Vorspannen mit Carbonfäden
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Projektdaten
Titel | Title
Vorspannen mit Carbonfäden | Prestressing with carbon rovings |
Bericht aus dem Jahrbuch 2015
Vorspannen mit Carbonfäden
In etlichen Projekten konnte bereits die gute Eignung von Carbonfäden zur Bewehrung biegebeanspruchter Bauteile gezeigt werden. Im Allgemeinen wird eine gute Risseverteilung erreicht und die Traglasten sind beachtlich. Durch die Carbonbewehrung sind extrem dünne Bauteile und somit leichte Konstruktionen möglich, jedoch leiden darunter Steifigkeit und Gebrauchstauglichkeit, da extreme Durchbiegungen auftreten können. Im Versuch scheint dies beeindruckend, in der Praxis sind solche Bauteile aber unbrauchbar.
Bedingt werden die großen Verformungen sehr dünner Bauteile durch das geringe Trägheitsmoment und das stahlbetontypische Verhalten des Textilbetons mit einem Steifigkeitsabfall im gerissenen Zustand, in dem die Bewehrung erst aktiviert wird. Durch ein Vorspannen der Bewehrung kann diese Aktivierung bei geringeren relativen Dehnungen erfolgen. Gleichzeitig bleibt das Betonbauteil selbst länger ungerissen, was für das Gebrauchslastniveau bei sehr dünnen Bauteilen angestrebt werden soll. Baupraktisch sollte die Risslast > 50 % der Bruchlast sein, um im GZG ungerissen und damit „steif“ zu sein. Dies kann durch eine Vorspannung der Carbonbewehrung erreicht werden.
Problematisch ist, dass Carbonbewehrungen extrem querdruckempfindlich sind und deshalb schlecht geklemmt werden können. Im Experiment werden daher Umlenkrollen als Lasteinleitungskonstruktionen verwendet. Damit kann die Kraft im Roving über Reibung verankert werden. Dieses Prinzip funktioniert sowohl mit einzelnen Rovings als auch mit flächigen Textilien und wird bei einer Spannbettvorspannung für 30 mm starke Textilbetonbretter erprobt. Bei Verwendung von Fäden mit verbessertem Verbund und ca. 30 % Fadenvorspannung wurde bei Vorspannung mit sofortigem Verbund kein erkennbarer Spannkraftabfall in einem Zeitraum von 60 Tagen festgestellt. Im Biegeversuch weisen die Versuchskörper ein extrem enges und fein verteiltes Rissbild auf und reagieren deutlich steifer als Vergleichskörper.
Die größten Spannkraftverluste traten beim Betonieren auf, da der nass werdende Faden einer größeren Relaxation unterliegt. Betrachtet man den Aufbau als Multifilamentbündel mit ca. 50.000 Einzelfilamenten, so ist dies nicht weiter erstaunlich. Verbesserungen könnten entsprechende Schutzhüllen oder dergleichen bringen.
Insgesamt erscheint diese Methode recht vielversprechend und auch für die Anwendung bei noch größeren Fadenquerschnitten mit 100 oder 200 k (200.000 Filamente) geeignet.