Peggy Froese
Projektbeschreibung
'Die Welt um 1800': Gender und Risiko in Historischen Romanen deutschsprachiger Autorinnen im 19. Jahrhundert
Das Promotionsvorhaben betrachtet aus genderwissenschaftlicher Perspektive die narrative Bearbeitung von Risikohandeln im Vergleich mit zeitgenössischen diskursiven Beschreibungen des Männlichen und Weiblichen im Historischen Roman.
Davon ausgehend, dass um 1800 im Zuge der revolutionären Veränderungen und kriegerischen Auseinandersetzungen die Geschlechterfrage erneut in den Focus des wissenschaftlichen Interesses geriet, sollen zunächst französische und deutsche Geschlechtertheorien analysiert werden.
Maßgeblich für die Untersuchung ist dabei der zentrale Rückgriff der Diskurse auf das Risikonarrativ, welches sich in einem exklusiv männlichen Handlungsumfeld entwickelte und dessen ideologische Semantisierung bis heute in einer metonymischen Operation auf diese Entstehung rekurriert. Subjektautonomie und instrumentelle Rationalität sind grundlegende Voraussetzungen der bewussten Handlungsentscheidung. Risiko war (und ist) demnach geschlechtlich kodiert. Die semantischen Entsprechungen des Risikobegriffes prägen den Geschlechterdiskurs des 19. Jahrhunderts in besonderem Maße und Risiko wird zum Kerndispositiv der Geschlechterdifferenz.
Da Frauen an dieser Diskursproduktion nicht beteiligt waren, analysiert das Promotionsvorhaben anschließend ausgewählte literarische Schriften von Autorinnen des 19. Jahrhunderts. Der Rückgriff auf die Geschichte sowohl von den Schriftstellerinnen, wie auch innerhalb der Geschlechterdiskurse, lenkt den Blick auf die Historischen Romane und deren narrative Verarbeitung des genderfizierten Risikoverhaltens. Ausgehend von den besonderen soziokulturellen Umständen des frühen 19. Jahrhunderts und der begleitenden Emanzipationsbewegung seit Beginn der Französischen Revolution können die Historischen Romane deshalb als „Spiegel ihrer Zeit“ einen neuartigen Blick auf die Abenteuerlust und das ‚Handeln unter Unsicherheit‘ fiktionaler Figuren ermöglichen. Inwiefern dabei die geschlechterstereotypen Risikovorstellungen affirmativ oder kritisch bedient, oder die Stereotype aufgebrochen und neu diskutiert werden, soll zentraler Untersuchungsgegenstand der Literaturanalyse sein.
Methodisch beruht das Projekt auf drei Säulen: Niklas Luhmanns Risikobegriff liegt der Untersuchung als Metatheorie zu Grunde. Dieser wird mit der symbolischen Raumtheorie des strukturalistischen Literaturtheoretikers Jurij Lotmann verknüpft. Beide Konstrukte können durch die gendersensible Vorstellung von Immanenz und Transzendenz von Simone de Beauvoir ergänzt werden, deren Genderbegriff selbst aber nicht Grundlage der Untersuchung sein soll. Dieser wird vielmehr als ein Geschlechterkonstrukt begriffen, welches im Doing‑Gender habitualisiert und dabei massiv von kulturellen Texten mitgetragen wird.
Der literaturwissenschaftliche Zugang ist ein funktions- und kulturgeschichtlicher.
Kurz-CV
Studium Germanistik: Literatur- und Kulturwissenschaft und Geschichte an der TU Dresden (2007-2013); Abschluss: Master of Arts (2013; 1,4); derzeit in Elternzeit
Publikationen Und Vorträge
Publikationen:
Risiko und Vertrauen im historischen Roman um 1850 in Louise Otto-Peters‘ Nürnberg. In: Loster-Schneider, Gudrun u.a. (Hg.): GenderGraduateProjects I: Geschlecht – Fürsorge – Risiko. Leipzig 2015, S. 181-201.
"Ich bin eine begeisterte Anhängerin dieser Baubrüder, und ärgere mich doch über sie, daß sie keine Frauen unter sich dulden": Zur literarischen Verarbeitung freimaurerischer Netzwerkstrukturen in Louise Otto-Peters Nürnberg-Roman. In: LOUISEum 36. Leipzig 2015, S. 50-69.
Tagungsbericht: Kontinuität und Wandel von Vorsorgeregimen und Risikodebatten, 20.11.2015 – 21.11.2015 Freiburg im Breisgau. In: H-Soz-Kult, 05.03.2016, <www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-6429>
Gender-Transgressionen um 1800? Literarische Adaptionen der Attentäterin Charlotte Corday aus risikotheoretischer Perspektive. In: Loster-Schneider, Gudrun u.a. (Hg.): GenderGraduateProjects III: Grenzen, Grenzgänge, Transgressionen, Leipzig 2018, S. 163-191.
Vorträge:
"Ich bin eine begeisterte Anhängerin dieser Baubrüder, und ärgere mich doch über sie, daß sie keine Frauen unter sich dulden": Zur literarischen Verarbeitung freimaurerischer Netzwerkstrukturen in Louise Otto-Peters Nürnberg-Roman.
(Eingeladener Vortrag durch Frau Prof. Dr. Schötz, gehalten am 17. Oktober 2014 zum 22. LOP-Tages)
Vertrauen und Risiko: Weibliche Beobachtungsperspektiven und Historischer Roman um 1850.
(gehalten am 27. November 2013 zum 1. Dresdner Nachwuchskolloquium zur Geschlechterforschung)
Gender-Transgressionen um 1800? Literarische Adaptionen der Attentäterin Charlotte Corday aus risikotheoretischer Perspektive.
(gehalten am 06. Juni 2018 zum 4. Dresdner Nachwuchskolloquium zur Geschlechterforschung)
Lehre
- SS 2014: ,Fräuleinwunder einst und jetzt': Deutschsprachige Historische Romane ,aus weiblicher Feder' 1850/2000
- WS 2016/17: Attentäterin und Heldin? Einem literarischen Phänomen auf der Spur.
- SS 2017: Charlotte Corday – eine politische Attentäterin zwischen sittlicher Weiblichkeit und heroischem Heldentum