Forschung
Forschungsinteressen:
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Universitäts-, Wissens- und Wissenschaftsgeschichte
- Historische Transformationsforschung
- Geschichte des vereinten Deutschland seit 1990
- Zeitgeschichte nach 1945
Promotionsprojekt: "Sonderstatus in der Transformation? Die TU Dresden im 'Hochschulumbau Ost' nach 1989/90"
Die Umgestaltung des DDR-Hochschulwesens in den 1990er Jahren gilt als ein besonders konfliktbeladenes Feld der ostdeutschen Transformationsgeschichte. Im Zentrum stand lange der umfassende Personalumbau an den Universitäten, der bis heute Anlass zu kontroversen Deutungen gibt. Nicht selten wird in diesem Zusammenhang von einer „Kolonisierung“ des Ostens durch den Westen gesprochen, die zur Marginalisierung ostdeutscher Perspektiven in den Arenen gesellschaftlicher Deutungshoheit geführt habe. Solche Narrative neigen jedoch zur Vereinfachung und stellen die zeithistorische Forschung vor die Aufgabe, differenzierende Zugänge zu entwickeln und durch quellengesättigte Studien empirisch fundierte Erkenntnisse zu gewinnen. Gerade im Bereich der Hochschulen erscheint eine solche Herangehensweise geboten, da der sogenannte „Hochschulumbau Ost“ (Jürgen John und Jens Blecher) je nach Bundesland und Institution höchst unterschiedliche Ausprägungen zeigte.
Das Promotionsprojekt möchte hierzu einen Beitrag leisten und richtet den Fokus auf eine Institution, die im Transformationsprozess gleich in zweifacher Hinsicht einen Sonderstatus innehatte: die Technische Universität Dresden. Zum einen unterschieden sich Technische Universitäten durch ihre starke Verankerung in den Natur- und Ingenieurwissenschaften von den klassischen Volluniversitäten, was spezifische Voraussetzungen für den Hochschulumbau mit sich brachte. Zum anderen erfuhr Dresden als Landeshauptstadt des „selbsternannten Musterschülers“ (Dierk Hoffmann) Sachsen unter Ministerpräsident Kurt Biedenkopf und Wissenschaftsminister Hans Joachim Meyer besondere politische Aufmerksamkeit, die sich auch auf die hiesige Universität auswirkte. Das Projekt untersucht, inwiefern dieser doppelte Sonderstatus die epistemischen, administrativen und kommunikativen Transformationen an der TU Dresden geprägt hat.
Darüber hinaus soll der Dresdner Hochschulumbau in die jüngere Forschung zur Wissens- und Wissenschaftsgeschichte eingeordnet werden, die Universitäten zunehmend als Akteure in einem durch Wettbewerb geprägten Umfeld betrachtet. Der heutige Status der TU Dresden als Exzellenzuniversität bietet hierfür einen geeigneten Ausgangspunkt und wirft zugleich die Forschungsfrage auf, in welchem Maße die ostdeutsche Transformation mit den Dynamiken interuniversitärer Konkurrenz seit den späten 1980er Jahren verflochten war.
Methodisch stützt sich die Untersuchung auf schriftliche Quellen aus dem Universitätsarchiv Dresden sowie auf Materialien aus den staatlichen Archiven Sachsens und des Bundes, die aufgrund der 30-jährigen Sperrfrist zum Teil erst seit Kurzem zugänglich sind. Ergänzend werden gedruckte Quellen und zeitgenössische Literatur aus dem Umfeld der Universität herangezogen sowie leitfadengestützte Experteninterviews durchgeführt.