Jul 07, 2014
EU-Förderung: Auf dem Weg zum Diagnosegerät für Blutzellen
Professor Jochen Guck vom Biotechnologischen Zentrum der TU
Dresden (BIOTEC) wird mit Hilfe eines Proof of Concept Grants,
der vom European Research Council (ERC) vergeben wird,
die Kommerzialisierung einer neu entwickelten Technologie
initialisieren. Ziel ist es, mit einem innovativen Gerät die
mechanischen Eigenschaften von Zellen zu messen, damit
Erkrankungen wie Sepsis frühzeitig erkannt werden können. Für
zwölf Monate stehen dem Physiker 150.000 Euro zur Verfügung, um
kommerzielle Anwendungen der neuen Methode zu evaluieren und
deren Vermarktung vorzubereiten.
Sepsis, umgangssprachlich auch Blutvergiftung genannt, gehört
in Deutschland zu den häufigsten Todesursachen auf
nicht-kardiologischen Intensivstationen. Pro Jahr erkranken
daran deutschlandweit etwa 154.000 Menschen. Davon sterben rund
56.000 an den Folgen der Erkrankung, das heißt 154 Menschen am
Tag. Der frühzeitige Beginn der Antibiotikatherapie ist für die
Überlebenschancen der Patienten essentiell. So steigt die
Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Verlaufs von schwerer Sepsis
um 7% pro Stunde. Die etablierten Diagnosemethoden basieren
darauf, die verursachenden Erreger über mehrere Tage im Labor
zu vermehren und anschließend zu identifizieren.
Im Gegensatz dazu kann mit der neuentwickelten
Technologie aus der Forschungsgruppe von Professor Jochen
Guck innerhalb von Minuten die direkte Reaktion der
körpereigenen Immunzellen auf eine Infektion abgefragt werden.
Das Team um den Physiker konzentriert sich dabei auf die
mechanischen Eigenschaften biologischer Zellen. „Wir wissen
aufgrund unserer Forschungsergebnisse, dass die Verformbarkeit
von Zellen einen kausalen Zusammenhang zu ihrer Funktionalität
aufweist“, sagt Jochen Guck.
Die entwickelte Messmethode basiert auf der hydrodynamischen
Verformung von einzelnen Zellen und der unverzüglichen
Auswertung der Daten. Damit lässt sich zum Beispiel die
Verformbarkeit weißer Blutzellen messen, die bei
Infektionskrankheiten wie Sepsis eine entscheidende Rolle
spielen. „Der Durchsatz unserer Messmethode ist sehr hoch und
erlaubt uns die unmittelbare Analyse von Blutproben“, berichtet
Jochen Guck. „Pro Minute können wir derzeit 10.000 Zellen
messen. Das ermöglicht uns das Erstellen eines mechanischen
Blutbildes, welches vom Arzt in der Diagnostik verwendet werden
kann. Auf lange Sicht ist es unser Ziel, dadurch die
Überlebenschancen bei schweren Krankheiten deutlich zu
steigern.“
Um seine Grundlagenforschung in ein Produkt zu überführen, sind
noch viele Fragen zu klären: Können wir die neue Methode unter
Medizinern etablieren? Wie hoch ist das Marktpotential für
dieses innovative Diagnosegerät? Müssen zusätzliche Funktionen
integriert werden und welche weiteren Anwendungsmöglichkeiten
sind wirtschaftlich attraktiv? Genau hier setzt die
eingeworbene EU-Förderung an, denn für Wissenschaftler ist der
lange Weg von der Forschung zur kommerziellen Anwendung ohne
finanzielle Förderung kaum realisierbar.
„Wir streben an, unsere in der Grundlagenforschung entstandene
Methode als Gerät über eine eigens gegründete Firma zu
vermarkten. Zwei junge Kollegen aus dem Team ZellMechanik
Dresden werden jetzt Dank der EU-Förderung die notwendigen
Marktanalysen, Strategieplanungen sowie die Suche nach
Investoren angehen“, erläutert Jochen Guck.
Informationen für Journalisten:
Birte Urban-Eicheler, Pressesprecherin Biotechnologisches
Zentrum der TU Dresden (BIOTEC)
Tel.: 0351 463-40347