Teilprojekt D5
Korrosionsschutz von Beton- und Stahlbetonbauteilen bei Instandsetzung und Verstärkung mit textilbewehrtem Beton
Director
Viktor Mechtcherine
Institut für Baustoffe
Mitarbeiter
Dipl.-Ing. Matthias Lieboldt
Dipl.-Ing. Simone Hempel
Dipl.-Chem. Martina Götze
em. apl. Prof. Dr. rer. nat. habil. M. Schiekel
M. Sc. R. Barhum
Ziele
Zur Beurteilung der Schutzfunktion von textilbewehrtem Beton bei bautechnischen Verstärkungen und Instandsetzungen werden maßgebliche Transportmechanismen von flüssigen und gasförmigen schadensauslösenden Medien durch textilbewehrte Betonschichten untersucht. Experimente an ungerissenen und gerissenen textilbewehrten Betonen finden unter Beachtung von betriebsbedingten Expositionen und möglichen, nachzuweisenden Selbstheilungseffekten statt. Sie dienen der Ableitung analytischer Beziehungen zur Beschreibung von Transportvorgängen und der Beständigkeit der Verstärkungsschicht.
Bei der Anwendung textilbewehrter Betone zur Verstärkung bzw. Instandsetzung von Stahlbetonbauteilen sind Kenntnisse zu deren schützender Wirkung gegenüber chemischen und physikalischen Angriffen unabdingbar. Sowohl für gerissene als auch ungerissene Bereiche der textilbewehrten Verstärkungsschicht liegen weder zum Permeations- und Diffusionsverhalten gegenüber Flüssigkeiten und Gasen noch zur Wasseraufnahme sowie zum Eindringen bzw. zur Bindung von Chloriden und Sulfaten hinreichende Erkenntnisse vor. Bisherige Untersuchungen beschränkten sich auf die Ermittlung der Beständigkeit von AR-Glasfasern im alkalischen Milieu und der Dauerhaftigkeit des Faser-Matrix-Verbundes.
Im beantragten Teilprojekt wird die Schutzfunktion von textilbewehrtem Beton (engl.: Textile Reinforced Concrete – TRC) bei bautechnischen Verstärkungen und Instandsetzungen von Beton- und Stahlbetonbauteilen unter Berücksichtigung betriebsbedingter Expositionen beurteilt. Im Teilprojekt wird die Schutzfunktion von textilbewehrtem Beton (engl.: Textile Reinforced Concrete – TRC) bei bautechnischen Verstärkungen und Instandsetzungen von Beton- und Stahlbetonbauteilen unter Berücksichtigung betriebsbedingter Expositionen beurteilt. Dazu werden Experimente an ungerissenen und gerissenen TRC-Schichten durchgeführt, um die Permeation von Flüssigkeiten und Gasen sowie kapillare und Diffusionsvorgänge zu charakterisieren. Variationsparameter bei diesen Untersuchungen sind die Dicke der Verstärkungsschicht, Rissbreite und -verteilung, die Art der textilen Bewehrung und die Matrixzusammensetzung. Besondere Beachtung gilt dabei dem Stofftransport in den zahlreichen, feinen Rissen belasteter TRC-Verstärkungen unter Berücksichtigung von gegebenenfalls eintretenden und nachzuweisenden Selbstheilungseffekten der Matrix. Dazu werden an den Proben gezielt Rissbilder eingestellt, die charakteristischen Risszuständen aus spezifischen Betriebsbeanspruchungen entsprechen. In diesem Zusammenhang wird auch die Weiterleitung und Querverteilung von Flüssigkeiten und Gasen zwischen einzelnen Rissen durch die textile Bewehrung betrachtet.
Die Schutzwirkung bzw. der Widerstand textilbewehrter Betone gegenüber Karbonatisierung, Sulfatangriff und Chlorideinwirkung sowie bei Frost- und Frost-Tausalz-Beanspruchung wird im Sinne einer schadensorientierten Prüfung beurteilt. Die Experimente dazu erfolgen sowohl an separaten TRC-Prüfkörpern als auch an Bauteilen mit textilbewehrter Verstärkungsschicht unter Berücksichtigung von Rissbildungen.
