14.06.2022
Steile These: Stress hilft dabei, produktiver zu arbeiten
"Diamanten werden unter Druck geschliffen" - Diesen Satz hast du vielleicht schon einmal gesagt bekommen oder selbst zu deinem Mantra erhoben, wenn es gerade wieder richtig stressig zuging. In meinem Studium ist er zum geflügelten Wort geworden: Es hat mir geholfen, und hilft mir immer noch, wenn ich (wieder einmal) zu nah an eine Deadline rücke und das Ende meiner Aufgabe noch nicht in Sicht ist.
Der Grund, warum ich mit zunehmenden Zeitdruck gut arbeiten kann, scheint Stress und mein damit einhergehendes Stressgefühl zu sein: Bei akutem Stress werden zuerst die Hormone Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet, dann Cortisol und alles zusammen bewirkt, dass ich mich leistungsfähiger und länger anhaltend wachsam fühle. - Ein Mechanismus, der aus Steinzeittagen geblieben ist, um noch rechtzeitig vor Säbelzahntigern flüchten zu können, der aber nach wie vor bei den meisten Menschen funktioniert und ähnlich abläuft. (vgl. Träger 2013)
In Zeiten, in denen Achtsamkeit und Selbstfürsorge großgeschrieben werden, klingt es erst einmal kontraproduktiv, für mehr Leistungsfähigkeit auf Zeitdruck und ein damit verbundenes Stressgefühl zu setzen. Es kann uns aber, wohl dosiert, helfen und bewusst eingesetzt werden: zum Beispiel mit einer "Pre-Deadline" bzw. ausreichend Pufferzeit zur richtigen Deadline. Wenn nach der Pre-Deadline eine Belohunung wartet, die sich zeitlich nicht verschieben lässt (zum Beispiel ein Konzertbesuch), dann funktioniert mein Stressgefühl - und in der allergrößten Not muss die Belohnung ausfallen, denn die Abgabe hat (natürlich) Vorrang.
Eine Belohnung hilft nach der Stressphase außerdem, direkt in eine Erholungsphase überzugehen. Die sogenannte Erholungs- und Wiederherstellungsphase ist ausgesprochen wichtig, denn dauerhafter chronischer Stress verursacht Krankheiten und Krankheitssysmptome. (vgl. Gerber und Schilling 2018) Und: Studien deuten darauf hin, dass die Wahrnehmung, inwiefern Stress hilft und die tatsächliche akademische Leistung, die wir unter Stress erbringen, trügerisch voneinander abweichen können und wir kognitiv nicht wirklich leistungsfähiger sind - selbst koffeinhaltige Getränke helfen nicht. (vgl. Malinauskas, Aeby et al. 2007)
Mir persönlich hilft mein Stressempfinden mit näher rückender Deadline, gefühlt sehr produktiv und konzentriert zu schreiben und zu arbeiten. Und, das muss ich wohl zugeben, ich genieße die leicht stressige Atmosphäre: Ich sitze ab und an gern nachts, wenn viele andere schlafen oder um die Häuser ziehen, an meinem Schreibtisch und vertiefe mich in ein Thema, bin "im Flow", gefühlt ohne Zeitnot, denn nachts scheint die Zeit sich für mich anders zu verhalten als tagsüber.
Dass das Gefühl trügerisch sein kann, kann ich mir gut vorstellen - Denn der Feinschliff entsteht nicht unter Druck. Das wichtigste bei allem ist allerdings, die eigene Gesundheit nicht aus den Augen zu verlieren. Eine kurze akute Stressphase mag ein beflügelndes Gefühl geben und helfen, fokussiert voranzukommen, aber wenn sich Deadline an Deadline reiht, keine Zeit mehr für Erholung und Ausgleich bleibt und der Stress nicht nachlässt, kann es gesundheitliche Konsequenzen haben. Das Zauberwort für den Umgang mit Stress lautet daher Stressmanagement. Und wie wir produktiv und gesund mit unseren persönlichen Stressoren und Stressgefühl umgehen, können wir wahrscheinlich nie genug üben.
Wenn du mehr über Stress erfahren und dich mit deinem Stressmanagement beschäftigen möchtest, dann absolviere den Onlinekurs "STRESSenziell - Stressmanagement in Schreibwochen" auf OPAL. Der Kurs ist für fünf Tage konzipiert, an denen du dir jeden Tag 20 - 30 Minuten Zeit für einen kurzen Input zum Thema Stress und eine Entspannungsübung zum Ausprobieren nehmen solltest.
Eine Methode, wie du dich in einer stressigen Phase strukturieren kannst, stellt dir Schreibtutor Kiron der Guten Frage "Gibt es ein Alleilmittel gegen Stress im Schreibprozess?" vor. Auf den Zusammenhang zwischen Erwartungshaltungen und Stressgefühl geht Christina in der Steilen These: "Erwartungshaltungen in der Prüfungsphase sind oft unrealistisch" ein.
Wenn du merkst, dass dir eigentlich alles zu viel ist oder du ein Gespräch ganz konkret zu Stress suchst, dann wende dich vertrauensvoll an die Zentrale Studienberatung der TU Dresden oder die Psychosoziale Beratungsstelle im Studentenwerk Dresden.
zur Autorin: Claudia arbeitet seit 2017 am Schreibzentrum, zuerst als Schlüsselkompetenztutorin und seit 2018 als Projektmitarbeiterin. Sie ist für das Onlineangebot und das Workshopprogramm für Studierende zuständig, gibt Workshops in Lehrveranstaltungen und koordiniert die Öffentlichkeitsarbeit. Ihren Master in Medien- und Kommunikationswissenschaften hat sie 2019 an der Universität Leipzig abgeschlossen.
Referentin Schreibdidaktik
NameClaudia Hammermüller
Weiterbildungskoordination, Öffentlichkeitsarbeit
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Schreibzentrum der TU Dresden
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Zum Thema:
Dieser Beitrag erschien anlässlich des Schreibzentrumsnewsletters im Juni 2022. Diese und weitere Newsletterausgaben sind im Newsletter-Archiv des Schreibzentrums verlinkt.
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Das Schreibzentrum der TU Dresden (SZD) unterstützt Studierende und Lehrende mit Angeboten zum Planen und Schreiben verschiedener Texte im Studium wie Belege, Protokolle, Seminar- und Abschlussarbeiten und zur Vermittlung des akademischen Schreibens in Lehre und Betreuung. Alle Informationen zu Angeboten und Möglichkeiten der Unterstützung sind in den Bereichen für Studierende und Lehrende zu finden.