Stabilität von Carbonbeton
Inhaltsverzeichnis
Projektdaten
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Bericht aus dem Jahrbuch 2023
Über’s Biegen und Brechen
2023 standen gelenkig gelagerte Proben geringerer Schlankheit im Fokus. Der Charakterisierung des Komposits Carbonbeton dienten Drucktests an gedrungenen, scheibenförmigen Proben. Anhand der Arbeitslinie wurden zwei relevante Schlankheitsgrade für die weiteren Stabilitätsversuche abgeleitet: der theoretische Übergang von elastischem zu plastischem Knicken und der vom idealen Stabilitäts- zum Materialversagen. Um zusätzlich den Einfluss unter kombinierter Beanspruchung aus Moment und Normalkraft zu untersuchen, wurden neben einer zentrischen Lasteinleitung auch Versuche mit Lastausmitten von 2 bzw. 4 mm durchgeführt.
Mit Hilfe von digitaler Bildkorrelation konnte für alle Schlankheitsgrade gezeigt werden, dass die Knickfiguren der ausgelenkten Proben bis zum Moment des plötzlichen Versagens einer Sinuskurve entsprechen, womit die Eignung der gelenkigen Auflagerkonstruktion belegt wurde. Das Versagen äußerte sich entweder durch ein abruptes, starkes Ausknicken bei höherer Schlankheit bzw. größerem Momenteneinfluss oder durch Bruch der Probe infolge hoher Normalkraft bei geringeren Schlankheiten. Für die Referenzproben zeigte sich eine deutliche Abweichung gegenüber der Euler-Theorie, was auf das Phänomen des plastischen Knickens zurückgeführt werden kann. Erwartungsgemäß stellte sich sowohl mit steigender Lastexzentrizität als auch mit wachsender Schlankheit eine Abnahme der maximal aufnehmbaren Spannung ein.
Die Ergebnisse unterstreichen, dass die Berücksichtigung dieser Parameter bei der Bemessung von dünnwandigen Konstruktionen aus textilbewehrtem Beton unumgänglich ist. Mit Hilfe von Momenten-Normalkraft-Interaktionskurven wird nun geprüft, ob es sich bei dem Versagen tatsächlich um ein Stabilitätsproblem oder ein Spannungsproblem nach Theorie II. Ordnung handelt bzw. ob der Versagensmechanismus von den genannten Parametern abhängt.
Bericht aus dem Jahrbuch 2022
Knickversuche an Carbonbeton
Mit dem hochleistungsfähigen Verbundwerkstoff Carbonbeton ist es möglich, filigrane und damit materialsparende Tragwerke zu konstruieren. Durch die größeren Schlankheiten steigt jedoch auch die Notwendigkeit der Analyse des Stabilitätsverhaltens, welches im herkömmlichen Stahlbetonbau in der Regel eine eher untergeordnete Bedeutung hat. Hierbei ist insbesondere auch eine erhöhte Empfindlichkeit dieser Strukturen gegenüber strukturellen und geometrischen Imperfektionen zu berücksichtigen.
Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurden Knickversuche an schlanken, gelenkig gelagerten Probekörpern mit rechteckigem Querschnitt durchgeführt, wobei das Verformungsverhalten unter einaxialer Druckbeanspruchung photogrammetrisch beobachtet wurde. Ziel der Versuche war es, erste Erkenntnisse über die Auswirkungen von gezielt aufgebrachten initialen Imperfektionen auf die Stabilität der Carbonbetonproben zu gewinnen. Der Fokus der Untersuchungen lag auf der Variation herstellungsbedingter Imperfektionen wie der Lage des Textils sowie der Kornverteilung des Betons im Querschnitt, aber auch auf Imperfektionen bei der Lasteinleitung.
Die erste Herausforderung für eine erfolgreiche Versuchsdurchführung bestand darin, ein geeignetes System zur Lasteinleitung zu entwickeln, das es erlaubt, neben einer mittigen auch eine planmäßig exzentrische Belastung aufzubringen. Hierfür wurden drei verschiedene Konfigurationen kleiner, spitz zulaufender Stahlprofile angefertigt, die an den beiden Aufstandsflächen der Proben befestigt werden. Die Spitzen werden anschließend in die Kerbe eines oben bzw. unten in die Prüfmaschine eingespannten Stahlblocks eingesetzt.
Neben einer Analyse des Versagensvorgangs wurden die Ergebnisse der Knickversuche mit der idealen Knicklast nach Euler und mit der Spannungsgleichung nach Theorie II. Ordnung verglichen, wobei sich gute Übereinstimmungen zeigten. Die bisher geprüften Probekörper wiesen eine einheitliche Schlankheit von λ ≈ 125 auf. In weiteren Versuchen ist die Untersuchung der genannten und weiterer Imperfektionseinflüsse auf Proben mit geringeren Schlankheiten vorgesehen.
Die Bearbeitung des Teilprojekts erfolgt in Kooperation mit dem Institut für Massivbau der RWTH Aachen University, wo der Fokus auf der Erforschung der Quasiduktilität liegt.
