Gute Lösungen für die Zukunft nutzen – COVID-19 Lessons Learned (COVID19LL)
Ein Projekt im Rahmen des Programmes „Zukunft der Wertschöpfung. Forschung zu Produktion, Dienstleistung und Arbeit“.
Projektziele und -inhalte
Die rasante Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 und die damit einhergehenden Phasen von Lockerungen und Verschärfungen von Maßnahmen beeinflussen und verändern nicht nur das gesellschaftliche Leben sondern auch die Arbeitswelt. Um dennoch arbeitsfähig zu bleiben, müssen viele Unternehmen und Betriebe weitreichende Anpassungen in ihren Arbeitsstrukturen und –abläufen vornehmen, die vor der Krise nicht umsetzbar oder sinnvoll schienen. Das zeigt verstärkt die Notwendigkeit, sich mit Maßnahmen, die in Unternehmen neu eingeführt, modifiziert und zeitweise oder gänzlich außer Kraft gesetzt werden, in Form einer systematischen Analyse auseinander zu setzen. Dadurch kann diese Phase des erzwungenen Lernprozesses auch nach Abflachen der COVID-19-Pandemie für den Erkenntnisgewinn genutzt werden.
Inhalt der ersten Phase des Forschungsprojektes war eine branchenübergreifende, überregionale und systematische Bestandsaufnahme der betrieblichen Maßnahmen und Veränderungen durch Interviews mit UnternehmensvertreterInnen sowie Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen. In die Analyse wurden Unternehmen und Organisationen aus allen drei Wirtschaftssektoren in den Regionen Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen interviewt. Durch die Befragung von sowohl Führungskräften, ArbeitnehmerInnen und Arbeitnehmervertretungen in den Unternehmen sollten unterschiedliche Perspektiven einbezogen werden. Aus einer anschließenden Analyse von Best Practices ausgewählter Tätigkeiten wurden Vorschläge mit Transferpotentialen für die Zeit nach COVID-19 identifiziert und Empfehlungen für ähnliche Tätigkeiten in anderen Branchen abgeleitet werden.
Als Untersuchungsansatz wurde ein Prozessmodell verwendet, welches auf dem MTO-Konzept basiert. Dieses ermöglicht die Betrachtung der Zeit vor der Pandemie (status quo ante), den dynamischen Veränderungsprozess während der Pandemie sowie die Zeit nach der Pandemie (status quo post).
In der zweiten Phase des Projektes erfolgt eine praxisnahe Validierung der ermittelten Lessons Learned hinsichtlich ihrer Gültigkeit und Reichweite anhand einer Delphi-Studie. Dabei werden insbesondere Erfolgsfaktoren und Widrigkeiten bei der Einführung von Maßnahmen als Reaktion auf die COVID-19 Pandemie identifiziert. Um den Transfer der Ergebnisse in Unternehmen und in die verschiedenen Regionen zu fördern, werden neben ExpertInnen aus der Arbeitsforschung insbesondere auch UnternehmensvertreterInnen sowie Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen in die Analyse einbezogen. Die praxisorientierte Ergebnisvalidierung soll es Unternehmen erleichtern, auf zukünftige Ausnahmesituationen adäquat zu reagieren.
