Verstärkung von Platten auf der impaktabgewandten Seite
Inhaltsverzeichnis
Projektdaten
Titel | Title Promotionsprojekt A5/I: Verstärkung von flächigen Massivbauelementen gegen Impakt auf der impaktabgewandten Seite als Teilprojekt des GRK 2250 | Doctoral projekt A5/I: Strengthening of plane RC elements against impact on the impact-far side as part of RTG 2250 Förderer | Funding Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) / GRK 2250 Zeitraum | Period 05/2017 – 04/2020 (1. Kohorte | 1st cohort) Leitung | Project manager Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Manfred Curbach Bearbeiter | Contributor |
Bericht aus dem Jahrbuch 2020
Carbonbeton und hybride Verstärkung gegen Impakt
Im Rahmen der ersten Kohorte des Graduiertenkollegs (GRK) 2250 wurden nachträglich applizierte Verstärkungsschichten aus Carbonbeton sowie Carbongelege in einer hochfesten Polymerfaserbetonmatrix (SHCC – strain hardening cement composite) auf der impaktabgewandten Bauteilseite verwendet. Beide Verstärkungsschichten zeigten eine sehr gute Wirkung, indem sie den Perforationswiderstand der Stahl-betonplatte deutlich erhöhten. Auch die Bauteilsteifigkeit konnte durch die applizierten Verstärkungsschichten gesteigert werden.
Im Rahmen der bisher durchgeführten Untersuchungen wurden zu verstärkende Stahlbetonplatten betrachtet, bei denen ausschließlich Biegebewehrung verbaut wurde. Anhand dieser Probekörper sowie einer Handvoll Referenzplatten aus Stahlbeton wurde mit der Entwicklung einer Schädigungsbeschreibung begonnen, mit der es möglich ist, die durch eine Impakteinwirkung entstandene Bauteilschädigung zu quantifizieren. Darüber hinaus wurde an der Weiterentwicklung eines bestehenden Ingenieurmodells zur Abbildung von Impaktereignissen auf Stahlbetonbauteile gearbeitet. Hierbei handelt es sich um ein vereinfachtes mechanisches Ersatzmodell aus Massen, Federn und Dämpfern, welches um die Komponente der Verstärkungsschicht erweitert wurde. Als Basis konnte hierzu auf die experimentellen Ergebnisse sowie eigene numerische Simulationsdaten zurückgegriffen werden.
Die vertiefte Betrachtung und systematische Erweiterung dieser gewonnenen Erkenntnisse stehen im Mittelpunkt der Arbeiten im Rahmen der zweiten Kohorte des Graduiertenkollegs 2250. Ein Untersuchungsschwerpunkt liegt dabei auf der Fragestellung, inwieweit der Perforationswiderstand explizit durch eine nachträglich aufgebrachte Verstärkungsschicht gesteigert werden kann, nachdem bisher lediglich eine qualitative Steigerung festgestellt werden konnte. Neben der Verstärkung biegebewehrter
Stahlbetonplatten wird das experimentelle Versuchsprogramm auch systematisch um
Grundplatten mit zusätzlicher Bügelbewehrung erweitert. Wie in der vorangegangenen
Kohorte wird neben Carbonbeton ebenfalls eine hybride Verstärkungsschicht, bestehend
aus einem Carbongelege und einer SHCC-Matrix, eingesetzt. Abschließend erfolgt die Ergänzung und Validierung der vorhandenen Schädigungsbeschreibung sowie des Ingenieurmodells, insbesondere im Hinblick auf die zusätzliche Bügelwirkung.
