Was sollen wir tun?
Corona als ethische Herausforderung
Markus Tiedemann ist Inhaber der Professur für Didaktik der Philosophie und für Ethik. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit Menschenrechtsdiskursen, Pluralismus und multikulturelle Gesellschaft, Philosophiedidaktik und hat einige einschlägige Bücher zum Philosophieren mit Kindern geschrieben. In dem hier vorgestellten Beitrag beschäftigt er sich mit drei ethischen Herausforderungen der Corona-Pandemie. Besonders Augenmerk liegt dabei auf der sogenannten Triage, bei der Patienten und deren Anspruch auf Behandlung kategorisiert werden. Erörtert werden sowohl unterschiedliche Ebenen der Debatte als auch ein eigener Lösungsvorschlag.
Was sollen wir tun?
Corona als ethische Herausforderung
von Markus Tiedemann
Mit oder ohne Krise: Das Ringen um ethische Orientierung ist stets ein anspruchsvolles Unterfangen. Ursächlich hierfür ist, dass fundamentale Fragen des Menschseins berührt werden. Was sollten wir von uns erwarten? Was ist ein gelungenes, menschliches Leben? Was sind die Prinzipien gerechten Zusammenlebens?
Soweit wir wissen stellt sich nur die Spezies Mensch unterscheiden zwischen Sein und Sollen? Genau diese doppelte Natur des Menschen meint Kant, wenn er derartige Fragen. Nur wir verhalten uns nicht nur in der Welt sondern auch zur Welt. Nur wir uns als Bürger zweier Welten bezeichnet. Eine Quelle der Würde, aber eben auch der Verantwortung.
Krisen sind eine Art Stresstest für das normative Rückgrat. Wenn auf Prinzipien zurückgegriffen werden kann, die aktiv gelebt, konstitutionell verankert und in belastenden Situationen kohärente begründete Entscheidungen ermöglichen, bleibt das normative Selbstverständnis von Individuen und Gesellschaften intakt.
Wenn indes Anordnungen und Entscheidungen willkürlich sind oder allein aus der Not geboren werden, scheitert die Norm an der Realität. Selbstverständnis und Zusammenhalt sind bedroht.
Die aktuelle Corona Pandemie ist zweifelsohne eine Krise, die mindestens drei große normative Herausforderungen mit sich bringt.
- Ein hoher Grad an Selbstdisziplin und Solidarität in nahezu allen Teilen der Gesellschaft Tempo und Ausmaß der Eingriffe in das individuelle wie das kollektive Leben sind in Friedenszeiten beispielslos. Allein eine enorme gesamtgesellschaftliche Leistung, vermag zum Erfolg zu führen.
- Risikoabwägungen auf der Basis ungenügender Kenntnisse und Informationen. Mediziner, Virologen, Politiker und Ethiker müssen Entscheidungen treffen oder Empfehlungen aussprechen ohne über hinreichende naturwissenschaftliche, soziologische oder medizinische Informationen zu verfügen.
- Werte- bzw. Pflichtenkollisionen. Vor allem in der sogenannten Triage verdichtet sich das moralische Dilemma Patienten und deren Anrecht auf Leben kategorisieren zu müssen.
Ist das moralische Rückgrat moderner Gesellschaft diesen Herausforderungen gewachsen?
Beginnen wir mit der Selbstdisziplin und Solidarität der bereiten Bevölkerung. In den kommenden Jahren werden tausende Studien das soziale Experiment Corona analysieren und genauere Erkenntnisse liefern. Derzeit spricht vieles dafür, dass die Mehrheitsgesellschaft ihren Belastungstest mit Bravour besteht. Zwar ist immer wieder von negativen Einzelfällen zu lesen, aber die Selbstdisziplin der überwältigenden Mehrheit bleibt erstaunlich. Gravierende Einschnitte in die Grundfreiheiten werden nicht nur akzeptiert, sondern auch aktiv getragen. Selbiges gilt für die Solidarität. Land auf Land ab wurden Hilfsangebote organisiert, die die Zahl der Hilfsbedürftigen bei weitem übersteigt. Wer hätte gedacht, dass die individualisierte kapitalistische Leistungsgesellschaft über Nacht ein absolutes Primat von Gemeinwohl und Gesundheitsschutz akzeptiert? Immerhin sind die Opfer immens. Es darf nicht vergessen werden, dass die junge, fast ungefährdete Generation widerspruchslos einen gigantischen Anteil ihrer ökonomischen Zukunft opfert. Selbstdisziplin und Solidarität zeigen sich also erstaunlich belastungsfähig.
