31.05.2024
#FactFriday: Feministische Stadtplanung
Städte werden überwiegend von Männern geplant, wodurch die Bedürfnisse von Frauen oft vernachlässigt werden. Ein virales TikTok-Video veranschaulicht männliche Privilegien, indem Frauen antworten, dass sie nachts spazieren gehen würden, wenn für 24 Stunden keine Männer anwesend wären. Feministische Stadtplanung hat das Ziel, Städte für alle gleichermaßen lebenswert zu gestalten. Der Mangel an öffentlichen Toiletten betrifft besonders Menschen mit kleinen Kindern, Behinderungen oder menstruierende Personen. FLINTA fühlen sich an schlecht beleuchteten Orten häufig unsicher. Geschlechtsspezifische Voreingenommenheiten sind auch in der Gestaltung von Sportplätzen erkennbar. Die Stadt Umeå in Schweden hat durch die Einführung reservierter Zeiten für Mädchen und Frauen auf Sportplätzen gezeigt, dass gezielte Maßnahmen zu einer gleichberechtigten Nutzung führen können.
Die Stadtforscherin Mary Dellenbaugh-Losse stellt fest, dass Frauen, die im öffentlichen Nahverkehr belästigt werden, oft nicht ernst genommen werden. Dies spiegelt sich im Stadtbild wider, etwa durch schlecht beleuchtete Straßen und verwinkelte Unterführungen, die das Sicherheitsgefühl beeinträchtigen. Laut einer BKA-Studie aus dem Jahr 2020 meiden über die Hälfte der befragten Frauen nachts bestimmte Orte und den öffentlichen Nahverkehr. Feministische Stadtplanung zielt darauf ab, solche Angsträume zu beseitigen und durch bessere Beleuchtung, offenen Städtebau und mehr Sicherheitspersonal ein Gefühl der Sicherheit für alle zu schaffen.
Mobilität
Mobilitätsmuster unterscheiden sich deutlich zwischen Frauen und Männern, was eine angepasste Verkehrsplanung erfordert. Männer nutzen häufiger das Auto und legen längere, lineare Strecken zurück. Frauen hingegen sind oft zu Fuß oder mit dem öffentlichen Nahverkehr unterwegs und bewältigen viele kurze Wege in Wohnortsnähe. Die Stadtplanung sollte Wohnviertel besser mit sozialer Infrastruktur wie Kindergärten, Supermärkten und Arztpraxen verknüpfen, um diese fußläufig erreichbar zu machen. Menschen, die Care-Arbeit leisten, meist Frauen, haben besondere Mobilitätsbedürfnisse: Sie benötigen breitere Gehwege und mehr abgesenkte Bordsteine.
Wien als Vorreiter
Seit 20 Jahren betreibt Wien eine geschlechtersensible Stadtplanung, die folgende Aspekte in den Vordergrund stellt:
- Bedürfnisse von Fußgängern: Rampen, breite Gehwege für Kinderwagen und Rollstühle, Komfort und Verkehrssicherheit.
- Sicherheitsgefühl: Offene Wege, kurze Hecken, beleuchtete Straßen und Wohnungsbau.
- Anpassung der Parks: Speziell für Mädchen durch mehr Angebote wie Volleyball- und Badmintonplätze.
Das Konzept der 15-Minuten-Stadt bedeutet:
- Alltagswege in weniger als 15 Minuten: Zu Fuß, mit dem Fahrrad oder öffentlichen Nahverkehr.
- Nähe zu Einrichtungen: Supermärkte und Arztpraxen sollen nah an Wohngebieten angesiedelt sein.
Antirassismus & Intersektionaler Feminismus
Franca Alero Kuyatsemi betont, dass feministische Stadtplanung über breitere Gehwege hinausgehen und intersektional betrachtet werden muss. Da viele Frauen zusätzlich zu ihrem Geschlecht weiteren marginalisierten Gruppen angehören, müssen Antirassismus und Feminismus zusammengeführt werden. Intersektionaler Feminismus berücksichtigt soziale Kategorien wie Geschlecht, Hautfarbe, Ethnizität, Alter, Klasse und Behinderung, die sich überschneiden und Diskriminierung verstärken können. Intersektionalität zielt darauf ab, die Bedürfnisse aller marginalisierten Menschen zu berücksichtigen und privilegiertere Bevölkerungsgruppen dazu zu bringen, sich für deren Rechte einzusetzen.
Zusammenfassung
Die Einbeziehung betroffener Gruppen bereits im Planungsprozess ist entscheidend. Der soziale Aspekt ist essenziell, da Stadtplanung Inklusion fördern kann. Es geht darum, verschiedene Gesellschaftsgruppen in neuen Quartieren zusammenzubringen, um den Austausch zu ermöglichen. Ein intersektionaler Ansatz kann die Bedürfnisse marginalisierter Gruppen repräsentieren, ohne Männer auszuschließen, sondern indem neue Perspektiven einbezogen werden. Ziel ist eine Stadt, von der alle profitieren!
Quellen:
[1] Lea Bongers (26.03.2024): https://www.nrwjusos.de/stadt-fuer-alle-was-eine-feministische-stadplanung-bedeuten-kann/
[2] Helmi Krappitz und Henriette de Maizière (04.05.2024): https://www.zdf.de/nachrichten/wissen/feministische-stadtplanung-mobilitaet-konzept-100.html
Weiterführende Empfehlung:
„Bauen für Frauen – geschlechtergerechte Stadtplanung“ - Frauentagsveranstaltung 2024 (Landtag Brandenburg): https://www.youtube.com/watch?v=J-mxlHUTa-c