02.12.2014
Der „gute Bürger“ im Fokus der Wissenschaft
Der „gute Bürger“ und seine verschiedenen Rollen stehen im
Mittelpunkt eines neuen von der Fritz Thyssen Stiftung
finanzierten Forschungsprojektes unter der Leitung von Prof.
Hans Vorländer, Inhaber der Professur für Politische Theorie
und Ideengeschichte und Direktor des Zentrums für Verfassungs-
und Demokratieforschung (zvd) der TU Dresden.
Schon seit der Antike ist die Frage aktuell, wie der Bürger
seine Rolle im Gemeinwesen ausüben soll. Der aus dem
Griechischen kommende Begriff Politik bedeutet die Regelung der
das Gemeinwesen betreffenden Angelegenheiten. Deshalb ist die
Frage nach dem „guten Bürger“ heute noch aktuell und womöglich
wichtiger denn je.
Als sogenannter Wutbürger ist der „gute Bürger“ zuletzt beim
Bau der Dresdner Waldschlösschenbrücke oder des Stuttgarter
Hauptbahnhofs in Erscheinung getreten. Den Dresdner
Wissenschaftlern geht es nun um die Frage, was einen „guten
Bürger“ ausmacht. Wie viel und vor allem welche Formen von
Loyalität und Engagement sollte der „gute Bürger“ der
Demokratie entgegenbringen? So wird beispielsweise auch der
Wert der Opferbereitschaft des Bürgers in Uniform thematisiert
oder die penible Gesetzestreue bei Bürgern als
Amtsträger.
Das Projekt stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage,
wie und in welcher Weise in den gesellschaftspolitischen
Debatten der Gegenwart der Bürgerbegriff verwendet und
inhaltlich ausgestaltet wird. Inwiefern dient also der Topos
des „guten Bürgers“ als Projektionsfläche? Mit welchen
konkreten Tugendanforderungen, Solidaritätszumutungen und
Gemeinsinnserwartungen wird er dabei verknüpft und von welchen
Negativmustern abgegrenzt? Insgesamt werden sechs thematische
Untersuchungsbereiche im Spannungsfeld zwischen Staat,
Wirtschaft und Gesellschaft analysiert. Untersucht wird der
Bürger in seinen verschiedenen Rollen als Amtsträger, als
Soldat, als Wirtschaftsbürger, als Vereinsmitglied, als
Neubürger und schließlich als Wutbürger.
Eine vergleichende Untersuchung, so die Ausgangshypothese des
Projekts, ermöglicht es, nicht nur das zeitgenössische
Verständnis von Begriffen wie Bürger, Bürgerlichkeit oder
Bürgergesellschaft, sondern auch den Blick auf jene komplexen
und voraussetzungsreichen Kohäsionskräfte zu schärfen, die
wesentlich zum Zusammenhalt der demokratischen
Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland im 21.
Jahrhundert beitragen.
Weitere Informationen unter http://tu-dresden.de/die_tu_dresden/fakultaeten/philosophische_fakultaet/ifpw/poltheo/zvd/forschungsprojekte_doc.
Foto: Jacques Grießmayer, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Demonstration der Befürworter des Bahnprojekts
„Stuttgart 21".
Informationen für Journalisten:
Prof. Hans Vorländer
Tel.: 0351 463-35811