Ähnlich verhält es sich mit der Risikoabwägung. Die Corona-Pandemie ist weder die erste noch die letzte Herausforderung bei der normativ relevante Entscheidungen ohne hinreichendes Wissen über Rechtfertigung und Konsequenzen getroffen werden müssen. Wir leben in einer interdependenten, wissenschaftlich- technischen Risikogesellschaft. Nach Ulrich Beck trifft die moderne Menschheit unentwegt Entscheidungen, ohne über hinreichendes theoretisches und normatives Wissen zu verfügen.[1] Die gewaltigen, den Globus umspannenden und Generationen übergreifenden technischen Möglichkeiten der modernen Menschheit haben einen noch nie dagewesenen Entscheidungsbedarf bewirkt. Bereits im vergangenen Jahrhundert ist der Entscheidungsdruck der Moderne, unter anderem durch Günther Anders[2]Thesen zum Atomzeitalter oder durch von Weizsäckers[3]Aussagen über das wissenschaftlich-technische Zeitalter, betont worden. Anders Lehre vom Ende der hypothetischen Fragen hebt die besondere Qualität unserer Zeit hervor. Auch Sokrates und Platon hätten sich mit der Frage beschäftigen können, ob Menschen geklont werden dürfen, ob die militärische Nutzung von Drohnen legitim sein kann oder ob die Menschheit überhaupt sein soll. Ihre Überlegungen wären allerdings rein hypothetischer Natur gewesen. Für uns heute sind dies echte praktische Fragen und die Antworten haben konkrete reale Folgen. Durch die zunehmende Interdependenz der globalen Welt wird diese Problematik verstärkt. Es ist nicht nur die Qualität unseres technischen Vermögens, es ist auch die schiere Quantität unserer Gattung und die Dichte unseres Zusammenlebens, die zu Risikoabwägungennötigen. Moderne Urbanität und Kommunikation vereinigt auf engsten Raum- und Zeiteinheiten Menschen unterschiedlichster Kulturen und Lebensformen. Zudem zeigen Beispiele wie die globale Klimaerwärmung oder die internationale Finanzkrise, dass auch Menschen am anderen Ende der Erde, und sogar ungeborene Generationen, von unserem Handeln betroffen sind. In dieser Hinsicht bedeuten die Risikoabwägungen während der Corona-Pandemie keinen neuartigen Krisenmodus.
Deutlich dramatischer ist die dritte Ebene der moralischen Herausforderungen. Entscheidungssituationen werden Realität, die normalerweise nur als Gedankenexperiment in philosophischen Seminaren durchgespielt werden. In der Corona-Krise ist es v.a. die sogenannte Triage, welche alle Beteiligten vor emotionale, juristische und ethische Herausforderungen stellt. Es gilt eine Regelung zu finden, die Ärztinnen und Pfleger wenn nicht emotional so doch zumindest rechtlich und moralisch entlastet. Schauen wir zunächst auf die Triage selbst: Der Deutsche Ethikrat hat in seiner Stellungnahme vom 27.03. 2020 zwei Arten der Triage unterschieden.
Die Triage bei Ex-ante-Konkurrenz bezeichnet eine Situation, bei der „die Zahl der unbesetzten Beatmungsplätze kleiner ist als die Zahl der Patienten, die ihrer akut bedürfen.“
Die Triage bei Ex-post-Konkurrenz beschreibt eine Situation, in der bereits alle „verfügbaren Beatmungsplätze belegt sind“ und weitere bedürftige Patienten nicht versorgt werden können.
Beide Fälle sind höchst dramatisch. Gleichwohl, so der Ethikrat, sind sie sowohl juristisch als auch moralisch von unterschiedlicher Qualität. Bei der Ex-ante-Konkurrenz werden zwar einige Patienten von den medizinischen Entscheidern aufgrund des Materialmangels nicht gerettet, sie werden aber nicht, wie bei der Ex-post-Konkurrenz durch den Abbruch einer Behandlung „getötet.“ Sofern die Auswahl der Anzuschließenden nach der zufälligen Reihenfolge ihrer Einlieferung oder nach rein medizinischen Kriterien erfolgt, liegt keine Diskriminierung vor. Bei der Ex-post-Konkurrenz würden medizinische Entscheider indes bereits angeschlossene Patienten wieder von der Beatmung trennen, um Neueinlieferungen mit höherer Überlebenswahrscheinlichkeit einen Respirator zur Verfügung zu stellen. Medizinisches Personal, das nach transparenten und wohlbegründeten Gesichtspunkten diese Entscheidung trifft, sollte mit „einer entschuldigenden Nachsicht der Rechtsordnung“ rechnen können. Legalisiert dürfe ein entsprechendes Verfahren indes nicht werden. „Auch in Katastrophenzeiten“, so der Ethikrat, „hat der Staat die Fundamente der Rechtsordnung zu schützen“.
