Bruchfestigkeit einer Glockenkrone
Inhaltsverzeichnis
Projektdaten
Titel | Title Bruchfestigkeit einer Glockenkrone | Load bearing capacity of a bell crown Auftraggeber | Client G. Donath, Dombaumeister Meißen Zeitraum | Period 09.2010 Leiter | Project Manager Dr.-Ing. Torsten Hampel Projektpartner | Project Partners Prof. Dr.-Ing. A. Nietzold Durchführung | Project Executors Ludwig Beier, Tino Jänke, Heiko Wachtel |
Bericht aus dem Jahrbuch 2010
Bruchfestigkeit einer Glockenkrone
Im Herbst 2010 wurde ein ganz besonderes Bauteil im Otto-Mohr-Laboratorium untersucht: die neue Krone für die Johannesglocke des Meißner Doms. Die 1929 gegossene Johannesglocke hat einen Durchmesser von 220 Zentimetern, wiegt fast 8.000 kg und gilt unter Fachleuten als die figurenreichste der Welt. Sie war 1977 in den Nordwestturm abgestürzt und hatte sich im Glockenturm verkeilt. Nachdem sie provisorisch wieder aufgehängt worden war, erklang sie aus Sicherheitsgründen nur noch für wenige Minuten zu hohen kirchlichen Feiertage. Im Zuge der Restaurierungsarbeiten sollte die Glocke eine neue Krone erhalten, damit sie vielleicht schon zu Weihnachten 2010 in voller Pracht erklingen kann.
Im April 2010 war die neue Krone nach einem historischen Verfahren gegossen worden. Allerdings hatte man bei der Untersuchung der Glockenkrone mit Röntgenstrahlen, Ultraschall und Isotopenstrahlung kleine Hohlräume in den Evangelisten festgestellt. Solche Fehlstellen sind nicht ungewöhnlich bei derartigen, geometrisch aufwändigen Formen. Um aber deren Einfluss auf die Tragfähigkeit der Glockenkrone abschätzen zu können, sollte diese im Otto-Mohr-Labor einem Belastungstest unterzogen werden. Völlig vermeiden kann man diese kleinen Lufteinschlüsse nämlich nicht, da es bei dem angewandten Gießverfahren immer zur Lunkerbildung kommen wird.
Belastungsregime und maximale Belastungshöhe wurden in Absprache mit dem Auftraggeber festgelegt. Die Last sollte entsprechend der realen Situation im Bauwerk eingeleitet werden. Dort werden die vier Apostel durch hohe Zugkräfte beansprucht. Im Labor wurde dazu die Grundplatte der Glockenkrone auf dem Aufspannfeld verankert. Über der Krone wurde ein Rahmen aus Stahlprofilen konstruiert, der als Widerlager dient. Mit vier synchronisierten Pressen wurden dann gleichzeitig Zugkräfte in das horizontale Kreuz der Glockenkrone eingetragen.
In einem ersten Schritt wurde die Last bis zum zuvor vereinbarten Grenzwert von 350 kN bzw. 87,5 kN je Presse gesteigert. Diese Laststufe wurde problemlos ohne Beschädigung des zu untersuchenden Bauteils erreicht. Daraufhin wurde eine zweite Belastung vereinbart, bei der die Pressen mit jeweils 250 kN direkt gegen die Joche drückten. Dabei sollte die Glockenkrone bis zum Bruch belastet werden. Auch dieser Test verlief problemlos und es konnte nachgewiesen werden, dass die Gusskrone trotz der diagnostizierten Fehlstellen ein Vielfaches der erforderlichen Bruchlast ertragen konnte.