsleiter Stahlbau, das Unternehmen Nobiskrug und die zugehörige Werft, nur unweit entfernt, kennenlernen. In einer kurzen Firmenpräsentation wurden den Dresdner Studenten die Tätigkeitsfelder des Unternehmens aufgezeigt. Neben dem Bau von Luxusjachten, ist Nobiskrug auch im Spezialstahlbau, Stahlwasserbau und Offshore-Bereich zu Hause. So ist das Unternehmen nicht nur maßgeblich an der Sanierung der Rendsburger Hochbrücke beteiligt, sondern lieferte nach dem Schiffsanprall an der Kattwyk-Brücke 1991 auch das erforderliche neue Fachwerk-Brückensegment nach Hamburg. Beim Transport des in den Hallen von Nobiskrug gefertigten Brückenbauteils kamen außerdem ein eigens entwickeltes Ponton und zwei ebenfalls in Eigenfertigung hergestellte Schlepper zum Einsatz.
Nach dieser interessanten Firmenpräsentation und der Begehung der Fertigungshallen auf dem Werksgelände von Nobiskrug stärkten sich alle Exkursionsteilnehmer gemeinsam bei einer Bratwurst auf freundliche Einladung von Stahlbau Schröder an der Rendsburger Hochbrücke. Gut gesättigt ging es dann auf die Reise zur vorletzten Station der Exkursion.
Mit über zwei Stunden Verspätung, verursacht durch einen langen Freitag-Nachmittag-Stau auf der Autobahn, wurde die Exkursionsgruppe am späten Nachmittag durch Herrn Dipl.-Ing. Jan Mehnert auf dem Werksgelände von Eiffel Stahltechnologie GmbH in Hannover begrüßt. Hier konnten die Studenten abschließend noch viele praktische Eindrücke zum Thema Schneid- und Schweißarbeiten gewinnen und sich über die zahlreichen Schweißanweisungen austauschen. Außerdem konnten großformatige Bauteile, wie z.B. Fachwerkelemente für die Botlek-Brücke in Rotterdam und orthotrope Fahrbahnplattenelemente, bestaunt werden. Besonders interessant war auch das UP-Schweißen von Grobblechen, das die meisten Studenten bisher nur aus der Theorie kannten. Nachdem die Besichtigung der insgesamt ca. 22.000 m² Produktionsfläche von Eiffel Stahltechnologie GmbH in Hannover, die für ausgezeichnete Projekte, wie. z.B. die Dachkonstruktion der AWD Arena in Hannover oder die Tropenhalle im Zoo Leipzig, bekannt sind, abgeschlossen war, stand ein angenehmer letzter Punkt auf der Tagesordnung. In Schönebeck an der Elbe konnte die Exkursionsgruppe ein ausgezeichnetes gemeines Abendessen genießen und die Höhepunkte der Exkursion Revue passieren lassen, bevor es spätabends auf die Rückfahrt nach Dresden ging. Etwas später als geplant, aber wohlbehalten sind schließlich alle Teilnehmer nach drei Tagen voller Eindrücke und interessanter Besichtigungen wieder in der sächsischen Landeshauptstadt angekommen.
Für die rundum gelungene und fachlich hochwertige Exkursion geht ein besonderer Dank im Namen aller Teilnehmer für die Organisation und Ko-Finanzierung an das Institut für Stahl- und Holzbau sowie für die finanzielle Unterstützung durch die Gesellschaft der Freunde und Förderer der Technischen Universität Dresden. Großer Dank gebührt ebenso die einladenden Unternehmen, Behörden und deren Vertreter und Mitarbeiter, die uns nicht nur die gelungenen Besichtigungen ermöglicht, sondern oftmals auch mit guter Verpflegung versorgt haben.
Literatur:
[1] Das neue Schiffshebewerk in Niederfinow. Online verfügbar unter: http://www.schiffshebewerk-niederfinow.info/schiffh5.ht;, letzter Zugriff: 10.06.2013
[2] http://www.wna-berlin.de/bauwerke_anlagen/schleusen_schiffshebewerke/schiffshebewerk_niederfinow/index.html; letzter Zugriff: 10.06.2013
[3] http://www.arcelormittal.com/hamburg/; letzter Zugriff: 11.06.2013