Bericht aus dem Jahrbuch 2021
Imperfektionen und Stabilität
Carbonbeton ist ein Verbundwerkstoff aus Hochleistungsmaterialien, der es ermöglicht, hoch tragfähige und gleichzeitig schlanke, materialeffiziente Tragwerke zu konstruieren. Mit der erheblichen Reduzierung der Bauteildicken im Vergleich zu Konstruktionen aus herkömmlichem Stahlbeton rückt das Thema Stabilität im Carbonbeton immer mehr in den Mittelpunkt. Insbesondere zu berücksichtigen ist dabei die erhöhte Empfindlichkeit filigraner Strukturen gegenüber inneren und äußeren Imperfektionen wie Geometrieabweichungen oder Inhomogenitäten im Querschnittsaufbau.
Das Forschungsvorhaben beschäftigt sich daher zunächst mit der Fragestellung, welche Parameter in welcher Größenordnung das Stabilitätsverhalten von schlanken Carbonbetonbauteilen beeinflussen. Vorgesehen sind experimentelle und numerische Untersuchungen an ebenen sowie gekrümmten Bauelementen unterschiedlicher Größen zum Einfluss aus herstellungsbedingten Imperfektionen, wie Materialverteilung (Lage der Bewehrung innerhalb des Querschnitts, Kornverteilung im Beton über die Querschnittsdicke) und Geometrie (Abweichungen in der Bauteildicke, Vorkrümmungen z. B. infolge ungleichmäßigen Schwindens), aber auch Imperfektionen der Lasteinleitung. Gegenstand der aktuellen Stabilitätsuntersuchungen sind Knickversuche an kleinformatigen, schlanken Probekörpern, wobei das geometrisch und physikalisch nichtlineare Verformungsverhalten unter einaxialer Druckbeanspruchung beobachtet wird.
Das Teilprojekt C04, welches in Kooperation mit dem Institut für Massivbau der RWTH Aachen University bearbeitet wird, verfolgt das übergeordnete Ziel, praxistaugliche Konstruktionsprinzipien und Bemessungsregeln für dünnwandige Carbonbetonbauteile zu entwickeln, die die eng miteinander verknüpften Aspekte von Stabilität und Quasiduktilität in Anbetracht der Interaktion zwischen Materialverhalten und Form konsistent erfassen. Wie sich bei dem Komposit Carbonbeton, welches ausschließlich aus spröden Materialkomponenten besteht, ein duktiles Tragverhalten erreichen lässt, wird dabei am IMB in Aachen untersucht.
Bericht aus dem Jahrbuch 2020
Stabilität von dünnwandigen Carbonbetonbauteilen
Der Vorteil von carbonbewehrten Bauteilen liegt in deutlich filigraneren Tragstrukturen und Querschnittsabmessungen gegenüber den heute üblichen konventionellen Stahlbetonkonstruktionen. Carbonbetonbauteile ermöglichen damit erhebliche Betoneinsparungen im Vergleich zu herkömmlichen Stahlbetonkonstruktionen und sparen gleichzeitig Ressourcen. Diese filigranere Bauweise ist unter Druckbeanspruchung deutlich empfindlicher gegenüber Stabilitätsversagen. Im Gegensatz zu Betonstahl weist das Material Carbon kein duktiles, sondern ein sprödes Materialverhalten auf. Die Verbundkonstruktion Carbonbeton bietet damit deutlich geringere Verformungskapazitäten als die Verbundkonstruktion Stahlbeton. Die bewährten Entwurfsgrundsätze aus dem Stahlbetonbau sind für den Carbonbetonbau somit nicht mehr anwendbar beziehungsweise nicht übertragbar. Es bedarf an dieser Stelle neuer Untersuchungen und Erkenntnisse, die die Konsequenzen der spröden Materialeigenschaft des Carbons in der Verbundkonstruktion Carbonbeton untersuchen.
Das TP C04 dient dabei der Erforschung wissenschaftlicher Grundlagen für filigrane, schlanke Strukturen, die stabilitätsgefährdet sind. Diese Grundlagen sollen die Basis zur Entwicklung von praxistauglichen Konstruktionsprinzipien und Bemessungsregeln für stabilitätsgefährdete Bauteile und Querschnittsteile aus Carbonbeton bilden. Dabei gilt es insbesondere die deutlich geringere Verformungsfähigkeit des Carbons auszugleichen, weswegen der Zusammenhang zwischen Stabilität, Quasiduktilität sowie die Baukörperform im Fokus der Betrachtungen steht. Das TP C04 wird in Kooperation mit der RWTH Aachen verwirklicht.
Der Schwerpunkt Stabilität wird an der TU Dresden und der Schwerpunkt Quasiduktilität wird an RWTH Aachen erforscht. Da bei stabilitätsgefährdeten Bauteilen bereits geringfügige Abweichungen der Ist-Geometrie von der Soll-Geometrie eine überproportionale Minderung der Tragfähigkeit zur Folge haben können, werden im ersten Schritt Imperfektionen untersucht. Dafür werden Bauteilgeometrien sowohl numerisch als auch experimentell geprüft. Gegenstand der aktuellen Untersuchungen an der TU Dresden sind hierbei geometrische Abweichungen, inhomogene Materialeigenschaften der Betone für Carbonbeton, Lage der Bewehrungsgelege im Betonquerschnitt, herstellungsbedingte Imperfektionen und Abweichungen aus Lasteinleitungen.