Nov 19, 2012
Chancen und Grenzen der Biokunststoffe
Vor dem Hintergrund knapper werdender fossiler
Rohstoffreserven bzw. sinkender Mengen Erdöls als Rohstoffbasis
für konventionelle Kunststoffe, machen sich Forschung und
Industrie seit längerem Gedanken über alternative Lösungen.
Dabei rücken Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen und
biologisch abbaubare Kunststoffe immer stärker in den Fokus.
Diesen Biokunststoffen wird ein Höhenflug vorausgesagt, die
Euphorie reicht von "nachhaltig" und "Ablösung der Werkstoffe
auf fossiler Basis" über "vollständig abbaubar" bis "unbegrenzt
recyclingfähig".
An biobasierten Werkstoffen wird zukünftig kein Weg
vorbeiführen. Ihre Herstellung wird mittelfristig auch
ökonomisch konkurrenzfähig werden. Im Verpackungsbereich soll
ihr Anteil nach Auffassung von Experten bis zu 70 Prozent
erreichen. Bekannt ist aber auch, dass Biokunststoffe in der
gegenwärtigen Phase der Koexistenz mit den etablierten Stoffen,
Produkten und Systemen hinsichtlich Verwertung (Kompostierung
und Vergärung) oder Recycling durchaus ernste Probleme
verursachen können.
Am Institut für Abfallwirtschaft und Altlasten (IAA) der TU
Dresden beschäftigt man sich intensiv mit Verwertungswegen für
Abfallströme aller Art. Seit zirka zwei Jahren gehört dazu
auch, die biologische Verwertung biologisch abbaubarer
Kunststoffe, vor allem in Vergärungsanlagen, zu erforschen. Das
Problem: Biologische Kunststoffe lassen sich derzeit lediglich
kompostieren und nicht vergären.
Die in letzter Zeit öffentlich geführten Diskussionen zu den
Vorteilen von Biokunststoffen (z.B. REWE- und
ALDI-Einkaufstüten oder DANONE-Activia-Becher) verdeutlichen,
dass zukunftsfähige Lösungen zum Recycling von Biokunststoffen
vonnöten sind. Denn die Kennzeichnungen „Bio“ oder „biologisch
abbaubar“ enden bei der Frage der Entsorgung. Sie führen eher
dazu, dass Verpackungsabfälle vermehrt im Bioabfall landen,
obwohl der Gesetzgeber hierbei nur einen „unvermeidbaren Rest“
zulässt. Verpackungsabfälle sind grundsätzlich über die Gelbe
Tonne zu entsorgen, unabhängig von der biologischen
Abbaubarkeit.
Kritisch wird es, wenn Kunststoffe aus biogenem und fossilem
Ursprung gemeinsam in Abfallströmen erfasst und recycelt werden
sollen. Unterschiedliche chemische Eigenschaften von
Biokunststoffen und fossilen Kunststoffen gefährden die hohe
Qualität des Kunststoffrecyclings und der Recyclingprodukte. So
können bereits geringe Mengen von Produkten aus Polyactiden
(PLA) die Verwertung von PET-Flaschen ernsthaft
beeinträchtigen.
Die Dresdner Tagung „Biokunststoffe in Verwertung und
Recycling“ will sowohl dazu beitragen, das Recycling der
„etablierten“ Kunststoffe weiterhin in hoher Qualität zu
gewährleisten, als auch dabei helfen, neue Möglichkeiten für
das Recycling von Biokunststoffen aufzuzeigen.
In ausgewählten Vorträgen sollen Lösungswege für diese
Problematiken vorgestellt werden, z.B. wie die gesamte Kette
von der Synthese und Herstellung über die Verarbeitung und
Anwendung bis zur Entsorgung technisch, ökologisch und
ökonomisch vorteilhaft gestaltet werden kann und welche
gesetzgeberischen Maßnahmen (Verpackungsverordnung,
Wertstoffgesetz) dafür erforderlich sind.
Die Erfahrungen aus vorangegangenen Tagungen des IAA zeigen,
dass sich durch die Auswahl interessanter Referenten
erfolgversprechende Diskussionen erwarten lassen. Die Tagung
soll hierbei auch den Grundstein dafür legen, dass sowohl auf
wissenschaftlicher, als auch auf industrieller Ebene nicht nur
neuartige Biokunststoffe entwickelt werden, sondern dass
frühzeitig auch die Optimierung des Recyclings zukünftiger
Abfallströme eine Rolle spielt.
Tagungsort ist das Haus der Kongresse für Umwelt – Bau –
Verkehr Dresden e.V. in den Räumen der SBG Dresden mbH,
Gutenbergstraße 6, 01307 Dresden.
Weitere Informationen zur Tagung, dem Programm und zur
Anmeldung sind auf der Tagungshomepage unter www.faa-tagungen-dresden.de zu
finden.
Informationen für Journalisten:
Veit Grundmann, Institut für Abfallwirtschaft und
Altlasten
Tel.: +49 (3501) 5300-41, Fax: -22
www.tu-dresden.de/fghhiaa