Nov 03, 2020
Mobilität und Monitoring: Wie der Campus energieeffizient wird
Das Projekt »Camper-Move«« will den Energieverbrauch der TU Dresden senken. Die Ansätze reichen vom Dienstweg bis zur Gebäudesanierung
Luise Anter
Ein kleines Büro im zweiten Stock des Merkel-Baus, eine große Bedeutung für den Campus: Im Raum MER 212 sitzt Diplom- Ingenieur Markus Arendt, Koordinator des Projekts »Camper-Move«. Das steht für: CAMPus-Energieverbrauchs- Reduktion – Maßnahmen zur energetischen Optimierung für eine ressourcenschonende Verbrauchs-Entwicklung. Arendt sagt es so: »Wir wollen den Energieverbrauch und damit auch die CO2- Emmissionen und die Energiekosten der TU Dresden reduzieren.«
Exzellente Forschung braucht viel Strom
Mit 8300 Beschäftigten, 36 000 Studierenden und 50 Gebäudekomplexen bestimmt die TUD einen beträchtlichen Teil des Dresdner Strombedarfs. Vor allem Forschung, EDV und Kälteversorgung brauchen viel Energie – Labore und Versuche machen mehr als ein Viertel des Jahresstromverbrauchs aus. »Uns ist klar, dass exzellente Forschung energieintensiv ist«, sagt Arendt. Deshalb geht es »Camper-Move« nicht darum, die Zahl der Versuche zu reduzieren und öfter mal im Dunkeln mit Schal zu arbeiten. Vielmehr geht es um energieeffiziente Gebäude, Auslastung der Technik, sparsame Nutzung und intelligentes Energiemanagement.
Die Idee ist nicht neu. Beim Vorgängerprojekt »Camper« standen Planung und Strategie im Fokus, nun folgen die praktischen Maßnahmen und deren wissenschaftliche Evaluierung. »Move« soll verdeutlichen: Der Transformationsprozess beginnt. Dafür haben die Beteiligten von 2019 bis 2024 Zeit, Förderung kommt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.
Fünf Professuren sind dabei: Gebäudeenergietechnik und Wärmeversorgung, Baukonstruktion, Bauphysik, BWL, insbesondere Nachhaltigkeitsmanagement und betriebliche Umweltökonomie, sowie Verkehrsökologie. Letztere beschäftigt sich mit dem Bereich Mobilität, der bei »Camper« noch außen vor war. Dabei erzeugten Arbeitsweg und Dienstreisen der TUD-Angehörigen etwa im Jahr 2016 doppelt so viele Emissionen wie das Heizen: 11 205 Tonnen CO2.
Website zur Mobilität soll entwickelt werden
Das soll sich ändern. Etwa dank einer interaktiven Plattform, auf der man alle Infos rund um Anreise und Mobilität auf dem Campus findet, von Tram- Verbindungen bis zu Mitfahrgelegenheiten für Pendler. Die Website soll bis zum Projektende online gehen. Auch bei der Planung von Dienstreisen sollen Beschäftigte und Studierende ans Energiesparen denken, also den Zug nehmen oder CO2-Kompensation kaufen. »Wir wollen sensibilisieren, nicht regulieren «, sagt Arendt.
Das gilt auch für sparsameres Verhalten am Arbeitsplatz. Wer seinen PC ausmacht, wenn er ihn nicht nutzt, spart im Jahr 67 Prozent des durchschnittlichen Strombedarfs eines Arbeits-PCs. Um individuelle Tipps zu bekommen, können Professuren sich bei »Camper-Move« ein kleines Energie- Mess-Set ausleihen, mit dem sie ihren Stromverbrauch und die Raumtemperatur einige Wochen beobachten. Das Projekt wertet die Daten aus und macht konkrete Vorschläge: anders lüften, energiesparend heizen, Drucker öfter ausschalten.
Doch effiziente Nutzung stößt an Grenzen, wo das sanierungsbedürftige Gebäude ein Energiefresser ist. Daher hat das Projekt auch die Bauten im Blick. Die Wissenschaftler evaluieren bei einzelnen TUD-Baumaßnahmen, was diese für die Energieeffizienz bringen. Zurzeit begleiten sie zum Beispiel die Zentralisierung von Kälteinseln und erforschen, wie man den Biologie-Bau sinnvoll vor Wärme schützen kann, um das Büroklima angenehmer zu gestalten. Zudem hat die Professur für Bauphysik einen Leitfaden entwickelt, wie sich Denkmalschutz und Energieeffizienz vereinbaren lassen. Ein Tipp: nicht die Fassade dämmen, sondern die Innenwand.
Energieverbräuche aller Gebäude werden gesammelt
Ein Wort fällt im Gespräch mit Markus Arendt immer wieder: »Daten«. »Wir brauchen Daten aus Vergangenheit und Gegenwart, um die Zukunft besser zu gestalten.« Herzstück des Projekts ist daher ein Website-Tool für das Energiemanagement. Es sammelt den Energieverbrauch aller Gebäude auf dem Campus – ob vom Lehmann- Rechenzentrum oder von Arendts Büro. Das Monitoring überwacht nicht nur den Effekt von Einsparmaßnahmen, sondern ermöglicht auch den Vergleich: Wenn etwa in zwei ähnlich großen Gebäuden mit ähnlicher Nutzung der Verbrauch stark variiert, sollte das eine Gebäude anders geheizt oder sogar energetisch saniert werden. Auch Dienstwege sollen hier anonymisiert eingetragen werden, um Veränderungen bei der Mobilität sichtbar zu machen.
Verbrauchsarme Institute könnten profitieren
Die Daten könnten für ein Bonus- System genutzt werden: Professuren oder Institute sollen profitieren, wenn sie ihren Verbrauch und ihre Emissionen senken: ob durch neue Fahrradstellplätze oder durch monetäre Anreize wie der Erstattung der Zahlungen für CO2-Kompensation. »Da sind wir aktuell im Brainstorming«, sagt Arendt. In das Website-Tool aber fließen täglich mehr Daten. Künftig sollen sie automatisiert importiert und zu interaktiven Grafiken verarbeitet werden. »Verantwortliche und Interessierte können das Tool dann auch über das Projektenende hinaus nutzen«, sagt Arendt. »Der Trend zum sparsamen Campus soll nicht abbrechen, wenn ›Camper-Move‹ ausläuft.«
Weitere Informationen unter: www.tu-dresden.de/camper
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 17/2020 vom 3. November 2020 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.