Nov 28, 2017
Jugendliche messen kosmische Teilchen
Schülerinnen und Schüler aus Sachsen sind am 30.11. eingeladen ins Institut für Kern- und Teilchenphysik der TU Dresden zum International Cosmic Day. Mit verschiedenen Experimenten untersuchen die Jugendlichen kosmische Teilchen, die aus den Tiefen des Weltalls stammen und Erkenntnisse über Vorgänge im Kosmos liefern. Forschungseinrichtungen weltweit haben sich zusammengeschlossen und öffnen am International Cosmic Day ihre Türen, um den Jugendlichen diesen spannenden Forschungstag in der Astroteilchenphysik zu ermöglichen. Initiiert wird die Veranstaltung vom Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY in Kooperation mit dem an der TU Dresden geleiteten Netzwerk Teilchenwelt sowie dem Forschungszentrum Fermilab mit seinem Lehrernetzwerk QuarkNet in den USA. „Der International Cosmic Day bietet Jugendlichen die Möglichkeit, sowohl eigene Messdaten aufzunehmen und auszuwerten, als auch Einblick in die Datenanalyse der großen Experimente weltweit zu bekommen. Diese Beteiligung ist ein wesentlicher Baustein im Verständnis, wie Wissenschaft funktioniert", unterstreicht Prof. Dr. Michael Kobel, Leiter von Netzwerk Teilchenwelt an der TU Dresden.
Das Gebiet der Astroteilchenphysik ist ein relativ junges Forschungsfeld, welches sich seit einigen Jahren rasant entwickelt. Mittels internationaler Zusammenarbeit und modernster Technik wird es möglich, das Universum, in dem wir leben, immer genauer zu erforschen. Es werden riesige Observatorien gebaut, um die kleinsten Teilchen zu detektieren, die den Kosmos durchströmen. Diese kosmischen Teilchen liefern Informationen, um Einblicke in die Vorgänge in unserem Universum zu erhalten, die mit gewaltigen Energien verbunden sind. Die moderne Astroteilchenphysik will Erklärungen für Phänomene finden, an denen die Wissenschaft seit Jahrzenten knobelt. „Unsere Forschung profitiert von einer Vielzahl an Persönlichkeiten und Nationalitäten mit unterschiedlichen Kulturen und Ausbildungen. Gemeinsam erforschen wir jeden Tag unser Universum. Es ist großartig, dass am International Cosmic Day mehr als 60 Gruppen von Jugendlichen in 17 Ländern weltweit dies selbst erleben können“, erklärt Prof. Christian Stegmann, Leiter des DESY-Standortes in Zeuthen.
Auch wenn wir es nicht wahrnehmen, fliegen die Boten aus dem Weltall permanent durch uns hindurch. Wenn Teilchen aus dem Kosmos auf die Atmosphäre der Erde treffen, erzeugen sie einen Schauer aus tausend neuen Teilchen. Viele der neuen Teilchen zerfallen nach kurzer Zeit. Nicht so die Myonen. Sie können den Erdboden erreichen und uns so die Geschichten des Universums erzählen.
Die eigens für Schülerinnen und Schüler entwickelten Experimente erlauben es den Jungforschern, selbst kosmische Teilchen zu messen. Mit den Detektoren, zumeist nicht größer als ein Laptop, wird am International Cosmic Day untersucht, aus welcher Richtung die meisten Myonen kommen. Erreichen uns aus allen Richtungen gleich viele Myonen, oder gibt es eine Vorzugsrichtung? Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie geschulte Lehrkräfte unterstützen die Jugendlichen, die Messungen zu planen, umzusetzen, die gewonnenen Daten auszuwerten und graphisch darzustellen. Die Jugendlichen können anschließend ihre gewonnenen Erkenntnisse in einer Videokonferenz mit den anderen Teilnehmern weltweit austauschen. Dieses gemeinsame Analysieren, Vergleichen und Diskutieren zeigt den Jugendlichen, wie internationale Zusammenarbeit gelingen kann und wie Wissenschaft als verbindendes Element über Ländergrenzen, sprachliche Barrieren und kulturelle Unterschiede hinweg fungiert. „Es ist jedes Jahr wieder bemerkenswert, wie schnell die Jugendlichen den Forschergedanken annehmen und sich begeistert, offen und auch kritisch in den Videokonferenz austauschen“, erläutert Carolin Schwerdt, Koordinatorin der Astroteilchen-Projekte für Jugendliche bei DESY und im Netzwerk Teilchenwelt.
Daten aus der Forschung sollen an dem Tag natürlich nicht fehlen. Die internationalen Forschungsexperimente ATLAS und IceCube werten für den International Cosmic Day ihre Messungen aus und präsentieren den jungen Teilnehmenden die Ergebnisse. ATLAS ist ein Teilchendetektor am Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider LHC am CERN. Im LHC werden Protonen auf hohe Energien beschleunigt und in ATLAS kontrolliert zur Kollision gebracht. Genauso, wie es in der Natur sekündlich passiert, wenn ein kosmisches Teilchen auf einen Atomkern der Atmosphäre trifft, entstehen bei der Kollision im Detektor viele neue Teilchen. ATLAS kann deren Spuren präzise detektiert. Durch die Auswertung vieler Kollisionen können die Forscherinnen und Forscher die dabei stattfindenden fundamentalen Prozesse genauestens untersuchen. Werden im LHC keine Teilchen beschleunigt, kann ATLAS trotzdem Teilchen messen. Bei eingeschaltetem Detektor hinterlassen dort dann nur die kosmischen Myonen ihre Spuren.
IceCube am Südpol ist auf der Suche nach hochenergetischen Neutrinos, die aus dem Weltall kommen und deren Ursprung explodierende Sterne, Gamma Ray Bursts und andere Quellen sind. Diese Neutrinos werden indirekt über Myonen nachgewiesen, die entstehen, wenn ein Neutrino im Detektor wechselwirkt. Eine wesentliche Aufgabe dabei ist es, diese Myonen von denen aus der Atmosphäre zu unterscheiden. Auch wenn beide Experimente unterschiedliche Forschungsschwerpunkte haben, messen sie die kosmischen Myonen und können zu den Untersuchungen und Diskussionen am Internationalen Cosmic Day beitragen.
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