Die Versuchsergebnisse sowohl zu den Transportvorgängen als auch zu der Schadensentwicklung werden hinsichtlich existierender Zusammenhänge geprüft. Aufbauend auf den ermittelten Transportfunktionen und Kennwerten wird ein Konzept zur Bewertung der Schutzwirkung von textilbewehrtem Beton erarbeitet. Dieses Konzept ermöglicht eine gezielte Auswahl von textilen Bewehrungen und Matrices sowie der Schichtdicke in Abhängigkeit von der vorliegenden Exposition und dem zu erwartenden Risszustand der Verstärkungsschicht.
Zusammenfassung ausgewählter Ergebnisse
Die Permeabilität des Beton bzw. der Verstärkungs- und Instandsetzungsschicht hat einen wichtigen Einfluss auf die Dauerhaftigkeit und korreliert mit dem Eindringverhalten von Gasen und Flüssigkeiten, welche schadauslösende Bestandteile enthalten können. Der Transport sowie die Aufnahme und Abgabe von flüssigen und gasförmigen Medien (Kapillarleitung, Permeation, Diffusion, Sorption, Osmose) in der Feinbetonmatrix werden maßgeblich durch die Charakteristik des Porensystems beeinflusst. Von weitaus höherer Bedeutung für den Medientransport sind die Transportwege durch Risse sowie durch die textile Bewehrung.
Das verwendete Verstärkungstextil beeinflusst im hohen Maß die kapillare Wasseraufnahme, bedingt durch das Hohlraumvolumen (Zwickel) zwischen den Filamenten innerhalb der Multifilamentgarne. Besonders ausgeprägt ist diese Eigenschaft bei unbeschichteten Strukturen. Bild 1 zeigt die flächenbezogene kapillare Wasseraufnahme in Richtung des Bewehrungstextils (parallel zu Plattenoberfläche) an prismatischen Prüfkörpern mit jeweils 4 Bewehrungslagen und variierender Garnfeinheit (Bewehrungsgehalt). Grundsätzlich führt eine höhere Feinheit der Multifilamentgarne in den Textilien mit gleichartiger Gitterstruktur (Maschenweite 7,2 mm) zu einer höheren Wasseraufnahme. Eine polymere Beschichtung der Textilien auf Basis von Styrol-Butadien mit Anteilen zwischen 2,7 und 4,6 M.-% bewirkte in den untersuchten Kombinationen eine Reduzierung der Wasseraufnahme zwischen 17 und 23 % im Vergleich zur jeweils zugehörigen unbeschichteten Variante. Die geringste Wasseraufnahme im Vergleich wurde beim Carbontextil beobachtet. Dies ist auf den hohen Polymeranteil (ca. 9,8 M.-%) und die niedrige Feinheit zurück zu führen.
Zur Beurteilung des Permeabilitätsverhaltens gegenüber Sauerstoff und Wasser in Abhängigkeit der Risscharakteristik sowie zu beliebigen Dehnungszuständen wurde eine Messzelle entwickelt und getestet, die die Bestimmung der Permeabilität eines Plattenprüfkörpers direkt (in-situ) unter axialer Zugbeanspruchung gestattet (Bild 2). Damit ist es möglich zu beliebigen Dehnungszuständen den Volumenstrom des Permeats während einer Belastung bzw. Verformung integral über eine größere Probenfläche zu messen.
Die Messzelle bildet in Verbindung mit der eingebauten Zugprobe
zwei druckdichte Kammern aus (Bild 3). Die Kammern werden
gebildet, indem zwei Halbschalen mit elastischem Dichtmaterial
(Silikon) an dem Zugprüfkörper fixiert werden. Der seitliche
Abschluss wird durch zwei Laschen hergestellt. Damit ist eine
kraftschlüssige Verbindung zwischen der mit Druck
beaufschlagten Seite und der drucklosen Seite (atmosphärischer
Druck) der Kammer gegeben.