Ergebnisse der einzelnen Projektphasen finden Sie in den nachfolgenden Quartalsberichten und weiteren Veröffentlichungen:
Quartalsbericht 1
Inhalte: projektrelevante Pandemie-Auswirkungen, Konzipiertes Projektvorgehen: Prozessmodell zur Analyse der Veränderungen in den Unternehmen, Auswahl der Branchen
Quartalsbericht 2
Inhalte: aktuelle Pandemie-Entwicklung, Konzept des Bewertungssystems der identifizierten Best Practices, Ergebnisse der Multiplikatorengespräche, Konzept der Interviewdurchführung, erste Interview-Eindrücke
Quartalsbericht 3
Inhalte: aktuelle Pandemie-Entwicklung, identifizierte Maßnahmen-Cluster im Rahmen der Interviewauswertung, Ableitung von Best Practices & Lessons Learned, Bericht zu Ergebnissen des Praktiker-Workshops im Rahmen des Open Lab Day des Fraunhofer IAO
Quartalsbericht 4
Inhalte: aktuelle Pandemie-Entwicklung, Betrachtung der Pandemie-Auswirkungen auf Europäischer Ebene, Aufbereitungskonzept der identifizierten Best-Practices in Form von Szenarien
Quartalsbericht 5
Inhalte: aktuelle Pandemie-Entwicklung, Konzept und Inhalte der Delphi-Studie: Strukturierung der Projektionen, Betrachtung der verschiedenen Szenarien, Definition der Bewertungsdimensionen, Ablauf der Studie
Quartalsbericht 6
Inhalte: aktuelle Pandemie-Entwicklung, Delphi-Studie: Erläuterungen zur Stichprobe, Einblicke in die Ergebnisse der einzelnen Projektionen und Szenarien, Fazit und offene Forschungsfragen
Zusätzlich wird außerdem eine Checkliste, in welcher die Ergebnisse und gewonnenen Erkenntnisse aus den ExpertInnen-Interviews aufbereitet sind, für Unternehmen und Organisationen bereitgestellt. Ziel ist eine Unterstützung bei der erfolgreichen Anpassung der Arbeitsstrukturen und -abläufe zur Bewältigung der COVID-19 Pandemie. Die Checkliste steht als word- und pdf-Datei zum Download zur Verfügung.
Neben den regelmäßig veröffentlichten Arbeitsberichten entstanden folgende Publikationen:
- Klaus Bengler, Verena Nitsch, Martin Schmauder, Caroline Adam, Sebastian Pütz, Christopher Brandl, Gritt Ott, Georg Jochum (2021) COVID-19LL: A Systematic Approach to Identify Best Practices and Lessons Learned in German Economic Sectors [Internet]. springerprofessional.de. Verfügbar unter: https://www.springerprofessional.de/covid-19ll-a-systematic-approach-to-identify-best-practices-and-/19145300
Am 27.10.20 fand ein online-Workshop mit UnternehmensvertreterInnen statt. Die folgende Abbildung fasst die wesenlichen Erkenntnisse des Workshops im Rahmen des IAO-Open Lab Day zusammen.
Im Rahmen des Forschungsprojektes führte das Projektkonsortium insgesamt 52 Interviews in 33 Unternehmen in den drei Wirtschaftssektoren in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen durch, um Best Practices zu identfizieren.
Dabei wurden folgende Maßnahmencluster festgestellt:
- Anpassung von internen und externen Kommunikationsstrukturen
- Flexibilisierung der Arbeitsorganisation
- Flexibilisierung der Arbeitszeit
- Flexibilisierung des Arbeitsorts
- Hygienekonzepte
- Maßnahmen zum operativen Umgang mit Krisensituationen
- Modifikation von Geschäftsprozessen (insb. durch Digitalisierung)
Die Ergebnisse sind in Form von praxisorientierten Szenarien für die Bewältigung der COVID-19 Pandemie und ähnlicher Krisen in Unternehmen und Organisationen aufbereitet. Die zentralen Erkenntnisse aus den Interviews, die in den Szenarien beschrieben werden, sind:
Szenario "Ortsgebundenes Arbeiten"
- Erweiterte Hygienekonzepte können auch außerhalb einer Pandemie eine wichtige Rolle spielen.
- Konsistenz der Maßnahmen und Zuverlässigkeit bei der Einführung und Umsetzung von Maßnahmen ist von großer Bedeutung.
- Die kontinuierliche und transparente Kommunikation von Entscheidungen und Begründungen für die Einführung und ggf. Anpassung von Maßnahmen ist wichtig für die Akzeptanz der Belegschaft.
- Der Gefahr der Spaltung von Teams und Unterbrechung kooperativer Arbeitsbeziehungen durch die Beschränkung persönlicher Kontakte muss gegengesteuert werden.
Szenario "Teilweise ortsgebundenes Arbeiten"
- Flexibilität und Mitsprache bei der Wahl des Arbeitsortes ist ein vielseitig gewünschtes Zukunftskonzept.
