23.03.2015
Kreatin schützt vor Carbonylstress
Lebensmittelchemiker der TU Dresden haben eine bisher
unbekannte Funktion des Kreatins entdeckt und damit einen neuen
Ansatz für die Behandlung von Folgeschäden bei Diabetes oder
Alzheimer gefunden. Kreatin ist eine körpereigene Substanz, die
vom Körper selbst gebildet, aber auch durch den Verzehr von
Fleisch und Fisch aufgenommen wird. Schon lange ist bekannt,
dass sie für die Energiegewinnung in Muskelzellen und im Gehirn
verantwortlich ist. Daher setzen viele Sportler in der
Ernährung auf Kreatin. Die Wissenschaftler um Prof. Thomas
Henle haben nun gezeigt, dass ihm im menschlichen Körper noch
eine weitere Funktion als „Schutzmolekül“ gegen den sogenannten
Dicarbonylstress zukommt.
Als Dicarbonylstress wird das erhöhte Vorkommen von sogenannten
alpha-Oxoaldehyden (1,2-Dicarbonylverbindungen) im
Organismus bezeichnet, die aus dem Blutzucker Glucose
entstehen. Die Verbindungen sind hochreaktiv und in der Lage,
irreversibel an Körperproteine und sogar DNA zu binden. Ihre
Anreicherung im Blut und Gewebe wird für zahlreiche
Funktionsstörungen des menschlichen Körpers verantwortlich
gemacht. Dazu zählen unter anderem Arteriosklerose oder Schäden
an Netzhaut und Nerven bei Diabetes. 1,2-Dicarbonylverbindungen
gelten zudem als Toxine bei Nierenfunktionsstörungen. Darüber
hinaus wird in aktuellen Studien ihre Bedeutung bei
neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson
sowie bei neurologischen Störungen wie Schizophrenie
untersucht.
Die Entdeckung der Dresdner Wissenschaftler könnte nun die
Grundlage für einen neuen Therapieansatz für derartige
Erkrankungen sein. Sie wiesen nach, dass Kreatin sehr gut in
der Lage ist, im Organismus mit den Dicarbonylen zu reagieren
und damit unschädlich zu machen. Das Kreatin fängt die
Verbindung ab, bevor sie mit Körperproteinen oder DNA reagieren
kann. Die Lebensmittelchemiker identifizierten ein spezifisches
Reaktionsprodukt namens „MG-HCr“, welches aus Kreatin und
Methylglyoxal, der reaktivsten Dicarbonylverbindung, gebildet
wird. MG-HCr konnte mittels hochempfindlicher Analysenmethoden
in Urinproben nachgewiesen werden. In einer Ernährungsstudie
zeigte sich, dass die Verabreichung von reinem Kreatin die
Ausscheidung von MG-HCr bereits nach wenigen Tagen deutlich
erhöht – ein sicheres Indiz dafür, dass die Verbindung im
Körper als „Abfangreagenz“ für die schädlichen
Dicarbonylverbindungen wirkt und dem Körper hilft, diese
auszuscheiden. Welche gesundheitliche Bedeutung dies genau hat,
muss in weiterführenden Studien geklärt werden. Für
verschiedene neuromuskuläre und neurodegenerative Erkrankungen
wie Parkinson oder Alzheimer hat Kreatin bereits Erfolge als
Zusatztherapeutikum gezeigt. Die Forschungen an der TU Dresden
liefern nun möglicherweise die Erklärung dafür. So könnte eine
erhöhte Kreatinaufnahme über Fleisch oder
Nahrungsergänzungsmittel auch einen positiven Effekt bei
Diabeteserkrankungen haben.
Die Forschungsergebnisse wurden jetzt im „Journal of
Agricultural and Food Chemistry“ der American Chemical Society
veröffentlicht und stehen hier online zur Verfügung: http://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/jf505998z
Foto: Rainer Sturm/pixelio.de
Informationen für Journalisten:
Prof. Thomas Henle
Tel.: 0351 463-34647 bzw. 0172 8618267