Verstärkung der impaktzugewandten Seite
Inhaltsverzeichnis
Projektdaten
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Bericht aus dem Jahrbuch 2023
Druckwellen infolge einer Explosion
Wie verhalten sich Stahlbetonstrukturen unter extremen Lastszenarien wie beispielsweise Explosionen innerhalb eines Tunnels? Unter solchen Beanspruchungen entstehen zum einen Druckwellen, zum anderen können Bruchstücke anfallen, die nach der Druckwelle an den umgebenden Strukturen anprallen können. Solche Anprallereignisse können im Fallturm der TU Dresden geprüft werden. Der Shock-Tube-Versuchsstand am Politecnico di Milano erlaubt es dagegen, Probekörper mit einer planaren Druckwelle mit einstellbarer Amplitude zu belasten.
Die zweite Frage war: Wie lassen sich Strukturen bei solchen Extremereignissen schützen? Um die Frage zu beantworten, wurden geschichtete Verstärkungsschichten untersucht. In Anprallversuchen im Dresdner Fallturm mit einem auf bis zu 220 km/h beschleunigten und 22 kg schweren Stahlimpaktor war bereits nachgewiesen worden, dass die entwickelte Verstärkungsschicht, bestehend aus einer Deckschicht aus Kurzfaserbeton und einer darunterliegenden, 4 cm starken Dämpfungsschicht aus Infraleichtbeton, die auf die darunterliegende Struktur einwirkenden Anprallenergien und -kräfte sowie die resultierende Schädigung maßgeblich reduzieren kann. Diese Verstärkungslösung wurde anschließend unter zwei verschiedenen Druckwellenbelastungen im Shock Tube untersucht.
Um das Verhalten von verstärkten Stahlbetonplatten einordnen zu können, wurde es mit dem von zwei reinen Stahlbetonplatten verglichen. Eine davon entsprach mit nur 4 cm Dicke der Basisplatte der verstärkten Lösung. Eine 10 cm starke Stahlbetonplatte diente als Referenz mit einer ähnlichen Eigenkreisfrequenz wie die verstärkte, ebenfalls 10 cm starke Platte. Im Fall der 4 cm starken Stahlbetonplatte bildeten sich bereits unter niedrigem Druck Risse auf der Zugseite der Platte, unter einer hohen Druckbelastung wurde die Platte sogar vollständig zerstört. Die gemessenen Deformationen der 10 cm starken Stahlbetonplatte und der verstärkten Lösung ähnelten sich dagegen sehr stark. Das lag unter anderem auch an dem guten Verbund zwischen den Schichten der verstärkten Lösung, wodurch sich ein Starrkörperverhalten einstellte.
Bericht aus dem Jahrbuch 2022
Impakt-Weichmacher
Wie kann man von einem harten zu einem weichen Anprall kommen? Ganz einfach: indem man eine energieabsorbierende Zwischenlage zwischen dem anprallenden Gegenstand und dem vom Anprall getroffenen Körper einfügt. Die Frage, die bleibt, ist nur: welches Material kann diesen Zweck am besten erfüllen? Diesem Thema widmet sich das vorliegende Projekt.
In den vergangenen Monaten wurden unterschiedliche mineralisch gebundene Materialien als Dämpfungsschichten untersucht. Diese Zwischenlage soll Impaktenergie absorbieren und somit die in das Grundbauteil übertragene Kraft und Energie reduzieren. Dadurch kann eine starke Schädigung des darunterliegenden Stahlbetonbauteils vermieden werden. Unter den untersuchten Materialien befanden sich zwei unterschiedliche Leichtbetone, einer davon mit Blähton- und einer mit Blähschieferzuschlägen, ein Infraleichtbeton und ein Beton mit Altgummizuschlägen. Diese Materialien wiesen zum einen verschiedene Festigkeiten und Steifigkeiten und außerdem unterschiedliche Dichten auf. Am leichtesten war der Infra-
leichtbeton, am schwersten die beiden Leichtbetone.
Oberhalb der weichen Dämpfungsschicht wurde noch eine höherfeste Deckschicht aus Carbonbeton aufgebracht, die die lokale Impaktlast auf einem größeren Bereich der Dämpfungsschicht verteilen sollte. Für die Versuche wurden Stahlbetonquader mit den genannten Dämpfungsschichten und einer darüberliegenden Lage aus Carbonbeton beschichtet. Die Stahlbetonquader waren während der Versuche vollständig flächig gelagert und wurden oberseitig von einem Stahlzylinder mit Geschwindigkeiten von bis zu 200 km/h getroffen.
