May 02, 2025
#Fact Friday: Gisèle Pelicot

Giséle Pelicot
Massenvergewaltigung und der Prozess: Wie Gisèle Picot zum feministischen Symbol wurde
Triggerwarnung
Dieser Post enthält sensible Themen. Wenn du von Vergewaltigungen, Gewalt, Betäubung, Mord und ähnlichen Themen getriggert wirst, solltest du diesen Post vielleicht nicht lesen.
Was geschah?
Gièle Picot wurde von ihrem Ehemann Dominique Picot jahrelang ohne ihr Wissen mit Medikamenten betäubt und von ihm sowie von 80 weiteren Männern über 200 mal vergewaltigt. 2020 wurde der Prozess der “Vergewaltigungen von Mazan” aufgrund von Videomitschnittfunden begonnen.
Um ein feministisches Statement zu setzen, bat Gisèle Pelicot um einen öffentlichen Gerichtsprozess: “Das Schamgefühl muss die Seiten wechseln.”
Dominique Pelicot
Domunique Pelicot wurde 1952 geboren und arbeitete als Elektriker, Immobilienmakler und im Vertrieb für Brandmeldetechnik. Seine spätere Frau Gisèle lernte er 1971 kennen, 1973 heirateten sie. Das Ehepaar hat 3 Kinder und mittlerweile 7 Enkel.
D. Pelicot gibt an, als Kind vergewaltigt wurden zu sein. Vor seiner schrecklichen Tat war er bereits mehrfach angeklagt wurden. Er stand schon wegen Vergewaltigung und versuchter Vergewaltigung vor Gericht. Weiterhin wurde er des Upskirtings (Fotografieren unter Röcke) angezeigt und ebenfalls die Vergewaltigung und Ermordung von Sophie N. im Jahr 1991 wird ihm zugeschrieben. Leider konnten ihm dieses Verbrechen nicht gerichtlich nachgewiesen werden.
Die Vergewaltigungen an seiner Frau wurden publik, nachdem er 2020 erneut wegen Upskirting in einem Supermarkt verhaftet wurde. Als es zur Anklage kam, wurde sein Computer durchsucht über 20.000 Dateien an Bild- und Videomaterial von Vergewaltigungen gefunden. Weiterhin wurden Aktivitäten auf der Website coco.gg festgestellt, eine Seite, auf der sich Menschenhändler, Pedophile und Kriminelle austauschen, in denen D. Pelicot Fremde einlud, seine bewusstlose Frau zu vergewaltigen. Weiterhin prahlte er mit seinen Taten.
Die Tat
Nachedem das Beweismaterial gesichtert wurde, gab D. Pelicot 2024 vor Gericht zu, sein Frau wiederholt betäubt, vergewaltigt und fremden Männern zur Vergewaltigung angeboten zu haben. Über neun Jahre - von 2011 bis 2020 - soll G. Pelicot wiederholt von ihrem Ehemann, sowie mehr als 80 weiteren Männern vergewaltigt wurden sein. Die Taten wurden fotografiert, gefilmt und nach Datum geordnet. Auch Bilder seiner Tochter und Schwiegertochter, ebenfalls betäubt, ließen sich auf dem Computer finden. Seine Schwiegertochter war auf einigen der Bilder schwanger.
Weiterhin leitete D. Pelicot die Mittäter an, ihre eigenen Frauen auf diese Weise zu vergewaltigen. Diese über 80 weiteren Männer waren zwischen 21 und 68 Jahre alt und zeigten “einen gesellschaftlichen Querschnitt”. EInige hatten einen hohen, andere einen niedrigen Bildungsgrad, einige waren selbst verheiratet mit Kindern oder Enkelkindern, einige vorbestraft, andere arbeitslos. Einige hatten sich mehrfach an G. Pelicot vergangen. Nur zwei Männern haben das Haus verlassen, als sie eine bewusstlose Frau vorfanden. Zur Polizei ging niemand.
Das Motiv
Psychologische Spekulationen oder Fremddiagnosen über Dominique Pelicos Geisteszustand sind an dieser Stelle unpassend, während die Schuld auf das Patriarchat per se zu schieben, unzureichend ist und die Täter in eine passive Position drängt. Über Gründe für das Motiv kann man nur spekulieren, jedoch gab Dominique Pelicot im Prozess an:
“Ich wollte eine unbeugsame Frau unterwerfen.” -Dominique Pelicot
Dieser Satz zeigt nicht nur die Werte des Täters und seine Ansichten zu Frauen und dass er sich als Mann dazu befähigt und genötigt sieht, Frauen zurechtzuweisen und in untergeordnete Positionen zu drängen, sondern auch, was er von seiner eigenen Ehefrau als Person und Individuum denkt.
Die Offenbarung dieser Denkweise ist falsch, eklig, sexistisch und menschenverachtend.