Bericht aus dem Jahrbuch 2019
Kein Durchschlag erwünscht
Im Rahmen des Graduiertenkollegs 2250 wurde bisher eine hochfeste Polymerfaserbetonmatrix (HS-SHCC – high strength - strain hardening cement composite) als potenzielle nachträglich auf der dem Impakt abgewandten Bauteilseite angebrachte Verstärkungsschicht verwendet. Die Verstärkungswirkung des HS-SHCC wurde hierbei mit und ohne zusätzliche Armierung z. B. mit Carbontextilien untersucht. Allerdings ist aus den Untersuchungen des Instituts für Baustoffe zu erkennen, dass das verwendete Matrixmaterial der Verstärkungsschicht, also der HS-SHCC, erst bei sehr großen Verformungen sein volles Leistungspotenzial entfalten kann. Aus diesem Grund wurde das Armierungsmaterial gezielt variiert, z. B. in Form eines aus Polymerfasern bestehenden Endlosfasergeleges.
Um die neue Materialkombination für die Verstärkungsschicht zu untersuchen, wurde sie auf zwei vorbereitete Stahlbetonplatten aufgebracht. Die Vorbereitung der Platten beinhaltete das Aufrauen der zu verstärkenden Bauteilseite, um einen guten Verbund zwischen Bauteil und Verstärkungsschicht herzustellen, und das Vornässen der Bauteiloberfläche, um ein Austrocknen des frischen aufgebrachten Materials zu verhindern. Anschließend wurden die Probekörper unter denselben Testbedingungen in der Fallturmanlage im Otto-Mohr Laboratorium der Technischen Universität Dresden getestet. Hierzu wurde ein zylinderförmiger Impaktor durch Druckluft beschleunigt und auf den plattenförmigen Probekörper geschossen. Diese Form der Belastung wird allgemein als Impaktbelastung bezeichnet. Bei den experimentellen Untersuchungen zeigte sich, dass durch die Verwendung des HS-SHCC ein Absplittern des Betons auf der verstärkten Bauteilseite vollständig verhindert werden konnte. Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass sich die Verstärkungsschicht stark durch die Impaktbelastung verformte, was darauf hindeutet, dass die Leistungsfähigkeit des HS-SHCC ausgenutzt werden konnte.
Im Rahmen des Graduiertenkollegs 2250/1 sollen diese Untersuchungen in den nächsten Monaten fortgesetzt werden. Hierbei sollen nun auch unterschiedliche Varianten des Matrixmaterials untersucht werden. Hierbei gilt es, die Fragestellung zu beantworten, ob ein hochfestes oder ein normalfestes Matrixmaterial besser geeignet ist.
Bericht aus dem Jahrbuch 2018
Faserbeton unter extremer Belastung
Faserbetone bzw. Stahlfaserbetone haben sich bereits seit langer Zeit als extrem beständig gegenüber einer Vielzahl von Belastungen gezeigt. Ein aufgrund ihrer beachtlichen Robustheit ebenso beliebtes Einsatzgebiet für dieses Material ist der Sicherheitssektor. Vor allem, wenn Gebäude gegenüber Explosionen oder ähnlichen Belastungen geschützt werden müssen, fällt die Wahl oftmals auf Stahlfaserbeton. Durch seine gegenüber unbewehrtem Beton hohe Duktilität eignet er sich sehr gut, um Energie durch Deformation abzubauen.
Dieses duktile Materialverhalten konnte am Institut für Baustoffe der Technischen Universität Dresden in einem weiteren Schritt durch den Zusatz von Polymerfasern noch gesteigert werden. Derzeit werden Faserbetone in einem gemeinschaftlichen Forschungsprogramm, dem Graduiertenkolleg 2250/1 „Impaktsicherheit von Baukonstruktionen durch mineralisch gebundene Komposite“ hinsichtlich ihrer Verwendung für die nachträgliche Verstärkung bestehender Stahlbetonkonstruktionen gegenüber Impaktbelastungen untersucht. Dieser Polymerfaserbeton, auch als SHCC (strain hardening cement composite) bezeichnet, kann extremen Verformungen standhalten und dabei seinen strukturellen Zusammenhalt bewahren. Durch die großen Verformungen wird möglichst viel Energie aufgenommen, ohne ein Versagen des belasteten Bauteils in Kauf nehmen zu müssen.
