Titel
Finanzierung | Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie |
Bearbeitungszeitraum | 1997 - 1998 |
Projektleiter | Prof. Dr.-Ing. habil. Klaus Lützner |
Projektbearbeiter | Dipl.-Ing. Volker Müller Dipl.-Ing. Volker Kühn |
Zusammenfassung
Die derzeit zur Bemessung von Pflanzenkläranlagen verwendeten empirischen Ansätze auf der Basis einer einwohnerbezogenen Beetfläche berücksichtigen nicht:
- die tatsächliche Leistungsfähigkeit der jeweiligen Vorkläreinheit und deren Volumen
- die geringeren einwohnerspezifischen Frachten im ländlichen Raum sowie die
- Beziehung zwischen Sauerstoffeintrag und -bedarf.
Abhängig vom Wirkungsgrad einer Vorkläreinheit sowie einem ggf. auftretenden anaeroben Umsatz müssen die tatsächlichen Frachten bestimmt werden, die auf ein Pflanzenbeet gelangen. Bei der Festlegung der Verfahrenstechnik und des Volumens der Vorklärung sind daneben das bei hydraulischer Belastung verdrängte Abwasservolumen als maximale Frachtbelastung und die optimale Größe des Schlammstapelraums zu berücksichtigen. Gemäß der Tatsache, dass Schmutzwasserkanalisationen im Regenwetterfall durch Fehlanschlüsse und eindringendes Fremdwasser erhöhte Wassermengen zu Kläranlagen führen, kommt es zur Verdrängung des Rauminhalts der Vorklärung und damit zu beträchtlichen Belastungen des Pflanzenbeetes. Dieser Belastungsfall ist als maßgeblich zu betrachten.
Die ermittelten geringeren einwohnerspezifischen Frachten im ländlichen Raum führen zu größeren Sicherheiten bei der Bemessung auf Basis der Werte für dicht besiedelte Gebiete.
Für den verstopfungsfreien Betrieb einer PKA ist unter allen Bedingungen ein Gleichgewichtszustand zu sichern, bei dem die Prozessraten der Abbauprozesse größer als die Raten der Aufbauprozesse bzw. der Zuführung sind. Die gewählten Belastungen erfordern aerobe Prozesse.
Von grundlegender Bedeutung für einen verstopfungsfreien Betrieb einer PKA ist die Wahl des Bodenmaterials für die Filterschichten sowie die Wurzelschicht. Daher wird an dieser Stelle vorgeschlagen, zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Ein- und Aufbaus des Bodenkörpers in einer neu zu errichtenden PKA den Bodenkörperaufbau von einem zugelassenen Erdbaulabor zumindest auf Einhaltung der wirksamen Korndurchmesser und des Ungleichförmigkeitsgrades unabhängig untersuchen zu lassen.
Zur Verhinderung der Verstopfung muss der Sauerstoffeintrag auch unter ungünstigsten Bedingungen größer sein als der maximal mögliche Sauerstoffbedarf bei vollständiger Auslastung und Frachtbelastungen bei hydraulischen Stößen bei Regenwetter. Auch eine kurzfristige Überlastung darf bei naturnahen Verfahren grundsätzlich nicht zugelassen werden. Tritt eine Überlastung dennoch auf, beginnt eine Einlagerung von organischem Material in die Bodenporen. Je nach Belastung und Sauerstoffeintrag in der Folgezeit wird dies bei wiederholtem Auftreten nach einer nur ungenau bestimmbaren Zeit zunächst zum Rückgang der Infiltrationsgeschwindigkeit führen, dann zu einem beginnenden partiellen Überstau und schließlich zu einem vollständigen Einstau mit anaeroben Prozessen im Bodenkörper. Eine Regenerierung ist nur bei Vorhandensein entsprechender Ausweichflächen möglich.
Vor diesem Hintergrund erscheint die für das ,Phytophilt-Verfahren" angesetzte einwohnerspezifische Beetflache von 2 m2/E als zu gering für eine Absicherung des erforderlichen Sauerstoffeintrags. Die Belüftungsdrainage ist für eine Verhinderung der Verstopfung unwirksam. Auch der von der ATV empfohlene Wert von 2,5 m2/E kann sich im Einzelfall als nicht ausreichend erweisen.
Prinzipiell sind zur Vermeidung bzw. zum Ausgleich der angeführten Probleme folgende Ansatzpunkte denkbar:
- Ausbindung des Fremdwassers aus dem Schmutzwasserkanalnetz und wasserdichter Verschluss der Schachtabdeckungen bei hydraulisch ungünstig gelegenen Schächten
- Optimierung der Vorklärung (Trennung von Absetz- und Schlammstapelraum)
- Vergrößerung der Beetfläche
- Austausch des Bodenkörpers.
Letztlich entscheiden die Kosten, an welcher Stelle im Gesamtsystem Kanalisation - Kläranlage Maßnahmen eingeleitet werden.
Aus den vorgestellten Untersuchungsergebnissen werden im Folgenden die Einflussfaktoren abgeleitet, die Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit von Pflanzenkläranlagen haben (Tabelle 37).
Daraus abzuleiten sind gleichzeitig Möglichkeiten zur Regelung bzw. Optimierung des Betriebs von Pflanzenkläranlagen (Tabelle 38).
Grundsätzlich ist festzustellen, dass bei technischen Anlagen die Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Leistungsfähigkeit größer sind, da im Gegensatz zu naturnahen Verfahren wesentliche Prozessgrößen beeinflusst werden können (Sauerstoffversorgung, Milieubedingungen, Biomassendichte, Aufenthaltszeit). Auch ist der Zeitraum bis zum Eintritt der Wirkung von Maßnahmen an technischen Anlagen wesentlich kurzer. Bei naturnahen Verfahren sind Betriebsprobleme dagegen von langer Dauer und u. U. nur schwer beherrschbar.
Es ist prinzipiell darauf hinzuweisen, dass zur Gewährleistung der Betriebssicherheit auch an naturnahen Klaranlagen ein Elektro- und Wasseranschluss bestehen sollte. Eine Umzäunung der Anlagen sollte aus hygienischen Gründen (direkter Kontakt mit Abwasser) selbstverständlich sein.
Abschließend muss festgestellt werden, dass die Leistungsfähigkeit und langfristige Entwicklung des Systems Pflanzenklaranlage auf Grund der notwendigen Betrachtungsweise des Pflanzenbeetes als „black box" und des damit verbundenen vorwiegend empirischen Erkenntnisstandes derzeit nur ungenügend beschrieben werden kann.
Die beschriebenen Zusammenhänge basieren im Wesentlichen auf den Ergebnissen der durchgeführten Bilanzen in Verbindung mit den Erkenntnissen aus Literaturrecherchen (z.B. Bemessung des Sauerstoffeintrags). Die Aussagekraft wird dadurch vermindert, dass praktisch nur ein Pflanzenkläranlagentyp verhältnismäßig kurz untersucht und an teilweise schlecht funktionierenden Anlagen gearbeitet wurde. Die Weiterführung der Untersuchungen wäre wünschenswert. Die grundsätzlichen Aussagen der Studie gelten jedoch für alle Pflanzenkläranlagen, unabhängig vom Bautyp.
Schlagwörter
Pflanzenkläranlagen, Sauerstoffhaushalt, Kolmation, naturnahe Verfahren, dezentrale Systeme