Zur Einstellung eines stabilen Risszustandes bei den
Permeabilitätsmessungen erfolgt vor der In-situ-Messung ein
erster Belastungszyklus bis ca. 5 ‰ Dehnung (Zustand IIb,
Rissbildung weitgehend abgeschlossen) mit anschließender
Entlastung. Unter Berücksichtigung der bleibenden Dehnung wird
anschließend einer zweiter Belastungszyklus ausgeführt, bei dem
die Bestimmung der jeweiligen Volumenströme zu den
verschiedenen Dehnungsstufen erfolgt (siehe Schema in Bild 4).
Die Aufbringung der Zugbeanspruchung erfolgt weggesteuert mit
einer Dehnungsgeschwindigkeit von 0,1 %/min. Damit ist es
möglich, den Volumenstrom im stationären Zustand bei
verschiedenen Dehnungs- und Druckstufen unter konstanter
Rissanzahl zu ermitteln. Ein zusätzlicher Einfluss durch
Bildung neuer Risse kann durch die Art der Vorbelastung
weitgehend ausgeschlossen werden.
Bild 5 zeigt den Einfluss der Dehnung auf den
Sauerstoffvolumenstrom bei einer Druckdifferenz von 3 kPa am
Beispiel der Textilfeinheiten 1280 und 2400 tex, jeweils mit
und ohne Beschichtung. Ein höherer Bewehrungsgehalt (Textil- /
Garnfeinheit) sowie auch eine Polymerbeschichtung des Textiles
(Verbesserung des Verbundverhaltens zwischen Multifilamentgarn
und Matrix) hat eine feinere Risscharakteristik zur Folge. Eine
Steigerung der Rissanzahl führt zu einer Verringerung der
mittleren Rissbreite und damit zu einer Reduzierung der
Volumenströme.
Eine Teilserie der zur Messung der Gaspermeabilität verwendeten Prüfkörper wird nach Abschluss der Versuche auch zur Bestimmung der Wasserpermeabilität verwendet. Der Versuchsaufbau ist ähnlich dem der Gaspermeabilitätsmessungen (siehe Bild 3b). Die Probe wird hierzu einem konstanten Wasserdruck von 100 kPa ausgesetzt und die durchströmende Wassermenge zeitabhängig gravimetrisch erfasst. Zur Einstellung eines stationären Zustands wird der Zugprüfkörper vor Versuchsbeginn für mindestens 24 Stunden unter Druck mit Wasser gesättigt. Ebenso sind zusätzlich nach dem Einstellen der gewünschten Dehnungsstufen Anpassungszeiten von jeweils 2 bis 4 Stunden erforderlich bis ein quasistationärer Volumenstrom eintritt. Während dieser Sättigungsphase ist ein starker Abfall des Volumenstromes über der Zeit zu verzeichnen. Dies ist vorwiegend auf eine fortschreitende Sättigung unter Druck und auf Quelleffekte der Zementsteinmatrix zurück zu führen. Mit zunehmenden Dehnungsniveau sind längere Anpassungszeiten notwendig (vgl. Bild 6).
Den Einfluss der Dehnung auf den Wasservolumenstrom durch TRC, bewehrt mit vier verschiedenen Textilien, zeigt Bild 7. Die Steigerung der Transportraten als Funktion der Dehnung verhält sich analog zu denen der Gaspermeabilitätsmessungen. Ab einer Dehnung von 0,2 % erfolgt eine überproportionale Zunahme der Transportraten. Die Proben mit einem höheren Bewehrungsgehalt und feinerer Risscharakteristik zeigen erwartungsgemäß einen niedrigeren Durchfluss. Derzeit werden auf Basis der Versuchsergebnisse mit verschiedenen Bewehrungskonfigurationen physikalisch begründete Modelle entwickelt, die den dehnungsabhängigen Volumenstrom unter Sauerstoff- und Wasserdruckbeaufschlagung beschreiben.
Im Anschluss an die In-situ-Wasserpermeabilitätsmessungen wurden die Proben in der Messzelle belassen und in Zeitintervallen von 7 Tagen erneut einer Permeabilitätsmessung unterzogen, um den Einfluss von Selbstheilungseffekten zu untersuchen. Bild 8 zeigt eine weitergehende Reduzierung der Transportraten durch die TRC-Proben. Bereits nach 14 Tagen Wasserkontakt verringerte sich der Durchfluss auf unter 50 % des Anfangswertes. Nach insgesamt 21 bis 35 Tagen konnte kein Durchfluss mehr bei einem Prüfdruck von 100 kPa bestimmt werden. Um Quelleffekte auszuschließen wurden an den getrockneten Proben abschließend Sauerstoffpermeabilitätsmessungen durchgeführt. Die Permeabilität reduzierte sich auf vergleichbar niedrige Werte, welche an den ungerissenen Proben vor der Erstbelastung bestimmt wurden.