Beim Vergleich unterschiedlicher Materialien hat sich ein Aufbau aus einer 4 cm starken Schicht Infraleichtbeton mit einer darüberliegenden, 2 cm starken Carbonbetonschicht als besonders günstig erwiesen. Dieser Schichtaufbau ermöglichte die fast vollständige Vermeidung der Schädigung des Grundbetonbauteils, was im Umkehrschluss bedeutet, dass die übertragene Energie substantiell reduziert wurde. Ohne oder mit unzureichender Dämpfungsschicht wird der Stahlbetonquader durch den Impakt stark gespalten.
Bericht aus dem Jahrbuch 2021
Gut geschützt
Der Schutz gegen Angreifer, Waffen oder Anprallereignisse wird sowohl in der Natur als auch in der Technik oft mit geschichteten Aufbauten realisiert. Die obere Lage dient der Verteilung des Impakts und der Verhinderung der Durchdringung zu den darunterliegenden Schichten. Diese Schicht ist in der Natur oft mineralisch und lamellar, im Fall von Rüstungen handelt es sich oft um carbonfaserverstärkte Kunststoffmatrizen. Die äußere Lage ist meist durch eine hohe Steifigkeit und eine hohe Festigkeit gekennzeichnet. Die untere, weichere Lage ist diejenige, die durch den Aufprall zerstört wird und dadurch Energie absorbiert beziehungsweise, die den Aufprall für das zu schützende Lebewesen oder die zu schützende Struktur dämpft. Hierfür werden oft Elastomere oder schaumartige Strukturen verwendet.
Es kommen aber auch mineralisch gebundene Komposite infrage, die in diesem Forschungsprojekt in Betracht gezogen werden sollen. Insbesondere wurden unterschiedliche Leichtbetone und ein Beton mit Altgummizuschlägen im Split-Hopkinson-Bar untersucht.
Ein Split-Hopkinson-Bar ist Versuchseinrichtung bestehend aus mindestens zwei Stäben, zwischen denen eine Probe eingebaut wird. In den ersten Stab wird eine Druck- bzw. Zugbelastung eingeleitet, die durch die Probe in den zweiten Stab zum Teil übertragen und zum Teil in den ersten Stab zurückreflektiert wird. Dehnungsmessungen auf den Stäben erlauben die Auswertung der Zustände innerhalb der Probe.
Das Ziel der Versuche an kleinen, zylindrischen Proben war es, das Materialverhalten unter unterschiedlich schneller Belastung zu untersuchen. Die Versuche unterscheiden sich somit hinsichtlich der Dehnrate, die innerhalb der Probe wirkt. Besonders das Energieabsorptionsvermögen, womit die aufgenommene Energie bezogen auf die eingetragene Energie gemeint ist, ist hier von Bedeutung. Außerdem war das Bruchbild der Proben von großem Interesse. Die Versuchsreihe ist fast abgeschlossen und die Auswertung wird darauf hinweisen, welches Material am besten geeignet ist, um als Schutzschicht auf eine Betonstruktur aufgebracht und in einem größeren Maßstab geprüft zu werden. Zu diesem Zweck werden Stahlbetonquader mit den vielversprechend-
sten Materialkombinationen verstärkt und im Fallturm geprüft.
Bericht aus dem Jahrbuch 2020
Immer schön sachte…
Impaktbeanspruchungen sind aus vielen unterschiedlichen Ingenieurbereichen bekannt. Es ist auch nichts Neues, dass Menschen und andere Güter vor Impakteinwirkungen geschützt werden sollen. Diesen Schutz gewährleisten beispielsweise persönliche Rüstungen, aber auch Schutzsysteme für Autos, Steinschlagschutzgalerien oder Schutzsysteme für Brückenpfeiler gegen Schiffsanprall. In diesem Forschungsprojekt stellt sich die Frage, wie Menschen und Güter vor herumfliegenden Trümmerteilen und anderem Schaden geschützt werden können und gleichzeitig Impaktschäden an Stahlbetontragwerken reduziert werden können. Eine Möglichkeit hierfür ist es, die Impaktbeanspruchung zu dämpfen. Hierzu wird eine energieabsorbierende Schicht auf das Tragwerk aufgebracht. Aber wie sieht eine solche Schicht bestenfalls aus? Auch hier schadet eine Inspiration aus der Natur oder der Technik sicherlich nicht. In vielen Fällen kommen sogenannte geschichtete Aufbauten zum Einsatz. Diese bestehen, zum Beispiel im Fall von Rüstungen, aus einer harten äußeren Schicht gefolgt von weiteren Schichten, die sich entweder weich und elastisch verhalten oder in sich zusammenfallen und dadurch Energie absorbieren. Typische Materialien, die zu diesen Zwecken verwendet werden, sind Keramik oder faserverstärkte Kunststoffe als äußere Schicht, und Elastomere oder schaumartige Strukturen mit einem großen Porenvolumen als untere Lagen. Das Ziel des Projekts ist es, geeignete mineralisch gebundene Werkstoffe zu finden, die ähnlich den Vorbildern den Impakt dämpfen.
