21.01.2021
Countdown für die Wissenschaft: SpaceX schickt Satellit der TU Dresden ins All
UPDATE: Erfolgreich gestartet und erste Daten empfangen
SOMP2b ist auf Sendung!
- 24. Jan 2021 10:00 a.m. EST 16:00:00 Uhr MEZ start mit Falcon 9
- 1 Stunde, 8 Minuten, 44 Sekunden später erfolgt der Ausschuss von SOMP2b (530 km Apo)
- circa 48 Minuten nach Auswurf wurden die Antennen ausgeklappt und SOMP2b begann Zustandsdaten zu senden
- Gegen 20:18 Uhr folg er über die Bodenstation der TU Dresden, die Daten wurden ausgewertet: Systeme funktionieren!
- Nach ersten Analysen wird SOMP2b nun circa 4x pro Tag so über Dresden zu sehen sein, dass eine direkte Kommunikation möglich ist.
Ursprünglicher Beitrag
Geplanter Starttermin: frühestens 22. Januar 2021
Am 22. Januar heißt es Daumen drücken für einen erfolgreichen Start der amerikanischen SpaceX Falcon-9 Rakete vom Startplatz in Cape Canaveral (Florida). Mit an Bord sind dann mehrere wissenschaftliche Experimente des Instituts für Luft- und Raumfahrttechnik der TU Dresden auf dem eigens dafür entwickelten Nanosatelliten SOMP2b. Mit ihm werden neue Nanomaterialien unter den extremen Bedingungen des Weltraumes untersucht, Systeme zur Umwandlung der Sonnenwärme in elektrischen Strom getestet und die Restatmosphäre um den Satelliten exakt vermessen. SOMP2b wird in 500 km Höhe – etwas höher als die Raumstation ISS – seinen Weg um die Erde antreten. In einem speziellen polaren, sonnensynchronen Orbit wird er die Erde umkreisen und dabei immer zur ungefähr gleichen Tageszeit die Bodenstation der TU-Dresden überfliegen und Messdaten senden.
SOMP2b ist ein Folgesatellit von SOMP2, einem Nano-Satelliten, den Studierende, Doktoranden und Wissenschaftler der Fakultät Maschinenwesen der TU Dresden gemeinsam entwickelten. „SOMP2b“ steht dabei für Student On-Orbit Measurement Project Number 2b. Er ist 20x10x10 cm³ groß und wiegt etwas weniger als 2 Kilogramm. SOMP2b wird die Erde so schnell umrunden, dass er 16-mal am Tag einen Sonnenauf- und Sonnenuntergang sieht. Dies wird begleitet von extremen Temperaturwechseln und ist besonders herausfordernd für Material und Elektronik. Die Teilchenstrahlung aus dem Weltraum, niedrige Drücke sowie die restlichen Partikel in der Atmosphäre, die SOMP2b mit hohen Geschwindigkeiten umgeben, beanspruchen den Nanosatelliten zusätzlich.
Hier setzt die Wissenschaft an: „Wir wollen unter diesen extremen Bedingungen im Weltall neue Nanomaterialien testen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden uns helfen, die Materialeigenschaften besser zu verstehen und sollen zukünftig in neue Anwendungen fließen. Wir entwickeln neuartige Schutzfolien gegen elektromagnetische Strahlung in Kraftfahrzeugen oder der Medizintechnik.“, erläutert Dr. Tino Schmiel, der das Forschungsfeld Satellitensysteme und Weltraumwissenschaften am Institut für Luft- und Raumfahrttechnik leitet. Weiterhin versuchen die Wissenschaftler mehr elektrische Energie im Nanosatelliten bereitzustellen. Der ständige Temperaturwechsel soll genutzt werden, um mittels thermoelektrischer Materialien auch in der Schattenphase ohne Sonne elektrische Energie zu erzeugen. „Solche thermoelektrischen Materialien sind auch für irdische Anwendungen interessant: prinzipiell überall dort, wo Abwärme ungenutzt verloren geht.“, so Schmiel weiter.
