24.04.2019
Die Stärke der Gruppe im „struggle for life“
„Kropotkin´s Garden“: Mangrovenbäume unterstützen sich über Wurzelnetzwerke
Miteinander vernetzen und Kooperationen eingehen. Das Prinzip, was bei uns Menschen einen strategischen Vorteil zum Wirtschaften und Überleben darstellt, untersucht Prof. Dr. Uta Berger, Inhaberin der Professur für Forstliche Biometrie und Systemanalyse der Fakultät Umweltwissenschaften, in den nächsten drei Jahren zusammen mit ihrer Forschungspartnerin Dr. Alejandra Vovides von der Universität Glasgow. In ihrem Projekt Kropotkin´s Garden wollen sie anhand von Mangrovenbäumen herausfinden, wie sich Wurzelnetzwerke bilden und ob diese einen evolutionären Vorteil im Vergleich zu Einzelbäumen darstellen. Diese Netzwerke könnten einen wichtigen Vorteil für das Überleben von Wäldern bei Salzstress und Extremwetterereignissen wie etwa bei Stürmen bieten. Auf Grundlage der Forschungsergebnisse ließe sich ein gutes Modell auch für hiesige Baumarten ableiten, denn Salz habe laut Dr. Uta Berger den selben physiologischen Effekt wie Trockenstress. Das außergewöhnliche Projekt im Gebiet der Grundlagenforschung wird von der Volkswagen Stiftung gefördert, die gewagte und innovative Forschungsideen durch ihr Programm „Offen für Außergewöhnliches“ unterstützt.
Mangroven und Simulationsmodelle zur Nachbildung ökologischer Systeme (Agenten- und Individuen basierte Modellierung) sind die Spezialgebiete von Prof. Dr. Uta Berger. Bereits seit fünf Jahren arbeitet sie mit Dr. Alejandra Vovides auf diesem Gebiet zusammen. Eine Erfindung von Vovides brachte beide in ihrer Forschung ein ganzes Stück voran: ein tragbares Ultraschallgerät, ein sogenannter Echosounder, der mittels Schallwellen die Vernetzung von Bäumen messbar macht. Bäume, die besseren Zugang zu Wasser haben, können ihre Artgenossen bei Trockenheit mit Wasser und Nährstoffen versorgen. Zur Messung der „Wasserumverteilung“ und in welche Richtung das Wasser fließt, haben sich Dr. Uta Berger und Dr. Alejandra Vovides die auf diesem Gebiet weltweit führende, aus Tschechien stammende Expertin Dr. Nadezhda Nadezhdina von der Mendel Universität in Brno ins Boot geholt.
Gemeinsam mit ihrem Kooperationspartner Dr. Jorge Portillo-Lopéz vom mexikanischen Instituto de Ecología - INECOL fanden die beiden Wissenschaftlerinnen im Untersuchungsgebiet in Mexiko bereits heraus, dass die Netzwerke vor allem von den größeren Individuen gebildet werden und im Mittel nur vier bis fünf Bäumen umfassen. Dabei sind diese Netzwerke nicht, wie erst vermutet, sternförmig sondern linear aufgebaut. Der lineare Aufbau deutet darauf hin, dass die Netzwerke nicht zufällig entstehen – eine Kernfragestellung, auf die die Wissenschaftlerinnen durch ihre Untersuchungen eine Antwort finden wollen. Eine große Überraschung wartete auf Dr. Uta Berger bereits während eines Forschungsaufenthaltes am CIRAD in Montpellier: sie erfuhr durch den Entomologen, Dr. Cyril Piou, und den Sozialwissenschaftler, Dr. Etienne Delay, dass auch beim Menschen stabile Netzwerke aus vier bis fünf Personen bestehen.
Die bisherigen Ergebnisse liefern Diskussionsstoff, um etablierte evolutionstheoretische Theorien wie Darwins´“survival of the fittest“ zu hinterfragen. Lang wurde das Konzept der Gruppenselektion abgelehnt, derzeit aber von Evolutionsbiologen wiederentdeckt. Bereits Peter Kropotkin, der dem Projekt seinen Namen leiht, beschreibt in seiner Publikation „Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt“ die Kooperation als ein Faktor der Evolution, die Stabilität und die Überlebensfähigkeit einer ganzen Gruppe sichert.
Informationen für Journalisten:
Prof. Dr. Uta Berger
Tel. +49 351 463-31892