Diese Argumentation hat Kritik auf den Plan gerufen. Bereits vier Tage nach dessen Veröffentlichung stellte Bettina Schöne-Seifert die Empfehlung des Ethikrates im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in Frage.[4] Dabei verwies sie u.a. auf die Regelung der Triage in der Schweiz. Dort gilt, dass Patienten, deren Lebenserwartung auch nach einer Genesung auf weniger als 12 Monate geschätzt wird, gar nicht angeschlossen werden. Auf diese Weise wird das medizinische Personal vor der belastenden Situation geschützt, Menschen aktiv vom Respirator trennen zu müssen. Für Bettina Schöne-Seifert wäre aber auch Letzteres zulässig, denn in der Medizinethik habe sich „längst die Auffassung durchgesetzt, dass beide Formen des Sterbenlassens normativ gleichwertig sind.“ Diese Argumentation widerspricht der Einstufung des Ethikrates, wonach die Ex-post-Triage als „objektiv unrechtmäßig“ einzustufen ist. Reinhard Merkel, langjähriges Mitglied des Ethikrates hat auf diesen Einwand umgehend reagiert.[5]
In den medizinethischen Debatten, so Merkel, werden das Abstellen eines Beatmungsgerätes und das Nicht-Anschließen nur dann gleichgesetzt, wenn dies dem Willen des Patienten entspricht. In der Triage müsse aber auch gegen den Willen des Patienten entschieden werden. Im Ex-ante-Modell dürfe das Recht schweigen. Eine Diskriminierung liege nicht vor. Alle Erkrankten werden in die Obhut von Medizinerinnen übergeben, die nach bestem Wissen und Gewissen die knappen Ressourcen verteilen. Die Ex-post-Triage rechtlich zu legitimieren, würde hingegen bedeuten, Bürgern mit gewissen Eigenschaften die Pflicht aufzuerlegen, das eigene Leben zu Gunsten Dritter „opfern zu lassen“.
Es ist zu erwarten, dass die Debatte sich weiter entfaltet. Dies liegt zum einen an der Dringlichkeit der Entscheidungssituation und zum anderen an der Tatsache, dass zentrale Bezugsgrößen der normativen Orientierung involviert sind.
Als erstes ist unsere moralische Intuition aktiv. Beispielsweise scheint die Gleichbehandlung eines dreißigjährigen Familienvaters und einer fünfundachzigjährigen Großmutter in allen Modellen der Triage kontraintuitiv. Allerdings sind moralische Intuitionen dynamisch und haben in der Vergangenheit Praktiken legitimiert, die wir heute verurteilen. Das gilt für Sklaverei und Todesstrafe, ebenso wie für Zwangsehen und vieles mehr. Moralische Intuitionen allein, sind also nur bedingt geeignet, um ethische Entscheidungen zu rechtfertigen.
Allerdings wird die Bevorzugung unseres fiktiven Familienvaters auch von einer gewichtigen ethischen Theorie gestützt. Der Utilitarismus lehrt, dass diejenige Handlung bzw. Handlungsregel gut ist, die sich langfristig für die Vermehrung des Glücks und die Verringerung des Leidens als nützlich erweist. Natürlich kann die notwendige Kalkulation nur nach bestem Wissen und Gewissen erfolgen. Theoretisch ist es möglich, dass unsere Großmutter nach ihrer Genesung eine medizinische Weltformel erdacht hätte. Nach menschlichem Ermessen sprechen aber die Heilungschancen, die Anzahl der abhängigen Angehörigen und die gewonnene Lebenszeit eindeutig für ein Primat des Familienvaters. Allerdings bleibt das ungute Gefühl, dass mit dem hedonistischen Kalküle jeder Minderheitenschutz in Gefahr gerät.
