Zweiaxiale Betondruckfestigkeit unter hohen Belastungsgeschwindigkeiten
Inhaltsverzeichnis
Projektdaten
Titel | Title Zweiaxiale Betondruckfestigkeit unter hohen Belastungsgeschwindigkeiten | Biaxial compressive strength of concrete under high loading rates Förderer | Funding Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) / KEK Zeitraum | Period 10/2014 – 09/2017 Leiter | Project manager Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Manfred Curbach Bearbeiter | Contributor Dipl.-Ing. Matthias Quast |
Das diesem Bericht zugrunde liegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages unter dem Förderkennzeichen 1501483 gefördert.
Bericht aus dem Jahresbericht 2017
BETON SCHNELL BELASTET
Bauwerke von größerer gesellschaftlicher Bedeutung gehören zur sogenannten kritischen Infrastruktur, so zum Beispiel Einrichtungen des Gesundheitswesens, der Verkehrsinfrastruktur und der Energieversorgung. Vor allem diese Gebäude sind äußeren, natürlichen und anthropogenen Risiken ausgesetzt. In den meisten Fällen bildet hier eine Konstruktion aus Stahlbeton die schützende Hülle zwischen den Nutzern und den Einwirkungen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, das Materialverhalten von Beton auch unter so außergewöhnlichen Lastfällen wie Anprall oder Explosion zu untersuchen.
In sehr ausführlichen Versuchsreihen wurde der Einfluss einer stoßartigen Belastung auf die ein- und zweiaxiale Druckfestigkeit eines Betons der Festigkeitsklasse C20/25 untersucht. Die statischen Referenzversuche wurden in hydraulischen Prüfmaschinen mit einer Dehnrate von 3 ∙ 10-5 1/s durchgeführt. Diese Belastungsgeschwindigkeit liegt im Bereich üblicher statischer Laborversuche. Die stoßartige Belastung erfolgte mit einer Dehnrate im Bereich von 75 bis 150 1/s, was dem Lastfall eines Flugzeuganpralls entspricht. Diese dynamischen Versuche wurden mit Hilfe des klassischen Versuchs-prinzips des Split-Hopkinson-Bars durchgeführt, bei dem die Betonprobe mit Hilfe einer Stoßwelle belastet und zerstört wird. Für die verschiedenen Belastungsgeschwindig-keiten wurden sowohl einaxiale Versuche als auch zweiaxiale Versuche mit verschiedenen Spannungsverhältnissen durchgeführt.
Anhand der einzelnen Versuchsergebnisse wurden vergleichende Berechnungen angestellt. Daraus können die Einflüsse der dynamischen Belastung auf den einaxialen Fall und hinsichtlich verschiedener zweiaxialer Spannungszustände abgeleitet werden. Andererseits kann auch der Einfluss des Spannungsverhältnisses bei einer bestimmten Belastungsgeschwindigkeit ermittelt werden. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich die druckfestigkeitssteigernden Effekte einer zweiaxialen und einer stoßartigen Belastung teilweise überlagern, wobei im untersuchten Geschwindigkeits-bereich der Einfluss der dynamischen Festigkeitssteigerung gegenüber dem Einfluss der Mehraxialität deutlich überwiegt.
Bericht aus dem Jahresbericht 2016
Kaputt ist nicht gleich kaputt
Ob Steinschlaggalerie in den Alpen oder Wellenbrecher in der Nordsee – in vielen Fällen bilden Strukturen aus Beton eine schützende Barriere zwischen Mensch und äußerer Einwirkung. Damit diese Bauwerke ihre schützende Wirkung ausreichend gut erfüllen können, muss das Verhalten von Beton in verschiedensten Belastungssituationen bekannt sein. Ein mögliches, aber noch wenig erforschtes Belastungsszenario ist die mehraxiale dynamische Druckbelastung, wie sie beispielsweise bei einem Stein- oder Fahrzeuganprall auftreten kann. Mit einem weltweit einzigartigen zweiaxialen Split-Hopkinson-Bar wurden Betonwürfel unter ein- und zweiaxialer dynamischer Druckbeanspruchung in einer Vielzahl von Experimenten untersucht. Vergleichend dazu wurden auch entsprechende ein- und zweiaxiale statische Druckversuche durchgeführt.
Es zeigt sich, dass die Höhe des Querdrucks bzw. des Verhältnisses von Quer- zu Längsdruck einen entscheidenden Einfluss auf die Bruchform hat – im einaxialen Fall entstehen Hauptrisse parallel zur Belastungsrichtung, im zweiaxialen ist ein rautenförmiger Rissverlauf zwischen den Belastungsflächen zu sehen. Die Belastungsgeschwindigkeit wiederum beeinflusst das Maß der Fragmentierung, das heißt je schneller die Probe belastet wird, desto mehr und desto kleinere Bruchstücke entstehen.
Das Entstehen des Rissbildes kann mit Hilfe von Hochgeschwindigkeitskameras mit 100.000 Bildern pro Sekunde aufgezeichnet und somit sichtbar gemacht werden. Für eine genauere Analyse wird die gefilmte Probenoberfläche weiß grundiert und mit einem Muster aus schwarzen Punkten versehen. Die Verschiebung dieser Punkte zueinander kann von Bild zu Bild mit dem Prinzip der digitalen Bildkorrelation ausgewertet werden.
Hinsichtlich der Betondruckfestigkeit kann gezeigt werden, dass sowohl der zweiaxiale Spannungszustand als auch die erhöhte Belastungsgeschwindigkeit zu einem Festigkeitszuwachs im Vergleich zum einaxialen statischen Test beitragen und miteinander interagieren. Bei den an unserem Institut durchgeführten Versuchen liegt der maßgebende Einfluss in der Geschwindigkeitssteigerung.
