Verkörperungen des Politischen
Der Körper im Fokus politikdidaktischer Betrachtung
Was hat politische Bildung überhaupt mit Körperlichkeit zu tun? Jonas Hänel hat sich in seiner Abschlussarbeit mit eben dieser Frage beschäftigt. Im Mittelpunkt seiner Überlegungen steht dementsprechend die Frage, welche Rolle der Körper hinsichtlich der Darstellung und Wahrnehmung des Politischen spielt und welche Implikationen sich daraus für politische Bildungsprozesse ergeben. Die Arbeit wurde als beste Arbeit der Philosophischen Fakultät im Studienjahr 2012/13 ausgezeichnet und ist jetzt als Buch Wochenschau Verlag erschienen.
Die vorliegende Arbeit von Jonas Hänel kann auf durchaus beeindruckende Weise zeigen, wie die politische Bildung von einer stärkeren Reflexion des Körpers im inhaltlichen, methodischen und didaktischen Zusammenhang profitieren könnte. Er tut dies strukturgeleitet, in einer beeindruckenden sprachlichen Klarheit.
Nach einer Einführung in der Jonas Hänel seine Leserinnen und Leser bereits tief in die Zusammenhänge einführt und damit auf überaus anschauliche Weise den Hintergrund seiner Fragestellung sichtbar und die Notwendigkeit und Nützlichkeit ihrer Bearbeitung nachvollziehbar macht, wendet er sich in einem ersten vorangestellten Teil zunächst begrifflichen und methodischen Schwierigkeiten zu. Er tut dies aufgrund der reflektierten Überzeugung, dass Probleme beim Forschen etwas über den Gegenstand der Forschung aussagen. Auf diese Weise gelingt es Hänel, gleich zu Beginn seiner Auseinandersetzung seine Begriffe in anschaulicher und transparenter Weise zu klären und seine Leserinnen und Leser auf die Schwierigkeiten, die sich bei der Verwendung dieser Begriffe möglicherweise auch im Folgenden ergeben, sehr gut vorzubereiten. Im anschließenden Teil wendet sich Hänel dann der Frage zu ob und wie sich der Körper im bezugswissenschaftlichen Feld der politischen Bildung wiederfinden lässt, welche Fragestellungen hier im Vordergrund stehen und warum und was das für die politische Bildung bedeutet. Hier gelingt es auf beeindruckende Weise die Bedeutung zwischen der bezugswissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Körper und einer auf diese Fragen bezogenen fachdidaktischen Diskussion aufzuzeigen. Im nächsten Teil der Arbeit wendet sich Jonas Hänel, in Rückbindung auf die Stellung und Bedeutung des Körpers in der politischen und pädagogischen Diskussion des Nationalsozialismus, dann noch stärker der Frage nach dem Verhältnis der deutschen Politikdidaktik gegenüber dem Körper oder den auf den Körper bezogenen Fragestellungen zu. Die grundlegende und impulsgebende Frage dieses Teils ist damit die Frage, warum der Körper in der Auseinandersetzung mit Fragen der politischen Bildung in Deutschland lange Zeit – und wahrscheinlich auch zu recht – so weit im Hintergrund gestanden hat und wie die Pädagogische und didaktische Diskussion nach 1945 mit diesem Erbe umzugehen versucht hat. In diesem Zusammenhang gelingt es dem Autor dann auch sehr schlüssig deutlich zu machen, wie und warum sich im Kontext der politischen Bildung eine vorrangig auf kognitive Leistungen fokussierte Rationalitätsvorstellung entwickeln konnte, die allen ästhetischen, symbolischen und damit auch somästhetischen und auf den Körper bezogenen Konzepten und ihrer Thematisierung bis heute im Weg steht. So beschäftigt sich Hänel beispielsweise mit der Frage, ob neben den auf Wissensvermittlung und Rationalität setzenden Bildungskonzepten in der pädagogischen und didaktischen Diskussion im Nachkriegsdeutschland, nicht auch Impulse wichtig gewesen wären, die geholfen hätten, dem nationalsozialistischen Habitus entgegenzuwirken und die damit den Körper bzw. die Körperlichkeit stärker berücksichtigt hätten. Auf diese Weise ausgerüstet wendet sich Jonas Hänel schließlich der Frage nach der Bedeutung des Körpers für die politische Bildung zu und setzt sich sehr konkret mit der Frage auseinander, welche Konsequenzen sich für eine somästhetisch reflektierte politische Bildung im Hinblick auf Theoriebildung, Darstellung, Inhalt Methodik und Zielsetzung ergeben.