Totes Kapital? Die Ökonomie des Leichnams auf den Britischen Inseln (ca. 1600–1830)
(gefördert von der DFG)
Projektskizze
In der Frühen Neuzeit waren Leichen eine kostbare materielle Ressource. Unentwegt traten Kirchendiener und Pfarreien, Ärzte und Naturforscher, ja sogar Unternehmen und Aktiengesellschaften auf den Plan, die mit dem toten menschlichen Körper Geld verdienten – und oft verletzten sie dabei fundamentale Regeln des respektvollen Umgangs mit den Toten. Allerdings ist diese Ökonomie des Leichnams bislang weder von der Kulturgeschichte noch von der Wirtschaftsgeschichte in ihrer grundlegenden Bedeutung analysiert worden.
Mein Projekt erarbeitet erstmals eine wirtschaftshistorisch sensibilisierte Kulturgeschichte des toten menschlichen Körpers. In mikrohistorisch angelegten Fallstudien konzentriert sich das Vorhaben exemplarisch auf die angloirische Praxis der Leichenverwertung und nimmt zwei höchst unterschiedliche normative Konfliktlagen in den Blick: Erstens – als ethisch hochsensibler „Grenzfall“ – die wirtschaftliche Behandlung des Leichnams durch Nachbarn, Verwandte, vertraute Institutionen und rivalisierende Gruppen (Leichenarithmetik), zweitens die ökonomische Dimension von Leichen, die aus ihrem räumlichen, sozialen oder gar kulturellen Ursprungskontext entfernt wurden und die daher in vielerlei Hinsicht völlig anders normiert waren (Leichentransporte).
Auf dieser Grundlage entwirft das Projekt eine Typologie der wirtschaftlichen Leichenverwertung in der Frühen Neuzeit, rekonstruiert am Beispiel des Leichnams exemplarisch Praktiken der ökonomischen Bewältigung bzw. Begründung von Normenvielfalt und leistet mit dem neuartigen Konzept der „Nekro-Ökonomien“ einen methodischen Beitrag zur Verbindung von Kultur- und Wirtschaftsgeschichte.
Projektleitung
PD Dr. Matthias Bähr
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Professur für Geschichte der Frühen Neuzeit
Professur für Geschichte der Frühen Neuzeit
Besuchsadresse:
Bürogebäude Zellescher Weg (BZW), Raum A-512 Zellescher Weg 17
01069 Dresden
Sprechzeiten:
nach Vereinbarung