Feb 26, 2019
Die Wortklingen kreuzen
In der Dresden Debating Union wird seit 2002 fleißig debattiert – und durchaus nicht immer mit der eigenen Position
Beate Diederichs
Bei der Dresden Debating Union kann man jede Woche das Debattieren auf Deutsch und Englisch trainieren und sich mit Gleichgesinnten messen. Der studentische Debattierclub gehört zu den Hochschulgruppen der TU Dresden. Er nimmt regelmäßig an Wettkämpfen teil und richtet auch welche aus.
Am Ende der wöchentlichen Debattierrunde wartet die Stunde der Wahrheit auf die Teilnehmer. Heute in Person von Gerrick Verhees, Medizinstudent und langjähriges Mitglied der Dresden Debating Union. Er hat an diesem Abend die Debatte geleitet und lädt die Debattierer nun in seinen »Schutzraum des konstruktiven Feedbacks«, wie er es nennt. Verhees schätzt kurz ein, wie sich das Pro- und das Kontra-Team und das Paar der unabhängigen Sprecher geschlagen haben. Danach geht er auf jede Einzelleistung ein und vergibt Punkte. »Generell war es heute eine eher durchschnittliche Debatte mit einigen Schwächen beim Fachwissen«, lautet das Urteil des angehenden Mediziners und erfahrenen Debattierers, der selbst Weiterbildungskurse zum Thema gibt. Er seziert die Argumente der Teilnehmer, zeigt Widersprüche darin und gibt Verbesserungsvorschläge, auch dafür, wie die jungen Frauen und Männer ihre Mimik und Gestik wirkungsvoll einsetzen können. »Bereits nach einigen Monaten bei uns haben die Teilnehmer durch das Training und das Feedback deutliche Fortschritte gemacht – ihr analytisches Denkvermögen schärft sich, sie fassen schneller auf, ihre Rhetorik verfeinert sich«, kommentiert Christian Schwartz, Präsident der Dresden Debating Union. Er debattierte heute auf der Pro-Seite, die in der Runde auch Regierungsbank genannt wird, hat trotz seiner Erfahrung allerdings auch nur einen mäßigen Punktwert von Gerrick Verhees bekommen. Schwartz, Medizinstudent wie Verhees und derzeit die meisten Debattierer hier, nimmt es sportlich. Er weiß, dass er mit jeder Rückmeldung des Debattenleiters ein Stückchen besser wird. »Ich habe schon in der Schule gerne debattiert. Besonders interessant finde ich es, Positionen zu vertreten, die nicht die eigenen sind.« Denn die Rollen in der Debatte – wie Pro- und Kontra-Vertreter, Unabhängige oder Juroren – werden stets verlost. So kann ein Teilnehmer auch einen Standpunkt verteidigen müssen, mit dem er sich nicht identifizieren kann.
Seit die Dresden Debating Union 2002 gegründet wurde, haben sich die Studenten rhetorisch mit unzähligen Themen auseinandergesetzt. »Wir schicken meist einen Tag vor der Debatte drei Themenvorschläge über unseren Newsletter an die Mitglieder. Vor Ort stimmen wir dann ab, welches Thema wir wirklich besprechen wollen«, berichtet Christian Schwartz. Auch heute standen mehrere Vorschläge an der Tafel des Seminarraums 301 des Hörsaalzentrums. Am Ende entschieden sich die neun Anwesenden für »Sollte die NATO die Türkei aus ihrem Verteidigungsbündnis ausschließen?« Mit diesem Zufallsmodus gehen alle Teilnehmer mit denselben Voraussetzungen in die Debatte. Fünfzehn Minuten Vorbereitungszeit sind erlaubt, Notizen können angefertigt werden. Googeln ist verboten. »Die Teilnehmer dürfen nur das benutzen, was sie in ihrem Kopf haben. Aber als durchschnittlicher Zeitungsleser ist man eigentlich gut vorbereitet. Außerdem können sich die Teammitglieder untereinander beraten«, sagt Christian Schwartz. Die Redezeit beträgt pro Person sieben Minuten. Fragen dürfen gestellt werden. Am Ende fassen zwei Leute die Debattenteile zusammen. Die rhetorische Auseinandersetzung dauert knapp zwei Stunden. Wenn mehr als zwanzig Mitglieder da sind, laufen zwei Debatten parallel. Momentan debattiert man nach dem Modell der Offenen Parlamentarischen Debatte (OPD), das aus Deutschland stammt. Im kommenden Jahr ist dann »British Parliamentary Style« dran. Denn beide Modelle wechseln sich ab. Zusätzlich zu der Debatte in deutscher Sprache, die dienstags stattfindet, gibt es mittwochs noch eine auf Englisch.
Ab und an richtet die Debattierunion in Dresden Meisterschaften aus. Die zweite deutschsprachige Debattiermeisterschaft in Dresden war 2002 der Auslöser für die Gründung des Vereins gewesen.
Weitere Informationen unter: www.dresden-debating.de
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 04/2019 vom 26. Februar 2019 erschienen. Die komplette Ausgabe ist hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei doreen.liesch@tu-dresden.de bestellt werden. Mehr Informationen unter universitaetsjournal.de.