Die Kanonisierung des französischen Impressionismus als der modernen Kunstrichtung des 19. Jahrhunderts hat im 20. Jahrhundert zur Abwertung der Salonmalerei, im weiteren Sinn der akademischen Malerei geführt, die zu ihrer Zeit hoch angesehen war. Die erotischen Themen der Salonmalerei waren zudem lange verpönt. Seit einigen Jahren feiern jedoch die großen Künstler der Salonmalerei – Gérôme, Alma-Tadema, Bouguerau, Fortuny – eine glanzvolle Wiederauferstehung in großen Ausstellungen. Das Seminar soll auch den Gründen für diese Wiederentdeckung nachgehen – eine neue Wertschätzung der technischen Raffinesse, des erotischen Reizes und des Erzählerischen in der Malerei?
Ein bedeutender Zweig der Salonmalerei holte den Orient nach Europa. Die Faszination für die arabisch-islamische Welt war niemals so ausgeprägt wie im 19. Jahrhundert. Suchte man nach einem imaginären Gegenbild zur modernen Industriegesellschaft? Es gibt charakteristische Unterschiede zwischen der französischen und der deutschen Orientmalerei, die an einzelnen Fallbeispielen untersucht werden sollen. Eine besondere Rolle spielt dabei Ägypten – als das Land der Pharaonen und zugleich als Bühne eines lebendigen arabischen Volkslebens..
Ablaufplan:
17.Oktober 2017:
Einführung und Themenvergabe
7. November:
a) Jean-Auguste-Dominique Ingres: ein Klassizist als Begründer der Salon- und Orientmalerei (Julia Siebrecht) /
b) Von Paul Delaroche bis Carl von Piloty: Geschichte in Bildern (Sophie Matuszczak)
14. November:
a) Geschichte des Pariser Salons und der Salonkritik (Sandra Leik) /
b) Edouard Manet und der Salon – der Skandal um „Olympia“ (1863) (Elisa Muggetti)
21. November:
a) William Bouguereau und Alexandre Cabanel (Marlena Riedel) /
b) Venusbilder – die erotische Seite der Salonmalerei
5. Dezember:
Jean-Léon Gérôme I : Malerei – Skulptur – Farbe – Leben (Liliane Wiblishauser)
12. Dezember:
a) Lawrence Alma-Tadema: Antike als Gegenwart /
b) Englische Salonmalerei? Frederic Lord Leighton und John William Waterhouse (Lisa Nickolaus)
19. Dezember:
a) Anselm Feuerbach (Carina Stegerwald) /
b) Hans Makart (Nils Philippi)
9. Januar 2018:
a) Die Porträtmalerei John Singer Sargents (Sarah Baur) /
b) Mariano Fortuny: der Orient in Spanien
16. Januar:
a) Eugène Delacroix und der maghrebinische Orient (Sandra Janßen) /
b) Eugène Fromentin: Bilder der Wüste (Tom Nguyen Thanh)
23. Januar:
a) Erotische Projektionen: Haremsbilder und Odalisken (Gérôme II) /
b) Rekonstruktionen des Lebens im alten Ägypten
30. Januar:
a) Wilhelm Gentz und Leopold Carl Müller: Volksleben im arabischen Ägypten /
b) Gustav Bauernfeind: Bilder des Heiligen Landes
Grundliteratur:
- Norbert Wolf, Die Kunst des Salons. Malerei im 19. Jahrhundert, München 2012
- Gut – Wahr – Schön. Meisterwerke des Pariser Salons aus dem Musée d’Orsay, Ausst.kat. München 2017/18, München 2017
- Jean-Léon Gérôme. L‘histoire en spectacle, Ausst.kat. Los Angeles / Paris / Madrid 2010/11, Paris 2010
- Lawrence Alma-Tadema. Dekadenz & Antike, Ausst.kat. Wien 2017, München 2017
- John M. MacKenzie, Orientalism. History, Theory and the Arts, Manchester / New York 1995
- Gérard-Georges Lemaire, Orientalismus. Das Bild des Morgenlandes in der Malerei, Potsdam 2005
- Karin Rhein, Deutsche Orientmalerei in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Entwicklung und Charakteristika, Berlin 2003
- Henrik Karge, „Orient als künstlerische Erfahrung einer anderen Realität. Französische und deutsche Orientmalerei im 19. Jahrhundert“, in: Véronique Porra / Gregor Wedekind (Hrsg.), Orient. Zur (De-)Konstruktion eines Phantasmas, Bielefeld 2017, S. 41-69
- Ägyptomanie. Ägypten in der europäischen Kunst 1730-1930, Ausst.kat. Wien u.a., Wien / Mailand 1994
- Heike Biedermann / Andreas Dehmer / Henrik Karge (Hrsg.), Imagination und Anschauung. Ägyptenrezeption und Ägyptenreisen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Dresden 2015
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