Feb 01, 2015
Was und wie PEGIDA-Demonstranten denken
Die meisten PEGIDA-Demonstranten sind besorgte und empörte Bürger, nur ein Drittel besteht aus „rechtsnationalen Xenophoben“. Dies ist das zentrale Ergebnis einer dreimonatigen Fallstudie unter der Leitung von Werner Patzelt, Professor für Politische Systeme und Systemvergleich an der TU Dresden. Sie bestätigt im Wesentlichen die Befunde bisheriger Studien zur sozialen Zusammensetzung der Demonstranten oder zum Stellenwert einer befürchteten Islamisierung als Motiv. Fremden- und Islamfeindlichkeit sind demnach zwar Kristallisationspunkte gemeinsamer Empörung, zentrales Motiv ist aber Unzufriedenheit mit Politikern, Parteien und Medien. Die Ergebnisse beruhen auf teilnehmenden Beobachtungen von PEGIDA-Demonstrationen seit November 2014, offenen Befragungen sowie einer standardisierten Befragung am 25. Januar 2015 mit 242 Teilnehmern.
Zentrale Ergebnisse
Die Dresdner PEGIDA-Demonstranten stehen im Durchschnitt weit rechts von der politischen Mitte, sind jedoch mehrheitlich keine Rechtsextremisten. Die Wissenschaftler erkennen drei Gruppen: rund ein Drittel „rechtsnationale Xenophobe“, etwas weniger als zwei Drittel „besorgte Gutwillige“ und knapp ein Zehntel „empörte Gutwillige“.
Die Demonstranten fühlen sich durch die etablierten Parteien und Politiker nicht vertreten und setzen ihre politischen Hoffnungen in die AfD.
Sie halten die Berichterstattung in den etablierten Medien über PEGIDA für überwiegend falsch. Stattdessen ist für sie Facebook das zentrale Kommunikations- und Informationsmedium.
Den „Sechs Punkten“ von PEGIDA stimmen sie zu. Bei vielen dürften aber auch (rechts-)radikalere Forderungen Zuspruch finden.
Über zwei Drittel sind grundsätzlich dafür, dass Deutschland weiterhin politisch verfolgte Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge aufnimmt.
Je weniger sich die Demonstranten von den etablierten Parteien vertreten fühlen, umso weniger offen sind sie für Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge.
Gut drei Viertel der Demonstranten fühlen sich als „deutsche Patrioten“, die Deutschlands Aufnahmepolitik gegenüber Asylbewerbern und Bürgerkriegsflüchtlingen eher ablehnen. Knapp drei Viertel der Demonstranten fühlen sich als „Europäer“. Letztere denken auch häufiger, Deutschland solle weiterhin politisch verfolgte Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge aufnehmen – und ein friedlicher Islam gehöre zu Deutschland.
Nicht einmal die Hälfte der PEGIDA-Demonstranten kann aus eigenem Erleben an die Montagsdemonstrationen von 1989 anschließen. Von denen, die damals schon demonstrierten, meint die Mehrheit durchaus nicht, im Grunde sei alles wie damals.
Aufgrund der Studienergebnisse gibt der Politikwissenschaftler Prof. Werner Patzelt für den Umgang mit PEGIDA folgende Handlungsempfehlungen:
PEGIDA-Gegner sollten verbal, emotional und symbolisch abrüsten, um ein weiteres Anwachsen der Bewegung durch Solidarisierungseffekte und zu vermeiden. PEGIDA selbst soll zur Formulierung politischer Ziele veranlasst werden mit dem Ziel, die Moderaten von den Radikalen abzuspalten. Zivilgesellschaft und Politik sollten mit den sogenannten gutwilligen PEGIDA-Demonstranten sachlich und offen diskutieren, um praktische Probleme zu erkennen und einen Konsens für den Wandel zu einer Einwanderungsgesellschaft zu schaffen. Nicht zuletzt fordert Patzelt Zivilcourage gegen jede Form von Aggressivität, Einschüchterung und Ausgrenzung.
Download der Powerpoint-Präsentation zur Pressekonferenz, des Datensatzes und der kompletten Studie samt Methodenbericht unter
http://tu-dresden.de/phil/ifpw/polsys/for/pegida
Informationen für Journalisten:
Prof. Werner Patzelt
Tel.: 0351 463-32888