- Transparenz über Anwesenheit, Erreichbarkeit und erbrachte Leistung ist ein zentraler Erfolgsfaktor für flexible Arbeitskonzepte.
- Präsenz-Meetings sollten durch TeilnehmerInnen per Videokonferenz erweitert werden können, um Flexibilität zu ermöglichen.
- Umsetzung von Datenschutz, umfassende IT-Ausstattung und definierte digitale Prozesse sind Voraussetzungen für ortsungebundenes Arbeiten.
- Flexibler Wechsel zwischen Präsenz und Homeoffice bietet großes Potential für MitarbeiterInnen, Arbeit und Privatleben besser in Einklang zu bringen und gleichzei-
tig Probleme reiner Homeoffice-Lösungen zu vermeiden.
Szenario "Ortsungebundenes Arbeiten"
- In Homeoffice-Szenarien sind das Vertrauensverhältnis zwischen MitarbeiterInnen und Führungskraft sowie die emotionale Verbundenheit in der Belegschaft und zu den
Führungskräften von besonderer Bedeutung. - Ihr Aufbau benötigt mehr Zeit als bei ortsgebundenem Arbeiten.
- Sensibilisierung der Führungskräfte und der Belegschaft für den bewussten Umgang mit der hohen Eigenverantwortung sowie Selbstorganisation ist eine wichtige Vo-
raussetzung. - Der Einsatz digitaler Technologien bietet viele zusätzliche Möglichkeiten für effektive Kommunikation und Informationsflüsse.
Szenario "Operative Krisenbewältigung"
- Die Einbeziehung unterschiedlicher Kompetenzen und Sichten in den Krisenstab ist förderlich für die Lösungsfindung und Umsetzung.
- Gleiches gilt für die Einbindung der Belegschaft und die Einbeziehung ihrer Rückmeldungen in Entscheidungsprozesse.
- Transparente, umfassende und barrierefreie Kommunikation der Ist-Situation stützt die notwendige situationsbedingte Anpassung getroffener Entscheidungen und realisierter Maßnahmen.
- Flexibilität der Organisation bei der Leistungserbringung erhöht den Spielraum bei der Reaktion auf externe Festlegungen.
Die Best-Practice-Szenarien sind hier veröffentlicht.
Zur Validierung der Erkenntnisse aus den Interviews wird in einer zweiten Phase eine Delphi-Studie mit ExpertInnen aus Wirtschaft, Interessensvertretungen und Forschung durchgeführt. Mit Hilfe der Studie soll die Gültigkeit der identifizierten Lösungen für die Bewälltigung der COVID-19-Pandemie und für Arbeitsprozesse unter Normalbedingungen überprüft werden. Insgesamt sollen 17 Maßnahmen für die beiden Szenarien bewertet werden. Dabei wird zum einen eingeschätzt , inwiefern die Maßnahmen als generell sinnvoll und im Speziellen für das jeweilige Unternehmen/Organisation empfunden werden.
Die Ergebnisse der Studie gehen abschließend in einen praxisorientierten Katalog von validierten Lessons Learned ein, der Ihnen zur Verfügung gestellt wird und der Unternehmen verschiedener Branchen bei der Entwicklung eigener Krisenbewältigungsstrategien unterstützen soll.
Förderung
Das Projekt wurde gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und vom Projektträger PTKA Projektträger Karlsruhe Karlsruher Institut für Technologie (KIT) betreut. (Förderkennzeichen: 02L18A700)
Projektlaufzeit: 01.06.2020 bis 31.12.2021
Projektkonsortium
- Lehrstuhl für Ergonomie der TU München (Projektleitung), Caroline Adam.
- Institut für Arbeitswissenschaft der RWTH Aachen, Sebastian Pütz.
- CIMTT der TU Dresden
Ihre Ansprechpartnerin am CIMTT:
Koordinatorin
NameDipl.-Ing. Gritt Ott
Eine verschlüsselte E-Mail über das SecureMail-Portal versenden (nur für TUD-externe Personen).
CIMTT Zentrum für Produktionstechnik und Organisation
Besuchsadresse:
Kutzbachbau, Raum E9 Helmholtzstraße 7a
01069 Dresden