P6 "Mitgehangen – mitgefangen? Verlauf und Stabilität von (problematischem) Computerspielverhalten über einen Zeitraum von drei Jahren"
Promotionsstudentin: Eva-Maria Zenses
Betreuer: Prof. Dr. Werner Greve, Universität Hildesheim; Prof. Dr. Gerhard Bühringer, Technische Universität Dresden; PD. Dr. Thomas Mößle, Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen
Eingereicht am: 18.05.2015
Zusammenfassung
Seit 2013 ist die Internet Gaming Disorder in dem Diagnosemanual DSM-5 als Forschungsdiagnose aufgenommen. Die American Psychiatric Association fordert Wissenschaftler weltweit auf, dieses Phänomen tiefergehend zu erforschen.
Die vorliegende Längsschnittstudie folgte diesem Ruf. So soll diese Dissertation zum einen dazu die- nen, den aktuellen Forschungsstand (Mai 2014) zum Thema Computerspielabhängigkeit herauszuar- beiten. Weiterhin wurde ein semistrukturiertes Interview zu Computerspielabhängigkeit und -miss- brauch nach dem SKID-I Sektion E adaptiert. 70 junge Männer (18 bis 21 Jahre alt), die zuvor aus 1092 Computerspielern ausgewählt wurden, wurden in einem mehrstündigen videoaufgezeichneten semistrukturierten Interview zu den Themen Computerspielabhängigkeit, Achse-I und -II Störungen (SKID-I/-II) und diversen sozialen Bedingungs- sowie Persönlichkeitsfaktoren befragt. Die Befragung wurde zweimal im Abstand von einem Jahr wiederholt (MZP2 (03/2012-01/2013: N = 64, MZP3 (03/2013-12/2013): N = 61). Für das semistrukturierte Interview zur Computerspielabhängigkeit wurden die Inter-Rater-Reliabilität sowie die externe wie interne Validität ausreichend bestätigt. Weiterhin konnten Computerspielabhängige und problematische Computerspieler in der vorliegen- den Stichprobe ermittelt werden (Computerspielabhängig: MZP1: N = 10, 14.28%, MZP2: N = 8, 12.5%, MZP3: N = 8, 13.11%).
Es konnten sowohl „Stabil“ problematische Computerspieler, „Entwickler“ und „Aufhörer“ eines problematischen Computerspielverhaltens als auch „Nie“ auffällige/problematische Computerspieler unterteilt werden. Im Zusammenhang mit untersuchten Variablen konnte kein Unterschied zwischen problematischen und unauffälligen Computerspielern in der Anzahl an Probanden mit einer Partnerin festgestellt werden. Problematische Computerspieler wiesen im Vergleich zu unauffälligen Compu- terspielern zum Teil einen eher ängstlichen Bindungsstil an die Mutter (MZP3) auf, weiterhin waren sie neurotischer, weniger gewissenhaft und impulsiver. Sie wiesen mehr psychische Störungen der Achse I auf. Insbesondere wurden hierbei Auffälligkeiten bei affektiven Störungen und ADHS bestä- tigt. Hierbei bestehen jedoch Unterschiede zwischen den Messzeitpunkten. Der Wert dieser Studie liegt in der genauen Diagnostik, dem geringen Drop-out und dem Längsschnittdesign. Nachteilig wa- ren eine geringe Stichprobengröße und die Beschränkung auf eine männliche Population. Zukünftig sollten vor allem die Verlaufstypen in ihrer Häufigkeit sowie Unterschiedlichkeit untersucht werden. Diese Studie belegt, dass Computerspielabhängigkeit durchaus ein persistierendes Phänomen sein kann, aber auch unter den Vielspielern nur wenige Probanden abhängige Computerspieler sind.