Abstracts zum Inputvortrag und den Workshops des Fachtags "Sprachsensibel unterrichten"
Inhaltsverzeichnis
INPUTVORTRAG: Förderung von Argumentationskompetenz im sprachsensiblen Fachunterricht
mit JProf. Dr. Inger Petersen (Germanistisches Seminar, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel)
Ein wesentliches Element des sprachsensiblen Fachunterricht ist die Verknüpfung von fachlichem und sprachlichem Lernen und „die in den Unterricht integrierte, gezielte sprachliche Unterstützung der Schülerinnen und Schüler“ (Woerfel & Giesau, 2018, o.A.). Eine sprachliche Handlung, die anspruchsvoll ist und gleichzeitig fächerübergreifend als Lernmedium, Lerngegenstand und Lernergebnis fungiert, ist das (mündliche und schriftliche) Argumentieren. Seine Bedeutung für den Unterricht verschiedenener Fächer zeigt der Blick in curriculare Vorgaben, wo argumentative Fähigkeiten entweder als wesentliche Kompetenzdimension (z.B. die Bildungsstandards für Mathematik, Primar- und Sekundarstufe) oder als Subdimensionen der Kommunikation (z.B. die Bildungsstandards für Biologie, Chemie, Physik, Sekundarstufe) verschiedener Fächer und Altersstufen aufgeführt werden. Gleichzeitig ist das Argumentieren eine komplexe sprachliche Handlung, die aus mehreren Teilaufgaben besteht, z.B. sich zu positionieren oder Gegenargumente einzuräumen und zu entkräften. Darüber hinaus liegen empirische Belege für einen Effekt von argumentativen Kompetenzen auf die Noten in den Kernfächern Deutsch und Mathematik vor (Domenech/Krah/Hollmann 2017). Die Förderung von Argumentationskompetenz ist somit bedeutsam für den Unterricht in allen Fächern. Auch wenn sich aus sprachdidaktischer Perspektive die jeweilige Fachspezifik des Argumentierens bisher weitestgehend unerforscht zeigt, liegen dennoch bereits einige Konzepte zur Förderung von fachspezifischer Argumentationskompetenz vor.
In diesem Vortrag sollen zunächst theoretische und empirische Grundlagen für den schulischen Erwerb von Argumentationskompetenz referiert werden. In einem zweiten Teil werden am Beispiel der gesellschaftwissenschaftlichen Fächer praktische Beispiele für die Förderung fachspezifischer mündlicher und schriftlicher Argumentationskompetenz aufgezeigt.
Literatur
Domenech, Madeleine/Krah, Antje/Hollman, Jelena (2017): Entwicklung und Förderung argumentativer Fähigkeiten in der Sekundarstufe I: Die Relevanz familiärer Ressourcen. In: Bildung und Erziehung, 70(1), 91-107.
Woerfel, Till/Giesau, Marlis (2018). Sprachsensibler Unterricht. Köln: Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache (Basiswissen sprachliche Bildung). Verfügbar unter: https://www.mercator-institut-sprachfoerderung.de/de/themenportal/thema/sprachsensibler-unterricht/ [26.11.2019]
Workshop 1: SCHULENTWICKLUNG
mit Juliana Dressel-Zagatowski (Schulleitung 101. Oberschule „Johannes Gutenberg“ Dresden) und Dr. Frank Beier (Zentrum für Lehrerbildung, Schul- und Berufsbildungsforschung, TU Dresden)
Welche Rolle spielt sprachsensibles Unterrichten bei der derzeit notwendig gewordenen Schulentwicklung in Dresden und in Sachsen? Wie kann das Lehrerkollegium ein gemeinsames Verständnis für die Notwendigkeit des Fachunterrichts als Sprachunterricht entwickeln?
