Projekt 09
Metabolische und immunologische Einflüsse von post-akuten Infektionssyndromen (PAIS)
- Projektleiter:innen:
- TUD: Stefan. R. Bornstein & Nicole Töpfner
- UZH: Felix Beuschlein & Zsuzanna Varga Milo Puhan & Irene Alma Abela
- Student:innen:
- TUD: Rupali Mohanty (Promotionsstudentin im 1. Jahr), Katharina Winkler (Dr. med. Studentin)
-
UZH: Hannah Moll (Promotionsstudentin im 2. Jahr)
Hintergrund:
Postinfektiöse Folgeerscheinungen wurden für verschiedene bakterielle und virale Infektionskrankheiten beschrieben, mit bemerkenswerter klinischer Überlappung von Symptomen und Krankheitsverläufen. Neben dem Long-/Post-COVID-Syndrom folgen MIS-C (Multisystem-Entzündungssyndrom bei Kindern) und ME-CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/chronisches Erschöpfungssyndrom) einer SARS-CoV-2-Infektion. Auffallende Ähnlichkeiten bestehen mit ME-CFS nach EBV-Infektion, Fatigue nach HIV-Infektion, neuropsychiatrischen und kardialen Störungen nach Streptokokken-Infektion sowie Belastungsdyspnoe nach Influenza, RSV und anderen Virusinfektionen bei Kindern und Erwachsenen.
Wir haben kürzlich eine interdisziplinäre Gruppe aus Experten für SARS-CoV-2, HIV, Streptokokken und andere Infektionen gebildet, die zum Ziel hat, postinfektiöse Syndrome einschließlich Long-/Post-COVID systematisch zu untersuchen. Diese Gruppe hat bisher Folgendes erreicht:
a) Erfassung der Prävalenz und des Krankheitsverlaufs des Post-COVID-Syndroms in der Schweiz und in Deutschland mithilfe der populationsbasierten Zurich Coronavirus Cohort Study sowie von Gesundheitsdaten von nahezu der Hälfte der deutschen Bevölkerung,
b) Nachweis morphorheologischer Veränderungen der Blutzellen nach SARS-CoV-2-Infektion,
c) Bewertung des Risikos von Autoimmunerkrankungen nach COVID-19 bei Kindern und Jugendlichen,
d) Entwicklung und Validierung eines Vorhersagemodells für Long COVID basierend auf einem Immunoglobulinsignatur mit Gesamt-IgM- und IgG3-Spiegeln kombiniert mit soziodemografischen Faktoren zur Prognose des Long-COVID-Risikos.
Mehrere wichtige Fragen sind jedoch weiterhin offen. Zunächst bleibt die Rolle der Antikörper, die wir bei Patienten nach SARS-CoV-2-Infektion identifiziert haben, hinsichtlich der Entwicklung oder des Fortschreitens der Erkrankung unklar. Darüber hinaus wurden Risikofaktoren für die Entwicklung von Long/Post-COVID oder anderen postviralen Syndromen bei Patienten mit metabolischen und endokrinen Erkrankungen bislang nur teilweise identifiziert. Weiterhin besteht eine signifikante Korrelation der oben genannten Neurotransmitter-Rezeptoren mit Immunoglobulinspiegeln, T-Zell-Aktivierung und anderen Autoantikörpern wie ANA oder TPO, was auf eine multifacettierte Aktivierung des Immunsystems hindeutet.
In Bezug auf therapeutische Optionen zeigte der erste Nachweis aus unserem Zentrum, dass bei Patienten, die nach zwei Zyklen extrakorporaler therapeutischer Apherese eine signifikante Besserung berichteten, eine deutliche Reduktion der Neurotransmitter-Antikörper, Lipide und Entzündungsmarker zu beobachten war.
Ziele:
1) Wir beabsichtigen, das Risiko von pädiatrischen und erwachsenen Patienten mit metabolischen und endokrinen Erkrankungen zu bewerten, postvirale Folgeerscheinungen wie Long-/Post-COVID zu entwickeln, und umgekehrt das Risiko postinfektiöser Syndrome zu untersuchen, eine metabolische und endokrine Erkrankung auszulösen und/oder zu verstärken.
2) Darüber hinaus wollen wir feststellen, ob und in welchem Ausmaß Patienten mit postinfektiösen Syndromen, wie Long-/Post-COVID, Autoantikörper entwickeln, eine T-Zell-Aktivierung zeigen sowie Veränderungen in morphorheologischen Blutzell-Signaturen aufweisen, um zu identifizieren, wie diese Effekte die Aktivität des Immunsystems regulieren könnten.
3) Wir planen, in einer prospektiven klinischen Studie zu evaluieren, ob eine extrakorporale Apherese die Aktivität des Immunsystems beeinflusst, indem sie Autoantikörper reduziert, die T-Zell-Aktivität verändert und/oder die Blutzell-Rheologie beeinflusst, um eine signifikante Verbesserung aller oder einer bestimmten Patientengruppe mit Long-/Post-COVID als beispielhafte Behandlungsoption für Patienten mit postviralen Symptomen zu erzielen.
Mehrwert durch die Zusammenarbeit zwischen Dresden und Zürich:
Die Klinik für Innere Medizin III in Dresden unter der Leitung von Prof. Bornstein verfügt über umfangreiche Erfahrungen in der extrakorporalen Apherese. Die Gruppe von Töpfner hat große Erfahrung im Bereich Infektionskrankheiten, und die Gruppe von Bornstein ist spezialisiert auf Metabolismus, metabolisch bedingten Stress sowie SARS-CoV-2-Forschung. Prof. Puhan ist ein erfahrener Epidemiologe und Hauptverantwortlicher der Zurich Coronavirus Cohort Study sowie Corona Immunitas, die maßgeblich zu den internationalen Long-COVID-Studien Global Burden of Disease, PRECIOUS und CoVICIS beitragen. Dr. Abela ist ein talentierter junger Virologe mit Expertise in HIV-, SARS-CoV-2- und CMV-Infektionskrankheiten. Die Kombination dieser Fachgebiete bietet eine hervorragende Möglichkeit, postinfektiöse Syndrome aus mechanistischer, klinischer und bevölkerungsbezogener Sicht besser zu verstehen und den Weg für potenzielle Behandlungen postinfektiöser Syndrome zu ebnen.
Synergien:
Wir werden mit Projekt 4 zusammenarbeiten, das Viromprofil in unseren Kohorten von Patienten mit postinfektiösen Syndromen untersuchen und unsere Ergebnisse mit dem Immunprofil dieser Patienten sowie in Bezug auf ihren metabolischen/endokrinen Zustand korrelieren. Zusätzlich werden wir mit Projekt 6 interagieren und die Infektionsanfälligkeit in In-vitro-Modellen primär differenzierter humaner Atemwegsepithelzellen von Patienten mit Post-COVID- und postakuten Infektionssyndromen sowie in Bezug auf ihren metabolischen Zustand bewerten.