Wie bei mehreren Vorgängermissionen des Instituts ist der neue Satellit wieder mit dem kleinen Sensorsystem FIPEXnano ausgestattet, welches bei mindestens 600°C die restlichen Sauerstoffmoleküle im Weltraum in der so genannten Thermosphäre misst. In dieser Zone, die sich in 80 bis 600 Kilometer Höhe befindet, treten Gastemperaturen von 1000 Grad auf. Bisher ist zu wenig über die Dynamik der Zusammensetzung dieser Atmosphärenschicht bekannt. FIPEXnano leistet somit einen wichtigen Beitrag für die Atmosphären- und Klimamodellierung.
Die maßgeblich um Dr. Tino Schmiel an SOMP2b mitarbeitenden Wissenschaftler können die ersten Signale kaum erwarten. „Nur kurze Zeit nachdem die Oberstufe der Falcon 9 Rakete den Satelliten in 500 Kilometer Höhe entlassen hat, aktiviert sich SOMP2b selbstständig, die Solarzellen laden die Batterien und die Systeme nehmen ihren Betrieb auf.“, so Yves Bärtling, leitender Entwicklungsingenieur von SOMP2b. Bei den Überflügen über die Bodenstation der TU Dresden können dann hoffentlich die ersten Zustands-Daten empfangen und aufgezeichnet werden.
Das Risiko ist hoch, denn SOMP2b ist auch ein Experimentalsatellit. „Wir testen eine völlig neuartige Bauweise.“, erklärt Tino Schmiel, „Wir haben nahezu alle Funktionen eines Satelliten so miniaturisiert, dass diese in nur einer Seitenwand Platz finden. Dies schafft Platz für mehr wissenschaftliche Experimente.“ Das Besondere dabei: Die Seitenwände sind baugleich und können sich im Fehlerfall in ihren Funktionen gegenseitig ergänzen. Das ist ein neuer Weg. Die Wissenschaftler erhöhen damit die Funktionssicherheit durch eine Art miniaturisierte Redundanz, welche im Orbit getestet werden muss.
SOMP2b ist auch ein vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) finanziertes Ausbildungsprojekt. In die Entwicklung des Satelliten und der wissenschaftlichen Experimente wurden viele Studierende eingespannt. „Sie standen dabei vor großen Herausforderungen. Die Systeme müssen im sehr rauen Weltraum funktionieren und den Start überleben. Man kann nicht hinterherfliegen und nachjustieren. Nur so können wir praxisnah Studierende ausbilden.“ schwärmt Prof. Martin Tajmar, Direktor des Institutes für Luft- und Raumfahrttechnik.
Informationen für Journalisten:
Dr.-Ing. Tino Schmiel
TU Dresden
Institut für Luft- und Raumfahrttechnik
Leiter des Forschungsfeldes Satelliten und Weltraumwissenschaften
Tel.: 0351 – 463 38287
E-Mail: tino.schmiel@tu-dresden.de
Die damit verbundenen Forschungsprojekte wurden durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), die Europäische Weltraumorganisation (ESA), die EU und die Industrie finanziert.
Gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages:
SOMP2 unter dem Förderkennzeichen 50RU1201, TEG innerhalb des Fördervorhabens mit dem Förderkennzeichen 50RM1114 und CiREX innerhalb des Fördervorhabens mit dem Förderkennzeichen 50YB1409.
FIPEXnano wurde durch verschiedene Kooperationen mit der Industrie, im Auftrag des Mullard Space Science Laboratory, UCL/MSSL, sowie durch Ausbildungsprojekte der TU Dresden entwickelt. FIPEXnano ist teilgefördert durch "The European Union’s Seventh Framework Programme for Research and Technological Development under grant agreement no [284427]. This publication reflects the views only of the authors, and the European Union cannot be held responsible for any use which maybe made of the information contained therein."