Im Workshop sollen Vorerfahrungen der 101. OS als Ausgangspunkt für eine mögliche modellhafte Entwicklung dienen: Sprachsensibles Unterrichten wird als durchgängiges Prinzip verstanden, das quer durch alle Klassenstufen und Fächer Anwendung findet. Ausgangspunkt der Arbeit im Workshop bildet ein Impulsvortrag zum dem Thema „Sprache und Unterricht“ von Dr. Frank Beier, anschließend berichtet Frau Dressel-Zagatowski über die Herausforderungen und Lösungsansätze an der 101. OS. Anschließend findet ein gemeinsamer Erfahrungsaustausch statt.
Workshop 2: LEISTUNGSERMITTLUNG UND -BEWERTUNG
mit Dr. Carolin Eckardt (Zentrum für Integrationsstudien, TU Dresden), Ina Schamschurko (BSZ für BSZ für Dienstleistung und Gestaltung, Dresden) und Solveig Schröder (BSZ für Elektrotechnik, Dresden)
Die Diagnose und Bewertung der Leistungen von Schülerinnen und Schülern zählt zum (oft unliebsamen) Kerngeschäft des Lehrer*innenberufs. Die Unsicherheiten sind gerade in multilingualen Lerner*innengruppen groß: Wie kann ich Leistung auch bei großer sprachlicher Verschiedenheit der Schülerinnen und Schüler so ermitteln und bewerten, dass ich individuelle Lernausgangslagen berücksichtige und es gleichzeitig gerecht zugeht?
Der Rahmen scheint das Vorgehen festzulegen: Die Schulordnungen verpflichten die Lehrerinnen und Lehrer zur Erhebung von schriftlichen, mündlichen und praktischen Leistungsnachweisen. Und diese bestehen aus Aufgabenstellungen, die überprüfen helfen sollen, inwieweit ein Schüler oder eine Schülerin „die Anforderungen der im Lehrplan festgelegten Ziele und Inhalte“ (§ 22 (1) BSO) erfüllt.
Im Workshop werden diese zentralen Praktiken der Aufgabenstellung genauer unter die Lupe genommen. In zwei Schritten werden sie als Gegenstand eines sprachsensiblen Unterrichtens zum Thema gemacht: Anhand der praktischen Arbeit mit typischen Operatoren – als dem inneren Kern von Aufgabenstellungen – soll reflektiert werden, inwieweit die von den Schüler*innen erwarteten „geistigen Tätigkeiten und Lösungsdarstellungen“ (KMK Sachsen 2008, 2) mit Anforderungen speziell auch an das sprachliche Handeln verbunden sind. Wie können diese oft implizit bleibenden sprachlichen Normen in der Leistungsermittlung und -bewertung transparent gemacht und auch zum Gegenstand von Lernprozessen werden? In einem zweiten Schritt wird die äußere Gestaltung von Aufgabenstellungen mit Blick auf typische Barrieren diskutiert: Wie ist eine Aufgabe formuliert, wie visualisiert? Wie sieht eine sprachsensible Aufgabengestaltung aus?
Gerahmt wird der Workshop durch einen schulartenübergreifenden Blick auf die schulrechtlichen Verhältnisse der Leistungsermittlung und -bewertung in mulitlingualen Schüler*innengruppen. Sie soll Orientierung geben: Was muss, was darf ich als Lehrer*in eigentlich tun?
Zum Workshop herzlich eingeladen sind Lehrerinnen und Lehrer sowie Lehramtsstudierende aller Schularten.
Workshop 3: SPRACHEN(N) SPÜREN
Ein literarisch-ästhetischer Umgang mit Sprache als Baustein eines sprachsensiblen Unterrichts
mit Dr. Michael Dobstadt (Professur Deutsch als Fremdsprache, TU Dresden) und Ezé Nikiema (freier Musiker)
Der Workshop beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit kulturell-ästhetische Praktiken im DaZ-Kontext genutzt werden können, um Sprachvermittlung und Spracherwerb zu begünstigen. Als Beispiel dienen hier Konzepte und Überlegungen zum Einsatz von Literatur und Musik.