Bericht aus dem Jahresbericht 2015
Wenn Wellen wandern…
Wer hat nicht schon einmal am Ufer eines Sees gesessen und verträumt den gleichmäßigen Kreisen der Wellen auf der Wasseroberfläche hinterhergesehen? Aber wer macht sich dabei schon Gedanken über die Festigkeit von Beton? Und doch gibt es da einen Zusammenhang, denn Wellen breiten sich nicht nur an Wasseroberflächen sondern in allen festen, flüssigen und gasförmigen Stoffen als Longitudinal- oder Transversalwellen oder Mischform aus beiden aus. Dabei werden Wellen an Materialübergängen in unterschiedlichem Maß reflektiert bzw. transmittiert. Dieses Wellenverhalten kann vielfältig genutzt werden, im Bauwesen zum Beispiel für zerstörungsfreie Bauwerksuntersuchungen oder in der Forschung zur Untersuchung und Beschreibung von Stoßvorgängen – Impaktbelastung – auf Beton oder Stahlbetonbauteile.
An unserem Institut wird das Verhalten von Beton unter hohen Belastungsgeschwindigkeiten mit Hilfe zweier verschiedener Split-Hopkinson-Bars (SHB) untersucht. Dieser Versuchsaufbau beruht auf der Übertragung eines Stoßimpulses durch einen zylindrischen Aluminiumstab in den Probekörper. Bis zum Betonversagen wird ein Teil des eingeleiteten Stoßimpulses durch die Probe in einen zweiten Aluminiumstab übertragen. Die Amplitude, Wellenlänge und -form können in beiden Stäben vor und hinter dem Probekörper erfasst werden und lassen Rückschlüsse auf das Verhalten des Betons zu. Je nach Versuchskonfiguration können sowohl kurzzeitige hochdynamische Druck- als auch Zugbelastungen in den Betonproben erzeugt werden.
Generell ist aus der Forschung der vergangenen Jahrzehnte bekannt, dass die von Beton ertragbaren Zug- und Druckbelastungen mit steigender Belastungsgeschwindigkeit zunehmen. Außerdem wirkt sich auch ein mehraxialer Druckspannungszustand festigkeitssteigernd aus. Daraus ergibt sich die aktuell bearbeitete Fragstellung, ob und wie sich diese beiden Effekte überlagern, wenn eine Betonprobe aus mehreren Richtungen gleichzeitig stoßartig belastet wird. Für diese Untersuchungen wurde am Institut ein zweiaxialer SHB entwickelt. Bisherige Ergebnisse zeigen, dass die dynamische Betondruckfestigkeit mit zunehmendem statischem Querdruck ansteigt. Zudem ist durch eine zweite dynamische Belastung in Querrichtung eine weitere Festigkeitszunahme zu verzeichnen.
Bericht aus dem Jahresbericht 2014
Wann ist Beton wirklich kaputt?
Betrachtet man den Beton, beispielsweise bei einaxialen statischen Druckversuchen, so scheint sich diese Frage sehr einfach und eindeutig beantworten zu lassen: wenn man es krachen hört, ist der Beton zerstört. Je nachdem, wie spröde der geprüfte Beton ist, versagt er mehr oder minder plötzlich, wenn die maximal ertragbare Last bzw. Spannung erreicht ist. Das zeigt sich auch in einer deutlichen Rissbildung am Probekörper und einem abfallenden Ast in der Last-Verformungs-Kurve. Doch was im statischen Fall klar erscheint, ist unter einer dynamischen Belastung nicht mehr eindeutig.
Am Institut für Massivbau werden bereits seit mehreren Jahren dynamische Impaktversuche an verschiedenen Betonen in einem ein- und einem zweiaxialen Split-Hopkinson-Bar durchgeführt. Bei diesen Versuchen wird die Last sehr schnell innerhalb von 20 bis 30 μs auf den Probekörper aufgebracht. Diese hochdynamische Belastung hat zur Folge, dass die Probe auch nach Überschreiten der Betonfestigkeit und damit einsetzendem Risswachstum eine weitere Laststeigerung erfährt, bis sie wenige Mikrosekunden später endgültig fragmentiert ist. Die Gründe für diese verzögerte Schädigung sind vor allem die Reibung und die Massenträgheit der Rissufer und eine dadurch begrenzte Rissausbreitungsgeschwindigkeit.
Bei den zweiaxialen dynamischen Betondruckversuchen kann aus diesem Phänomen und der Zeitdifferenz zwischen dem Eintreffen des ersten und zweiten Lastimpulses die Art der Beanspruchung abgeleitet werden. Bei Versuchen mit einer Zeitdifferenz von weniger als 20 μs zwischen den beiden belastenden Druckimpulsen bildet sich ein zweiaxialer Spannungszustand aus, woraus ein höherer Materialwiderstand der Probe resultiert. Für Versuche mit einer Zeitdifferenz von 20 bis 400 μs durchläuft zuerst der Lastimpuls aus der früheren Achse den Probekörper mit einem Spannungsmaximum, welches die Probe bereits bis zum Versagen belastet. Auf Grund der begrenzten Rissausbreitungsgeschwindigkeit und der Trägheit des Materials ist der Probekörper jedoch noch nicht endgültig fragmentiert, wenn die Last in der zweiten Belastungsrichtung verzögert eintrifft. Das heißt, auch nachdem die Festigkeit des Betons schon einmal überschritten wurde und die Probe damit zerstört sein sollte, kann innerhalb von 400 μs direkt nach dem ersten Kraftimpuls immer noch eine verbleibende Querfestigkeit der Probe festgestellt werden.