20.01.2020
TUD-Sylber-Expertinnen bei bpb/KMK-Fachtagung „Politische Bildung an beruflichen Schulen: Stand und Perspektiven“
Die Vorbereitung angehender Lehrer*innen auf den Umgang mit der Vielfalt von Schüler*innen ist ein Arbeitsschwerpunkt des Projektes TUD-Sylber. Dabei werden stets auch die berufsbildenden Schulen mit ihren Besonderheiten eingehend in den Blick genommen.
Die Expertise der Projektbeteiligten aus der Professur für Didaktik der politischen Bildung war daher bei einer Fachtagung der Bundeszentrale für politische Bildung und der Kultusministerkonferenz gefragt, die am 2. Dezember 2019 unter dem Titel „Politische Bildung an beruflichen Schulen: Stand und Perspektiven“ in Berlin stattfand.
In einer Keynote kommentierte Prof. Anja Besand die allgemeine Situation der politischen Bildung an berufsbildenden Schulen und kam zu einem überwiegend positiven Fazit, sowohl was die Infrastruktur und die Bildungsformate an den beruflichen Schulen betrifft, als auch hinsichtlich des Interesses der Schüler*innen an den Themen politischer Bildung.
In einer von fünf Arbeitsgruppen der Fachtagung stellten Tina Hölzel und Lisa Lewien Ergebnisse des Projekts TUD-Sylber zur Stärkung von Studierenden des beruflichen Lehramts im Umgang mit Heterogenität und Vielfalt vor und diskutierten mit den teilnehmenden Lehrkräften, was an beruflichen Schulen im Umgang mit Vielfalt bereits gut gelingt, welchen Herausforderungen sich berufliche Schulen stellen müssen und welcher Handlungsbedarf sich daraus ableiten lässt. Dabei zeigte sich, dass die auf einer bundesweit angelegten Interviewstudie beruhenden Befunde des Projekts TUD-Sylber im Gespräch mit den Teilnehmenden weitgehend bestätigt wurden:
- Berufsbildende Lehrkräfte zeigen überaus häufig eine differenzierte Wahrnehmung ihrer Schüler*innen entlang verschiedener Vielfaltsmerkmale wie Alter, schulische Vorerfahrungen, psychische und soziale Belastungen.
- Sie haben in dieser Wahrnehmung jedoch auch „blinde Flecken“, wenn es zum Beispiel um Fragen von Gender, sexueller Orientierung oder (politischer) Weltanschauung geht.
- Berufsbildende Lehrkräfte weisen eine hohe Sensibilität und Differenzierungsbereitschaft im Umgang mit vielfältigen Schüler*innen auf.
- Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen empfinden ein besonders ausgeprägtes Zuständigkeitsgefühl gegenüber ihren Schüler*innen und deren schulischen Möglichkeiten, und weisen darüber hinaus einen besonders entwickelten pädagogischen Selbstanspruch auf.
- Dass die Lehrer*innen in beruflichen Schulen sich den durchaus herausfordernden Problemen, die ihre Schüler*innen an den Lernort Schule mitbringen, stellen möchten, heißt gleichzeitig allerdings auch nicht, dass sie sich von diesen Problemen nicht überfordert fühlen.
- Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen können jedoch basierend auf ihren oft langjährigen Erfahrungen im Umgang mit vielfältigen Schüler*innen im System Schule von Gelingensbedingungen und Hemmnissen auf dem Weg zum inklusiven Lernen berichten.
- Die institutionelle Breite berufsbildender Schulen sowie die interne Struktur an eben jenen Schulen dieses Bereichs in Form eines adaptiven Raums wird oft als positive Grundvoraussetzung für die Auseinandersetzung mit Vielfalt beschrieben.
- Mehr noch wird die nicht selten umfängliche organisatorische wie auch pädagogische Freiheit an berufsbildenden Schulen als institutionelle Voraussetzung für einen erfolgreichen Umgang mit Heterogenität und Vielfalt wertgeschätzt.
Für die notwendige Weiterentwicklung der Aus- und Fortbildung für den Umgang mit Heterogenität scheint ein enger Austausch mit den Lehrer*innen an beruflichen Schulen unumgänglich, um Bedarfe, Potenziale und Grenzen der beruflichen Praxis adäquat einbeziehen zu können.