Ein anderes ethisches Schwergewicht argumentiert in entgegengesetzter Richtung: die kantische Deontologie. Nach dieser Pflichtenethik ist es kategorisch untersagt, einen Menschen vollständig zum Nutzen eines anderen zu instrumentalisieren. Natürlich dürfen wir andere Menschen für bezahlte Dienstleistungen nutzen, aber wir dürfen sie nicht versklaven oder - wie im Fall der Ex-post-Triage – für einen Dritten sterben lassen. Nach Kant ist jeder Mensch mit Willensfreiheit, eine potentielle Quelle des Guten und damit Würdeträger. Genau deshalb können menschliche Leben nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Sie haben eine Würde, keinen Preis. Alter, Krankheit und dergleichen spielen keine Rolle. Gleichwohl bleibt auch hier ein Restzweifel an der kategorischen Strenge. Was, wenn die gesamte Menschheit nur durch die Instrumentalisierung eines Einzelnen zu retten wäre? Welchen Wert hat ein Prinzip, von dem niemand profitiert?
Eine vierte Größe in unserem Ringen um die angemessene Beurteilung der Triage ist die Vertragstheorie. Nach dieser Theorie treten Menschen nur dann in eine Rechtsgemeinschaft ein, wenn ihre elementarsten Bedürfnisse geschützt sind. Ein Souverän, der sich vorbehält einige seiner Bürger für andere zu opfern, kann von diesen keine Rechtstreue erwarten. Wer also ein friedliches Zusammenleben will, der muss einige Grundrechte für sakrosankt erklären. Das Recht auf Leben gehört definitiv dazu. Schwäche dieser Herangehensweise ist ihre Reduktion auf die juristische Ebene. Wir wissen schließlich alle, dass es zahlreiche moralische Fragestellungen gibt, die nicht juristisch oder vertraglich geregelt werden können.
Noch ist die finale Regelung der Triage nicht ausgehandelt. Im Folgenden möchte ich einen Vorschlag unterbreiten, der zugleich als Kompromiss zwischen den oben genannten Bezugsgrößen unserer normativen Orientierung verstanden werden kann:
- Eine Ex-ante-Triage darf nach transparenten medizinischen Kriterien von der Bundeärztekammer oder aber von einzelnen Krankenhäusern beschlossen und durchgeführt werden.
- Eine Ex-post-Triage bleibt verboten. Allerdings gilt dieser absolute Schutz nur für Patienten die noch eine realistische Heilungschance besitzen. Komatöse Patienten, bei denen der Respirator nur sterbebegleitend fungiert, dürfen bei extremem Bedarf von der Maschine getrennt werden.
Dieser Vorschlag hat seine argumentativen Schwächen. Auch der Prozess des Sterbens ist Leben. Wieso also sollten Sterbende von der Beatmung getrennt werden dürfen, während Personen, die nach der potentiellen Heilung nur eine geringe Lebenserwartung besitzen, unter absolutem Schutz stehen? Spielen wir die vier Bezugspunkte unserer ethischen Orientierung einmal durch:
Über die moralische Intuition der gesamten Bevölkerung kann nur spekuliert werden. Gleichwohl nehme ich an, dass eine große Mehrheit „aus dem Bauch heraus“ die Ex-ante-Triage und wahrscheinlich auch die Ex-post-Triage unterstützen würden.
Der Utilitarismus unterstützt tendenziell beide Formen der Triage. Gleichwohl lassen sich auch aus utilitaristischer Sicht Einwände gegen die Ex-post-Triage formulieren. Dies ist genau dann der Fall, wenn eine entsprechende Regelung langfristig mehr Leiden als Nutzen erzeugen würde. Wenn beispielsweise das Bewusstsein unter gewissen Umständen für andere geopfert werden zu dürfen, eine hinreichende Menge an Leid erzeuget, könnte auch ein Utilitarist die Ex-ante-Triage zurückweisen. Wenn die Regelung jedoch nur komatöse Patienten im Sterbeprozess betrifft, wäre dieser Effekt nicht zu befürchten.
Aus Sicht der kantischen Deontologie ist der Kompromiss hoch problematisch. Allerdings lässt sich argumentieren, dass Kant zwar von der Würde des Menschen schrieb, aber Personenwürde meinte. Eine Person zeichnet sich durch Bewusstsein und Willensfreiheit aus. Sie ist Subjekt eines Lebens und Träger moralischer Verantwortung. Bei einem komatösen Patienten im Sterbeprozess sind diese Eigenschafften unwiederbringlich verloren. Das Adjektiv unwiederbringlichist hierbei von besonderer Bedeutung. Schließlich zählt unsere Gesellschaft zahlreiche Mitglieder, die nach Kant noch nicht oder nicht in Gänze als Person gelten aber dennoch unantastbar bleiben sollen.
