Arbeitskreis „Körper und Geistlichkeit im Mittelalter. Tugend, Macht und Repräsentation“ (KuG)
Begründet von:
Daniela Bianca Hoffmann (Dresden)
Jan Lemmer (Köln)
Matthias Weber (Bochum)
Der im Dezember 2023 gegründete Arbeitskreis möchte sich einem bislang unterbelichteten, aber für das Verständnis der mittelalterlichen Welt zentralen Forschungsfeld widmen. Als typisch für die Epoche gelten die Machtstellung und der besondere gesellschaftliche Einfluss und Status geistlicher Akteure; diese Stellung wurde, ebenfalls epochentypisch, vielfach visuell und rituell mittels des Körpers kommuniziert. Obgleich körperbezogene Praktiken im Mittelalter für den weltlichen Bereich intensiv erforscht worden sind, was zur Identifizierung verschiedenster Rituale, sozialer Spielregeln o.ä. geführt hat, sind Körperpraktiken und -konzepte der Geistlichkeit mitsamt ihrer medialen Vermittlung bisher nur punktuell und in Bezug auf einzelne Akteursgruppen (vor allem Päpste und Bischöfe) untersucht worden.
Eine Analyse dieser Körperpraktiken und -konzepte kann dazu beitragen, einen nicht zu unterschätzenden Faktor für die Standesidentität und gesellschaftliche Positionierung der Geistlichkeit zu beleuchten. Insbesondere drei Dimensionen – der Körper als Mittel zum Ausdruck von Tugend sowie zur Erlangung und Repräsentation von Macht und Status – erscheinen hier als wichtig. Denn durch verschiedene körperbezogene Handlungen konnte man Gott nicht nur als Priester, Mönch oder Nonne näherkommen und Tugend demonstrieren, sondern auch als politischer oder sozialer Akteur im Ansehen steigen oder fallen, an Macht gewinnen oder verlieren sowie den eigenen Status repräsentieren und legitimieren.
Der Arbeitskreis setzt sich zum Ziel, diese Körperpraktiken und -konzepte mitsamt ihrer Vermittlung systematisch und vergleichend zu untersuchen und herauszufinden, wie diese zur Abgrenzung von den Laien, zur sozialen Differenzierung innerhalb der Geistlichkeit (wie etwa zwischen Bischof und Priester, Mönch und Nonne, Religiosen und Semireligiosen sowie generell zur Bildung von Hierarchien) und Distinktion von anderen Konfessionen und Religionen genutzt wurden. Auf diese Weise soll ein Beitrag für ein interdisziplinäres Verständnis der Geistlichkeit in der mittelalterlichen Welt geleistet werden, das vielfach auch für das Verständnis der heutigen Kirche aufschlussreich ist.