Dec 16, 2019
Eine Weihnachts(mann)-Geschichte mal anders …
Es ist aus juristischer Sicht klar: Der Weihnachtsmann eignet sich sensible Daten rechtswidrig an
David Linke
Betrachtet man das Werk des Weihnachtsmannes einmal aus juristischer, respektive datenschutzrechtlicher Perspektive, so kommt man schnell zu der Erkenntnis, dass es sich um ein höchst illegales Geschäft handelt, dem er während der Adventszeit nachgeht. Denn kaum eine Person auf der Welt weiß mehr über die persönlichen Daten jedes einzelnen Kindes als er. Beispielsweise weiß der Weihnachtsmann genauestens Bescheid, welches Kind das Jahr über brav oder unartig war. Diese sensiblen Daten erfasst er im Zeitalter von Big Data digital und, sollte das Kind artig gewesen sein, wird die Liste um die persönlichen Angaben und Geschenkwünsche des Wunschzettels ergänzt. Der Weihnachtsmann hat Namen sowie Adressen und kennt die innigsten Wünsche, mithin sogenannte personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DS-GVO. Die Geschenkwünsche gibt der Weihnachtsmann dann zu allem Überfluss noch an die Eltern sowie seinen Gehilfen Knecht Ruprecht, also Dritte, weiter, damit diese die ersehnten Gaben unter dem Weihnachtsbaum deponieren können. All dieses Wissen hat sich der freundliche, ältere Mann mit Rauschebart und Zipfelmütze aber rechtswidrig angeeignet!
Der Gesetzgeber hat den Notstand erkannt und mit Inkrafttreten der DS-GVO im Mai 2018 scheint es so, dass diesem Geschäftsmodell nun das Handwerk gelegt wurde. Denn sein Unternehmenskonzept beinhaltet unzählige automatisierte Datenverarbeitungsvorgänge im Sinne von Art. 2 Abs. 1 DS-GVO, deren Verarbeitung nicht rechtmäßig gemäß Art. 6 Abs. 1 DS-GVO ist. So bedarf es für die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung nach lit. a) etwa der Einwilligung der betroffenen Person. Da es sich bei den Betroffenen ausschließlich um Kinder, also Minderjährige, handelt, welche an den Weihnachtsmann schreiben, bedarf es für eine wirksame Einwilligung der vorherigen Zustimmung der Eltern, die in der Regel gerade nicht vorliegen dürfte (der Wunschzettel ist meist top secret!). Auch eine Verarbeitung für die Erfüllung eines Vertrages nach lit. b) kommt vorliegend wohl nicht in Betracht, da es keinen anerkannten »Wunschvertrag« gibt, der automatisch durch artiges Verhalten eine Schenkungspflicht begründet. Schließlich ist sehr zweifelhaft, ob sich der Weihnachtsmann auf eine Wahrung »berechtigter Interessen« gemäß lit. f) berufen kann. Er kann sich auch nicht im Hinblick auf die räumliche Anwendbarkeit der Verordnung darauf berufen, dass er seinen Wohnsitz am Nord- oder vielleicht auch am Südpol hat. Denn nach Art. 3 Abs. 2 DS-GVO findet die Verordnung Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten von betroffenen Personen, die sich in der Union befinden.
Erste Reaktionen auf die massenhaften Datenschutzverstöße ergriff deshalb etwa die Stadt Roth. Insbesondere um Ärger in Form von Schadenersatzansprüchen nach Art. 82 oder Bußgelder nach Art. 83 DS-GVO zu vermeiden, wurde die traditionelle Wunschzettelaktion für Kinder auf dem dortigen Weihnachtsmarkt prompt mit Inkrafttreten der Verordnung unterbunden und das dortige Weihnachtspostamt geschlossen. In der Praxis hat der Weihnachtsmann es also schwer, sich in Zeiten wie diesen rechtstreu zu verhalten. Anstatt die neusten Spielzeuge wünschen sich die betroffenen Kinder nunmehr vielleicht eher Klarheit über ihre Daten im Sinne eines Auskunftsanspruchs nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO, um eine Bestätigung vom Weihnachtsmann darüber zu verlangen, ob betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden. Am besten gibt der Weihnachtsmann schon einmal dem Osterhasen Bescheid, dass dieser seine Osterhasenpostämter, von denen es immerhin drei in Deutschland gibt!, kommendes Jahr nicht aufsucht.
In diesem Sinne wünscht das TUD-Institut für Geistiges Eigentum, Technik- und Medienrecht eine besinnliche Vorweihnachtszeit und ein frohes Fest!
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 20/2019 vom 10. Dezember 2019 erschienen. Die komplette Ausgabe ist hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei doreen.liesch@tu-dresden.de bestellt werden. Mehr Informationen unter universitaetsjournal.de.