Im derzeit laufenden Versuchsprogramm wird der SHCC in einer Weiterentwicklung, dem HS-SHCC (high strengh-SHCC), zum einen als Matrixmaterial für Carbonbewehrung und zum anderen unbewehrt zur Verstärkung eigesetzt.
Bei den Experimenten in der Fallturmanlage des Otto-Mohr-Laboratoriums wurden Stahlbetonplatten mit einer Verstärkungsschicht aus unbewehrtem HS-SHCC bzw. mit zusätzlichen Lagen Carbonbewehrung verstärkt und anschließend dynamisch belastet. Referenzversuche mit unverstärkten Stahlbetonplatten sollen die Effektivität der Verstärkungsschichten zeigen. Basierend auf den derzeit erlangten experimentellen Ergebnissen sollen die Verstärkungsschichten hinsichtlich des Impaktwiderstands weiter optimiert werden. Dabei gilt das Augenmerk sowohl dem Matrixmaterial als auch dem verwendeten Gelege.
Bericht aus dem Jahrbuch 2017
Stöße abfangen mal anders
Seit langem werden Stahlfasern in unterschiedlichen Formen und Längen zur Verstärkung von Betonbauteilen genutzt. Der Grund hierfür ist, dass Beton, vor allem aber hoch- und ultrahochfeste Betone, sehr spröde versagt. Der Versagensvorgang wird nun durch die Zugabe von Stahlfasern wesentlich duktiler. Der nächste Schritt in der aktuellen Forschung ist es, andere Fasermaterialien, z. B. Kunststoffe, für diesen Zweck zu verwenden. Bei rein statischen Lasten haben diese neuen Materialien durch ihre Kriechneigung keinen positiven Effekt. Anders ist dies aber bei dynamischen Belastungen wie z. B. Stoßvorgängen. Da solche Belastungen nur Bruchteile von Sekunden andauern, sind die negativen Kriecheigenschaften von Kunststoffen vernachlässigbar und es ergibt sich ein sehr großes Anwendungsfeld. Grundlegend haben diese Materialien bereits ihre sehr gute Eignung bei Impaktszenarien bewiesen, nämlich in Form von Steinschlagnetzen aus Kunststoffen. Die Verwendung derartiger Materialien als (Kurz-)Faserbewehrung in zementbasierten Matrices – sogenannten strain-hardening cement-based composites (SHCC) – ist jedoch ein relativ neuer Ansatz.
Allerdings handelt es sich hierbei um ein sehr komplexes Themengebiet, weshalb an der TU Dresden ein DFG-Graduiertenkolleg initiiert wurde, in dem aktuell 13 Kollegiatinnen und Kollegiaten von unterschiedlichen Instituten und Fachrichtungen zusammen forschen. Das hier vorgestellte Projekt befasst sich mit der Verstärkung der impaktabgewandten Bauteilseite mit mineralisch gebundenen Kompositen. Bisher wurden Tastversuche mit Matrices durchgeführt, denen Kurzfasern aus Stahl und Polypropylen (PP) beigemischt waren. Hierbei wurden unterschiedliche Fasergehalte und Faserformen verwendet. Dass es sich dabei um eigenschaftenbestimmende Modifikationen der Betonmatrix handelt, zeigte sich bereits bei der Herstellung der Probekörper. So wurden mit Mischungen aus Stahlfasern noch sehr gut fließfähige Betone hergestellt. Bei Zugabe des gleichen Volumens PP-Fasern wurde der Beton jedoch extrem steif und war infolgedessen nur schwer verarbeitbar. Im Impaktexperiment in der Fallanlage in beschleunigte Konfiguration zeigten die Faserbetonmischungen ein sehr gutes Verhalten in Bezug auf die Reduzierung von absplitternden Betonteilen.
2018 sollen die ersten Versuche mit den sich derzeit entwickelten Beton-Faser-Gemischen auf Material- und auf Bauteilebene durchgeführt werden, um deren Leistungsfähigkeit im Impaktfall zu überprüfen, was die Grundlage für die weitere Forschung sein wird.