Der Prozess
Hingegen der ursprünglichen Entscheidung, den Prozess, der sehr sensible und private Details erläutert, unter Ausschluss der Öffentlichkeit abzuhalten, entschied sich G- pelicot dafür, alle Verhandlungen und Beweise öffentlich zugänglich zu machen. “Der Scham soll die Seiten wechseln”, sagte sie dazu.
D. Pelicot, der wegen Vergwaltigung, Betäubung sowie Aufnahme und Verbreitung von Bildern mit sexuellen Inhalten schuldig gesprochen und bekam die französische Höchststrafe von 20 Jahren Gefängnis. Auch die über 50 Mitangeklagten (nicht alle Vergewaltiger konnten zweifelsfrei identifiziert werden) wurden schuldig gesprochen und erhielten Haftstrafen von drei bis 15 Jahren.
Der Prozess, mit über 200 Vergewaltigungen und mehreren betäubten Opfern, und G. Pelicots Entscheidung eines öffentlichen Prozesses löste ein großes gesellschaftliches Echo aus.
Gesellschaftliche Reaktion
G. Pelicots Entscheidung für einen öffentlichen Prozess war ein wichtiger Schritt in der #MeToo-Bewegung und in Solidarität mit dem/ Opfer(n) gab es in ganz Frankreich, sowie weltweit Demonstrationen. Viele Menschen demonstrieren für die Betroffenen sexualisierter Gewalt und zeigen damit, warum Feminismus auch 2024 bzw. 2025 noch ein wichtiges Thema ist. Die Tatsache, dass über 80 eine Frau unbewusst über 200 Mal in 10 Jahren vergewaltigen können, ist Beweis genug, dass wir noch keine Gleichstellung erreicht haben.Und auch die empörten Gegenrufe, die vermehrt online auf “Not all men” hinweisen, zeigen, dass Gleichstellung noch nicht in allen Köpfen angekommen ist.
Gisèle Pelicot gilt in vielen Augen als Heldin, die mutig gehandelt hat und sich gegen sexualisierte Gewalt einsetzt. Zurecht wird sie in vielen Kunstwerken verewigt.
Und jetzt?
Der Prozess hat nicht nur die Familie Pelicot entzweit, was Tochter Carolin Darian in ihre Buch „Ich habe aufgehört, dich Papa zu nennen: Wenn die chemische Unterwerfung eine Familie trifft“ (Et j’ai cessé de t’appeler Papa : Quand la soumission chimique frappe une famille) beschreibt, sondern auch für Sensibilisierungen von übergriffigen Verhalten im familiären Kontext gesorgt.
Der Prozess, so grausam die Tat auch war und so mutig die Geschädigte auch gehandelt hat, wird nicht zum augenblicklichen Umdenken und zur Gleichstellung der Geschlechter führen. Im Gegenteil, solche menschenverachtenden Taten zeigen meist nur, wie abgestumpft und tolerant gegenüber Frauenhass die Gesellschaft ist.
Dennoch hat Gisèle Pelicot ein wichtiges Zeichen gesetzt, Mut bewiesen und dem #MeToo-Movement zu mehr Aufmerksamkeit verholfen. Sie hat gezeigt, dass jede Frau - unabhängig von Alter, Familienstand oder gesellschaftlicher Stellung - von sexualisierter Gewalt betroffen sein kann und er Prozess veranschaulichte, dass jeder Mann - unabhängig von Alter, Familienstand, Beruf oder gesellschaftlicher Stellung - Täter sein kann.
Quellen
[1] https://www.ndr.de/kirche/sendungen/Gisele-Pelicot-Nicht-wir-sollten-uns-schaemen-sondern-sie,prozess9270.html
[2] Lea Fauth: Pelicot-Prozess und Rape Culture: Der Vergewaltiger sind wir. In: Die Tageszeitung: taz. 14. Dezember 2024
[3] Annika Joeres, Thit Thyrring: Vergewaltigungsprozess in Avignon: Einige Männer kamen immer wieder vorbei, zweimal, dreimal, achtmal. In: Die Zeit. 12. September 2024
[4] Kim Willsher: Man accused of enlisting strangers to rape drugged wife goes on trial in France. In: The Guardian. 2. September 2024
[5] Linda Hervieux: Mass rape trial in France sheds light on what women say is a ‘rape culture’. In: nbcnews.com. 17. September 2024
[6] Angelique Chrisafis: A soldier, a nurse, a lorry driver and dozens more: who are the men accused over rape and assault of Gisèle Pelicot? In: The Guardian. 23. Oktober 2024
[7] https://www.spiegel.de/panorama/justiz/gisele-pelicot-spricht-exmann-an-wie-konntest-du-diese-menschen-in-unser-haus-lassen-a-c6945dec-5de2-4447-b3a7-4ce5f8704e00
[8] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/prozess-pelicot-100.html
[9] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/kriminalitaet