Die dynamischen Materialeigenschaften werden in einem Split-Hopkinson-Bar untersucht – einer Versuchseinrichtung bestehend aus zwei Stäben, zwischen denen eine Probe eingebaut wird. In den ersten Stab wird eine Druck- bzw. Zugwelle eingeleitet, die durch die Probe in den zweiten Stab übertragen wird. Mithilfe von Dehnungsmessungen auf den Stäben lassen sich Rückschlüsse über das Spannungs-Dehnungs-Verhalten der Probe ziehen. Neben der Frage, welche zementgebundenen Materialien ein ähnliches Materialverhalten wie die Vorbilder aufweisen, muss auch die Frage gestellt werden, wie die Wirksamkeit der einzelnen Schichten und Schichtenverbünde charakterisiert und miteinander verglichen werden kann. Hierfür sind Schädigungskriterien für den Altbeton, auf dem die Dämpfungsschicht aufgebracht wird, notwendig. Dies wird in großformatigen Versuchen bewertet. Zu diesem Zweck werden die Materialien sowohl einzeln als auch als Schichtaufbauten auf Betonquadern, als mittelgroße Versuche, und auf Stahlbetonplatten, als Großbauteilversuchen, aufgebracht. Diese Versuche werden im Fallversuchstand des OML durchgeführt.
Bericht aus dem Jahrbuch 2017
Von der Natur inspirierte, stoßfeste Tragstrukturen
Das Ziel dieses Projektes ist es, den Widerstand von ebenen Stahlbetonelementen gegenüber einer Stoßbelastungen mit Hilfe einer energieabsorbierenden Verstärkungsschicht auf der belasteten Seite zu erhöhen.
Bei herkömmlichen Herangehensweisen spielen hauptsächlich die Kapazität der Strukturen, Energie aufzunehmen, oder ihre Trägheit eine wichtige Rolle bei der Dissipation der Energie eines Impaktors. Zum Schutz gegen Impaktbelastungen werden oft Materialien mit hoher Dichte oder Steifigkeit verwendet, um das Energieabsorptions-potential zu erhöhen. Dies führt aber im Gegenzug i. d. R. dazu, dass ein Gebäude mit hoher Stoßfestigkeit relativ groß und schwer wird.
In Abhängigkeit von der Belastungsintensität und der Dehnrate können aber alternativ auch Materialien oder Strukturen mit spezifischen Eigenschaften verwendet werden, um bauliche Strukturen bei einer Stoßbelastung zu schützen, ohne dass damit in jedem Fall eine drastische Erhöhung des Eigengewichts einhergeht. Bekannt ist beispielsweise die Anwendung von schaumstoffartigen Materialien oder leichten wabenartigen Strukturen. Zudem ist es notwendig, Ansätze zu untersuchen, die neben der Energiedissipation auch die anderen Voraussetzungen wie möglichst geringes Eigengewicht, Anpassbarkeit an unterschiedliche Geometrien, Kosten- und Ressourceneffizienz usw. erfüllen können. In verschiedenen Bereichen der Wissenschaft, in der Natur oder Industrie, z. B. Automobil- oder Verpackungsindustrie sind Vorbilder zu finden, denn dort haben sich bereits viele verschiedene Lösungen oder Mechanismen für Dämpfungselemente bewährt.
Eine systematische Untersuchung und vertiefte Analyse dieser Lösungen ist die Grundlage für die Entwicklung einer stoßabsorbierenden Schicht, die für die Anwendung bei Stahlbetonstrukturen geeignet ist. Die Leistungsfähigkeit der Dämpfungsschicht wird in Experimenten verifiziert, die durch numerische Simulationen begleitet werden.