Ergänzende Untersuchungen im ESEM (Environmental Scanning Electron Microscope) bestätigen, dass sich neue kristalline Formationen (CaCO3, auch Calcit) in den feinen Rissen mit einer Weite von 5 bis 20 µm gebildet haben. Durch diese Gefügeveränderung wird der durchströmbare Rissquerschnitt verringert oder vollständig verschlossen (Bild 9). Dieser Effekt ist vorwiegend auf die Bildung von Calcit und durch teilweisen Verschluss mit Feinststoffen (Bruchpartikeln) zwischen den Risswandungen sowie ggf. durch neue Reaktionsprodukte infolge fortschreitender Hydration der bindemittelreichen Matrix zurück zu führen.
Veröffentlichungen
2010
- Lieboldt, M., Mechtcherine, V., Hampel, U.: Protective behavior of Textile Reinforced Concrete (TRC) in the repair and strengthening of structural concrete members. In: Proc. ACI Spring Convention 2010, Chicago, 2010
- Lieboldt, M., Mechtcherine, V.: ”Transport of Liquids and Gases through Textile Reinforced Concrete“; in: W. Brameshuber (Ed.) International RILEM Conference on Material Science, volume I: Textile Reinforced Concrete (2nd ICTRC), RILEM Proceedings PRO 77, RILEM Publications S. A. R. L., Bagneux (France), 2010, p. 343-351.
- Lieboldt, M., Mechtcherine, V.: Multiple cracking in textile reinforced Concrete and its effect on the transport of water and gases. In: Proceedings of the Second International Symposium on Service Life Design for Infrastructure – SLD 2010, 4-6 October 2010, Delft, The Netherlands, published by RILEM Publications s.a.r.l., 2010, p.107-114
2009
- Lieboldt, Matthias; Mechtcherine, Viktor: “Medientransport durch Verstärkungsschichten aus textilbewehrtem Beton” in: Textilbeton – Theorie und Praxis, Tagungsband zum 4. Kolloquium zu textilbewehrten Tragwerken (CTRS4) und zur 1. Anwendertagung. Dresden, 03.06-05.06.09, TU Dresden, SFB 528, Hrsg M. Curbach und F. Jesse, S.185-196
2008
- M. Lieboldt, R. Barhum, V. Mechtcherine: Effect of cracking on transport of water and gases in textile reinforced concrete. In: T. Tanabe et.al. (eds.): Proceedings of 8th International Conference on Creep, Shrinkage and Durability Mechanics of Concrete and Concrete Structures – CONCREEP-8, Taylor & Francis Group, London, 2008, pp. 199-205
- Rabea Barhum, Matthias Lieboldt, Viktor Mechtcherine: Transport of water and gases in crack-free and cracked textile reinforced concrete. International Conference on Concrete Repair, Rehabilitation and Retrofitting II – ICCRRR 2008; 24.-26. November 2008, Cape Town, South Africa, p. 111-112 ed. by M. G. Alexander, H. Beushausen, F. Dehn, P. Moyo, published by Taylor & Francis Group, London
2007
- V. Mechtcherine, M. Lieboldt: Effect of cracking on air-permeability and water absorption of Strain Hardening Cement-based Composites. In H.-W. Reinhardt and A. Naaman (eds.): RILEM-Symposium on High-Performance Fibre Reinforced Cementitious Composites HPFRCC5, RILEM PRO 53, 2007, pp. 305-312
- Mechtcherine, Viktor; Lieboldt, Matthias; Altmann, Frank: “Preliminary tests on air-permeability and water absorption of cracked and uncracked strain hardening cement-based composites“, International RILEM Workshop on transport mechanisms in cracked concrete, 7 September 2007, Ghent, Belgium, pp. 55-66