07.04.2025
Magdeburger Halbkugeln und duales Lehramtsstudium: Rückblick auf 2. Vernetzungstagung im Guericke-Zentrum in Magdeburg

Guericke-Zentrum der Otto-von-Guericke-Stiftung in Magdeburg
Vom 03.04.-04.04.2025 tauschten sich Expertinnen und Experten der Schul- und Lehrkräftebildung aus neun Bundesländern im Guericke-Zentrum der Otto-von-Guericke-Stiftung in Magdeburg über die Konzeptionierung und Einführung dualer Lehramtsstudiengänge aus. Unter Federführung der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU), der Bertelsmann Stiftung und des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) diskutierten Schulleiter:innen, Seiteneinsteiger:innen, Lehrkräfte und Lehrkräftebildner:innen der Universitäten und Seminare sowie die Vertreter:innen der Ministerien über Gelingensbedingungen nicht-grundständiger Wege in den Lehrberuf.
Umrahmt von roséfarbenen Kirschbäumen und kunstvollen Installationen des historischen Magedeburger Halbkugelexperiments verständigten sich Bildungsakteur:innen der Vernetzungstagung „Duale Lehramtsstudiengänge“. Sie diskutierten zentrale Themen der praxisnahmen Lehramtsausbildung. Die beiden kupfernen Halbkugeln trugen hierbei Symbolcharakter, denn in einem Experiment wies Otto von Guericke im Jahre 1656 in Magdeburg nach, dass die uns umgebende Luft einen eigenen, nämlich den uns heute bekannten Luftdruck hat. Nachdem im Versuch den Halbkugeln mittels Kolbenpumpe die Luft entzogenen wurde, gelang es auch mit sechzehn Pferden nicht, die Kugeln auseinanderzuziehen.
Dr. Dirk Zorn (Direktor Bildung und Next Generation, Bertelsmann Stiftung) formulierte als Moderator zum Beginn des ersten Tages den Zusammenhang zwischen dualem Lehramtsstudium und Halbkugeln wie folgt:
„Die eine Kugelhälfte ist die ,Theorie‘ und die andere Kugelhälfte die ,Praxis‘. Beide existieren nicht losgelöst voneinander. Durch den Außendruck entsteht ein besonderes Gefüge, welches Einfluss auf beide Kugelhälften hat. Übertragen auf den gegenwärtigen Lehrkräftemangel bedeutet dies ebenfalls eine Veränderung der Passung zwischen Theorie und Praxis.“
Es lag nahe, dass im Fokus der Vernetzungstagung im Guericke-Zentrum in Magdeburg eine gute Theorie-Praxis-Verknüpfung gesucht würde. So stand im Zentrum der Tagung die konzeptionelle Gestaltung dualer Lehramtsstudiengänge, deren praktische Ausgestaltung und begleitende Evaluation. Jun.-Prof.in Dr. Karina Becker, Franziska Kempka, sowie Prof.in Dr. Stefanie Rach (alle OVGU) präsentierten zum Auftakt den sachsen-anhaltinischen Modellversuch für ein praxisintegriertes, grundständiges Lehramtsstudium für Sekundarschulen, das seit 2024 mit einer ersten Kohorte von 30 Studierenden durchgeführt wird. Schnell wurde deutlich, wie komplex und anspruchsvoll dieses Vorhaben in der Organisation und Kommunikation ist.

Podiumsdiskussion
Im Rahmen einer Podiumsdiskussion zum praxisintegrierenden Studiengang in Magdeburg kamen Fr. Prof.in Dina Kuhlee (Prorektorin für Studium und Lehre an der Otto-von-Guericke-Universität), Jürgen Böhm (Staatssekretär des Ministeriums für Bildung des Landes Sachsen-Anhalt), Heike Szebrat (Schulleiterin einer Sekundarschule in Stendal), Thomas Lieber (Leiter des Staatlichen Seminars „LISA“ in Magdeburg) sowie Thomas Neumann (Referatsleiter im Ministerium für Wissenschaft, Energie und Klimaschutz des Landes Sachsen Anhalt) ins Gespräch. Die Schulleiterin berichtete von der schwierigen Unterrichtsabdeckung mit 68% an ihrer Schule und wiederholte mehrfach ihre dringende Bitte nach qualifizierten Lehrkräften. Der Leiter des Seminars „LISA“ fügte unterstützend hinzu, dass besonders Oberschulen im ländlichen Raum den Lehrkräftemangel zu spüren bekämen.
Beim Vortrag von Achim Rix und Hendrik Reimers vom Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen in Schleswig-Holstein (IQ.SH) rückte die praktische Ausgestaltung eines dualen Masterstudiums in den Fokus. Sie stellten den Dualen Master of Education im Lehramt Sonderpädagogik an der Europa-Universität Flensburg vor, der ein einschlägiges Bachelorstudium und Berufserfahrung voraussetze und damit eine Form der Qualifikation von Seiteneinsteiger:innen darstelle. Seit 2021 hätten Studierende die Möglichkeit, sich für diese Masterstudium zu bewerben. Neben fachlichen Qualifikationen werde ein Führerschein Klasse B und ein eigener PKW als sinnvolle Voraussetzung für das Studium angegeben, da der logistische Spagat zwischen Flensburg im Norden und einer der Ausbildungsschulen in der südlichen Lehrkräfte-Mangel-Region Schleswig-Holsteins nicht zu unterschätzen sei. Dem werde auch durch stetige Konzeptanpassungen Rechnung getragen, so die beiden Referenten.
Im didaktischen Format der Tischgruppen interessierte thematisch vor allem die Passung zwischen den einzelnen Akteur:innen der Bildung untereinander. So diskutierten die Anwesenden Fragen, wie ein universitäres und schulisches Mentoring gelingen könne oder transparente Strukturen der Zuständigkeiten im dualen Studium aussehen müssten.
Am zweiten Tag berichtete Prof. Dr. Axel Gehrmann (Geschäftsführender Direktor des ZLSB der TU Dresden) als Vertreter des Bundeslandes Sachsen über Ansätze zur Evaluation des Qualifikationsprogramms für Akademiker:innen zum Einstieg in den Lehrberuf (QUER). Er referierte ebenfalls über die Ergebnisse der Befragung von ca. 1000 Teilnehmenden der berufsbegleitenden Qualifizierung von Lehrkräften (BQL). Weitere sächsische Bildungsakteure der Vernetzungstagung kamen aus dem SMK (Fr. Petra Zeller, Referatsleiterin), aus dem SMWK (Martin Neumärker, Referent für Lehrkräftebildung) aus der TU Dresden (Dr. Peggy Germer, ZLSB) und dem Seiteneinstiegsprogramm der TU Dresden (Absolventin Fr. Peggy Hempel, Informatiklehrkraft).

Vertreter:innen aus der TU Dresden, dem SMK und dem SMWK vor dem Guericke-Zentrum
Resümierend konnte nach weiteren Workshop-Formaten zur Evaluation am Ende der Tagung festgestellt werden, dass der Einstieg in den Lehrberuf über verschiedene Wege erfolgsversprechend sei. Es wäre jedoch in jedem Fall wichtig, so abschließend Prof. Gehrmann, dass begleitende Forschung zur Implementation neuer Studiengänge durchgeführt würde, um qualitative Standards aufrecht zu erhalten und eine Vergleichbarkeit zu ermöglichen.