Die Zustimmung der Vertragstheorie ließe sich mit einem der berühmtesten Gedankenexperimente der Philosophiegeschichte umwerben: Der veil of ignorancevon John Rawls.[6]Nehmen wir an, hinter einem Schleier der Unwissenheit würden sich Menschen versammeln, um die Regeln und Gesetze für eine Gesellschaft zu formulieren, in der sie am Folgetag erwachen werden. Dabei besitzen sie keine Informationen über ihre persönliche Zukunft in dieser Gesellschaft. Sie kennen weder ihr Geschlecht noch ihr Alter. Auch ökonomische Ausstattung, Begabungen oder Gesundheitszustand sind unbekannt. Nach Rawls werden Menschen unter diesen Bedingungen gerechte und faire Gesetze entwerfen, da alle an einem Höchstmaß an Objektivität interessiert sind. Wie aber würden Menschen hinter dem veil of ignoranceüber die Möglichkeiten der Triage entscheiden? Der oben skizzierte Vorschlag erscheint zustimmungsfähig. Einerseits erhöht es die Wahrscheinlichkeit im Fall einer Erkrankung mit Heilungschancen gerettet zu werden. Auf der anderen Seite droht kein bewusst erlebter Verlust, sollte das persönliche Los auf den komatösen Patienten im Sterbeprozess fallen.
Als Resümee bleibt also die Forderung, bei extremem Mangel an Geräten, komatöse Patienten, bei denen die Beatmung sterbebegleitend eingesetzt wird, vom Respirator zu trennen.
Auf diese Weise entstünde zumindest eine geringe Entlastung für Medizinerinnen und Mediziner.
Derzeit gilt nur, dass die medizinischen Entscheider im Rahmen des übergesetzlichen Notstandes mit juristischer Milde rechnen können. Obwohl sich das normative Rückgrat der Gesellschaft in Summa als belastbar erweist, bleibt diese Lösung unbefriedigend.
Literatur
- Anders, Günther: Die atomare Drohung. München 1981
- Beck, Ulrich: Risikogesellschaft. Überlebensfragen, Sozialstruktur und ökologische Aufklärung. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilagen zur Wochenzeitung Das Parlament. Heft B 36/89, 01.09.1989, S. 4-7.
- Birnbacher, Dieter: Utilitarismus und Konsequenzialismus. In: Julian Nida-Rümelin, Irina Spiegel, Markus Tiedemann (Hg.): Handbuch der Philosophie und Ethik. Band II: Disziplinen und Themen, Stuttgart 2015, S. 52-60
- Brand, Reinhardt: Kantische Deontologie. In: Julian Nida-Rümelin, Irina Spiegel, Markus Tiedemann (Hg.): Handbuch der Philosophie und Ethik. Band II: Disziplinen und Themen, Stuttgart 2015, S. 60-66
- Leist, Anton: ethischer Kontraktualismus. Julian Nida-Rümelin, Irina Spiegel, Markus Tiedemann (Hg.): Handbuch der Philosophie und Ethik. Band II: Disziplinen und Themen, Stuttgart 2015, S. 66-74
- Merkel, Reinhard: Eine Frage von Recht und Ethik. Wenn lebensrettende Maßnahmen abgebrochen werden, ist das Tötung. Ältere Menschen haben genauso viel Recht auf Beatmung wie jüngere. IN: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 03.04.2020
- Rawls, John: A Theory of Justice. Harvard 1971
- Schöne-Seifert, Bettina: Wen sollen wir sterben lassen? IN: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 31.03.2020.
- Weizsäcker, Carl Friedrich von: Der Mensch im wissenschaftlich-technischen Zeitalter. In: Ders.: Ausgewählte Texte. München 1987.
Endnoten
[1]Beck, Ulrich: Risikogesellschaft. Überlebensfragen, Sozialstruktur und ökologische Aufklärung. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilagen zur Wochenzeitung Das Parlament. Heft B 36/89, 01.09.1989, S. 4-7.
[2]Anders, Günther: Die atomare Drohung. München 1981.
[3]Weizsäcker, Carl Friedrich von: Der Mensch im wissenschaftlich-technischen Zeitalter. In: Ders.: Ausgewählte Texte. München 1987.
[4]Vgl.: Bettina Schöne-Seifert: Wen sollen wir sterben lassen? IN: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 31.03.2020
[5]Vgl.: Reinhard Merkel: Eine Frage von Recht und Ethik. Wenn lebensrettende Maßnahmen abgebrochen werden, ist das Tötung. Ältere Menschen haben genauso viel Recht auf Beatmung wie jüngere. IN: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 03.04.2020
[6]John Rawls: A Theory of Justice. Harvard 1971