Nov 18, 2009
TUD-Studie zeigt: Der ÖPNV-Fahrplan wird mobil
Mobiltelefon und Internet werden für die persönliche Fahrplanauskunft zunehmend bedeutender. Dies ergab eine repräsentative Umfrage des Instituts für Wirtschaft und Verkehr der TU Dresden. Mehr als 2000 Kunden des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Dresden und Dresdner Umland wurden durch die Wissenschaftler hinsichtlich ihrer Nutzung von Informations- und Ticketsystemen im ÖPNV zwischen Juni und Juli 2009 persönlich befragt.
Die Verbindungsauskunft im Internet ist inzwischen alltäglich geworden. "Bei Personen mit Internetzugang ist die Internetauskunft die Informationsquelle Nr. 1", so Gertraud Schäfer, Projektmitarbeiterin der Studie. Bei den ÖPNV-Kunden mit Internetzugang waren es 58 Prozent, die häufig und 36 Prozent, die selten auf die Auskunftsdienste im Internet zurückgriffen, also nutzten insgesamt 94 Prozent dieser Kunden die Online-Fahrplanauskunft. Bezogen auf die Gruppe aller ÖPNV-Kunden nahmen zwei Drittel der Befragten internetbasierte Verbindungsauskünfte wahr. Damit ist ein deutlicher Abstand zu klassischen Angeboten wie Fahrplanbuch (58 Prozent) oder der telefonischen Auskunft (5 Prozent) zu erkennen. Lediglich Aushänge und digitale Abfahrtsanzeigen direkt an den Haltestellen werden häufiger genutzt, weil sie ständig verfügbar sind.
Wie die vorliegende Studie analysiert, fristen auch die Informationsangebote über das Mobiltelefon längst kein Schattendasein mehr. Dies verdeutlicht z. B. der Bekanntheitsgrad der SMS-Fahrplanauskunft, der sich inzwischen sogar leicht über dem der telefonischen Hotline eingependelt hat. Dabei liegt die häufige Nutzung bei der SMS-Fahrplanauskunft mit drei Mal höher als bei der telefonischen Auskunft.
Die Mehrheit der Kunden ist mit den genutzten Informationsmedien zufrieden oder sehr zufrieden. Die höchste Zufriedenheit in Summe ergibt sich bei den Nutzern von Applikationen im Internet via Mobiltelefon sowie bei den Nutzern von echtzeitbasierten elektronischen Diensten wie dem individualisierbaren Desktop-Widget bzw. dem Echtzeitabfahrtsmonitor an Haltestellen. "Die Aktualität, der Komfort und der sofortige Nutzwert sind die wichtigsten Gründe für die Nutzung elektronischer Medien", analysiert Gertraud Schäfer. Bei den Angeboten, deren Anwendung einer bewussten Interaktion durch den Kunden bedarf, ist sicherzustellen, dass ein individueller Informationsmehrwert generiert wird.
Die aktive Nutzung mobiler Ticketlösungen, wie z. B. das Handyticket per SMS, ist momentan noch nicht sehr weit verbreitet. Da die angebotenen Lösungen nur für Gelegenheitsfahrer interessant sind, wurden hierzu auch nur diese befragt. Jeder Zweite kennt diese Angebote, jedoch nur knapp 8 Prozent nutzen den Dienst aktiv. Die Forscher erklären die bisherige Zurückhaltung damit, dass man sich vorher aufwändig registrieren muss. Außerdem ist der elektronische Ticketerwerb derzeit noch unsicher. Erstaunlich ist, dass von den Fahrgästen, die das Handy-Ticket bisher nicht kennen, über ein Drittel diese Erwerbsmöglichkeit bei Bekanntheit in Betracht ziehen würde.
Für zukünftig denkbare mobile Dienste, wie z. B. eine echtzeitbasierte und personalisierte ÖPNV-Navigation, die Umsteigepunkte dynamisch ermittelt, wäre die Hälfte der Mobilfunknutzer bereit, zwischen 5 und 50 Cent pro Dienstnutzung zu zahlen. Es ist demnach ein grundlegendes Interesse für mobile Dienste mit einfacher Bedienung und hohem Nutzwert vorhanden.
Aufgrund der zunehmenden Verfügbarkeit von Echtzeitinformationen auf Seiten der Verkehrsunternehmen und dem Anstieg der Akzeptanz des Einsatzes von mobilen Diensten wird von den Wissenschaftlern erwartet, dass schon mittelfristig das Mobiltelefon als das führende individuelle Auskunftsmedium das Internet ablösen wird und es darüber hinaus durch einfach bedienbare Ticketdienste, wie beispielsweise auf Basis der Near Field Communication-Technologie, langfristig das vorrangig genutzte Medium zum Fahrausweiserwerb sein wird.
Für die Verkehrsunternehmen ergeben sich durch individualisierbare Dienste innovative Potenziale für neue und bisherige Kunden des ÖPNV. Prof. Ulrike Stopka von der Fakultät Verkehrswissenschaften "Friedrich List" der TU Dresden fasst zusammen: "Aktuelle Abfahrtszeiten, Umsteigemöglichkeiten und Anschlusssicherheiten können dem Kunden so nutzerfreundlich und ansprechend auf seinem Mobiltelefon präsentiert werden, dass die Attraktivität des ÖPNV auch im Vergleich zum Individualverkehr deutlich gesteigert werden kann."
Am 27. November 2009 wird dieser Themenkreis Gegenstand der
Fachtagung "Navigation, Echtzeitinformation, eTicketing -
Schöne neue ÖPNV-Welt?" sein, die in Verantwortung der
Professur für Kommunikationswirtschaft der Fakultät
Verkehrswissenschaften "Friedrich List" an der TU Dresden
stattfindet. Die Dresdner Forscher werden u. a. auch Ergebnisse
ihrer empirischen Studie vorstellen.
Weitere Informationen zur Tagung und ein Kurzpaper zur Studie
sind abrufbar unter: www.kommunikationswirtschaft.tu-dresden.de
Informationen für
Journalisten:
Gertraud Schäfer, Tel. 0351
463-36763