Dec 12, 2022
Deutscher Studienpreis für Forscher der TU Dresden: Gen-Skalpelle reparieren defektes Erbgut
Mit seinem molekularen Skalpell legt Dr. Felix Lansing von der TU Dresden den Grundstein zur Behandlung von über 8.000 Krankheiten, die sich auf einen Gen-Defekt zurückführen lassen. Für diesen bahnbrechenden Beitrag wurde er am 12. Dezember 2022 von der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas mit dem 2. Platz des Deutschen Studienpreises der Körber-Stiftung ausgezeichnet.
Neuartige Gen-Skalpelle könnten die Gen-Therapie revolutionieren
Gen-Defekte werden weltweit von hunderten Teams mit molekularen Scheren erforscht: Sie sollen die fehlerhafte Stelle im Erbgut korrigieren, können sie aber meist nur zerschneiden. Die anschließenden Reparaturen durch die Zelle sind oft fehlerbehaftet. „In meiner Dissertation“, skizziert Dr. Lansing, „habe ich ein molekulares Skalpell entwickelt, welches präzise schneidet und gleichzeitig fehlerfrei repariert.“ Die Arbeit erledigen Enzyme beziehungsweise Rekombinasen, welche die DNS präzise bearbeiten können. Zum Beispiel kann die sogenannte Cre Rekombinase DNS-Abschnitte ohne ‚Verletzungen‘ ausschneiden, einfügen, invertieren und sogar austauschen. Dr. Lansings Erfolg liegt darin, Cre durch gezielte Selektion für krankheitsrelevante DNS-Sequenzen zu programmieren: „Mir ist es gelungen, den Prozess der gerichteten Evolution so weit zu verbessern, dass man Designer-Rekombinasen herstellen kann. Sie können theoretisch jede Mutation, welche eine genetisch bedingte Erkrankung hervorruft, korrigieren.“
Gen-Defekt bei Hämophilie A
Mit dieser zweiten Generation eines Genom-Werkzeugs brachte Dr. Lansing eine neue Methode zur Behandlung von Hämophilie A (Bluterkrankheit) zu Tage. Bei dieser lebensbedrohlichen Erkrankung fehlt den Betroffenen ein bestimmtes Protein zur Blutgerinnung. Ein Fragment des Erbguts ist umgekehrt eingebaut, was das proteinbildende Gen deaktiviert. Bringt man die Designer-Rekombinase in eine menschliche Zelllinie, kann das Fragment des Gens präzise und effizient zurückgedreht werden. Die ideale Korrektur per Gen-Skalpell würde Patienten heilen. Dr. Lansing und das Team um Prof. Buchholz konnten somit als erste Forschungsgruppe der Welt zeigen, dass eine Designer-Rekombinase zur Korrektur von großen Gen-Inversionen eingesetzt werden könnte. Neben Hämophilien sind es vor allem Autoimmunerkrankungen, Muskelschwund und eine Gruppe von Netzhauterkrankungen, die sich mit Designer-Rekombinasen therapieren ließen.
Standardisierte Herstellung in der Pharmazie
Dieses Potential wurde auch von der Pharma-Industrie erkannt. In einer ersten Kollaboration mit Janssen Pharmaceuticals (Johnson&Johnsen) und der Technischen Universität Dresden arbeiten die Forschenden an der Herstellung weiterer Designer-Rekombinasen. Um einen Industriestandard zu schaffen und die Technologie weiter zu entwickeln, hat der Molekularbiologe das Start-Up RecTech GmbH mitgegründet. „Wir wollen die Hoffnung auf Heilung eines Gen-Defekts zur Realität werden lassen und Therapiemöglichkeiten für bisher unheilbare Erkrankungen etablieren.“ Felix Lansing promovierte 2017 bis 2021 an der TU Dresden. Sein Gen-Skalpell-Projekt wird seit 2020 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert; derzeit werden die Designer-Rekombinasen in präklinischen Studien getestet, bevor sie für Klinische Studien zugelassen werden können.
Über den Deutschen Studienpreis
Mit dem Deutschen Studienpreis zeichnet die Körber-Stiftung exzellente Dissertationen aus, die eine besonders hohe gesellschaftliche Relevanz haben. In den Sektionen Sozialwissenschaften, Natur- und Technikwissenschaften sowie Geistes- und Kulturwissenschaften vergibt die Körber-Stiftung Preise im Gesamtwert von über 100.000 Euro. Der Deutsche Studienpreis zählt damit zu den höchstdotierten wissenschaftlichen Nachwuchspreisen in Deutschland. Dr. Lansing setzte sich gegen 609 Mitbewerber:innen durch.
Weitere Informationen:
Felix Lansing
PostDoc - Buchholz Lab UCC, Medical Systems Biology
Tel: +49 351 463-40274
Web: https://koerber-stiftung.de/projekte/deutscher-studienpreis/preistraeger-innen-2022/