Nov 03, 2014
Bettwanzen und Spermiendefekte
Am 1. November 2014 hat Prof. Klaus Reinhardt eine Open
Topic Tenure Track Professur (Zoologie, Institut für Zoologie,
Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften) an der TU Dresden
übernommen.
Der studierte Ökologe habilitierte zum Thema der „Traumatischen
Befruchtung von Bettwanzen“. Nach diversen wissenschaftlichen
Tätigkeiten in den USA, Großbritannien und Deutschland
übernimmt er nun die Open Topic-Professur für Angewandte
Zoologie an der Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften.
Die Forschungsschwerpunkte von Prof. Reinhardt sind
Evolutionäre Konflikte, Spermienbiologie, Experimentelle
Evolution und Entomologie. Dabei konzentriert er sich auf drei
Themenschwerpunkte: Evolution und Pathologie der männlichen
Infertilität, Evolutionäre Lösungen von Krankheiten sowie
Bioprospektion.
Klaus Reinhardt studierte Ökologie an der
Friedrich-Schiller-Universität Jena (Abschluss mit
Biologie-Diplom). Er promovierte im Jahr 2000 ebenfalls in Jena
und habilitierte 2013 an der Universität Tübingen zum Thema
„Sexual co-evolution and biological diversification: Traumatic
insemination in bedbugs (Cimicidae)“.
Von 2000 bis 2005 war er als Postdoc u.a. an der Universität
Erlangen, der Illinois State University/USA und der University
of Leeds/GB tätig. Von 2005 bis 2010 war er unabhängiger
Gruppenleiter an der University of Sheffield/GB, von 2010 bis
2014 in derselben Position an der Universität Tübingen. 2014
forschte er im Rahmen eines Gastaufenthaltes am
Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena.
Prof. Reinhardt ist u.a. Vizepräsident der Royal Entomological
Society und war 2013 Podiumssprecher beim Deutschen Ethikrat
zur Zukunft der Fortpflanzungsmedizin in Deutschland.
Forschungsschwerpunkte von Prof. Reinhardt sind Evolutionäre
Konflikte, Spermienbiologie, Experimentelle Evolution und
Entomologie.
Dabei konzentriert sich seine Forschung auf drei
Themenschwerpunkte:
- Evolution und Pathologie der männlichen Infertilität
Das gegenwärtige Augenmerk bei der Erforschung von Funktionsstörungen der Spermien ist auf so genannte Lifestyle-Effekte gerichtet. Unter Nutzung von Tiermodellen quantifiziert Prof. Reinhardt diese Effekte und erfragt durch experimentelle Evolution, welche Lösungen die Natur nutzt, um durch Infektionen oder Nahrungseinflüsse hervorgerufene Spermiendefekte zu verhindern. Eine zentrale Stellung kommt dabei Sauerstoffradikalen zu, deren Wirkung über verschiedene laser-angeregte fluoreszenzmikroskopische Verfahren erforscht werden. - Evolutionäre Lösungen von Krankheiten
Prof. Reinhardt untersucht die Interaktion verschiedener Erbsubstanzen in menschlichen Zellen. Dabei spielt die DNA in den Mitochondrien, den Kraftwerken unserer Zellen, eine wichtige Rolle. Experimentelle Evolutionsbiologie an Tiermodellen kann hier klären, welche Kombinationen von Zell-DNA kompatibel sind und welche nicht. Eine besondere Bedeutung des experimentellen Ansatzes ergibt sich daraus, dass viele Stoffwechsel- und Alterserkrankungen, auch Diabetes, durch Mitochondrien mitbestimmt werden. - Bioprospektion
Vielfältige Problemlösungen der Natur werden besonders dort sichtbar, wo Evolutionsprozesse sehr schnell ablaufen. Dies ist besonders bei evolutionären Konflikten der Fall, hier findet unter Umständen eine millionenfache Wiederholung der Lösungssuche statt. Eine derartige Bioprospektion, also eine Untersuchung des kommerziellen Potenzials biologischer Ressourcen, ist bei materialwissenschaftlichen, lebensmitteltechnologischen und medizinischen (z.B. Antibiotika) Anwendungen interessant.
Prof. Reinhardt hat Lehrerfahrung in den Bereichen
Evolution, Ökologie, Biodiversität und Entomologie. Im Rahmen
seiner Lehrtätigkeit an der TU Dresden möchte er die
interdisziplinäre Verbindung zwischen der Biologie und den
Werkstoffwissenschaften, der Architektur, Medizin sowie der
Lebensmitteltechnologie stärken und bei den Studierenden
Interesse wecken für ein Verständnis der Vielfalt optimierter
Lösungsmöglichkeiten, z.B. bei technischen Prozessen, bei
Heilungsprozessen oder der Lebensmittelaufbewahrung.
„Viele Lösungen sind im Tier- oder Pflanzenreich bereits
mindestens einmal ‚erfunden‘ worden. Deshalb möchte ich den
Einfluss der Evolutionsbiologie in der Lehre stärken –
Biodiversität ist nicht nur Artenvielfalt.“
Prof. Reinhardt plant vielfältige Kooperationen zu den drei
genannten Themenschwerpunkten seiner Forschung innerhalb der
Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften als auch mit dem
Biotechnologischen Zentrum (BIOTEC) der TU Dresden. Darüber
hinaus sind Projekte mit dem Max Bergmann Center of
Biomaterials Dresden und dem Max-Planck-Institut für Physik
komplexer Systeme vorgesehen.
Die Open Topic Tenure Track Professuren sind die mit Abstand
umfangreichste Maßnahme des Zukunftskonzeptes der TU Dresden.
Es handelt sich dabei um überdurchschnittlich gut ausgestattete
Professuren, die thematisch völlig frei ausgeschrieben wurden
und nach fünf Jahren bei entsprechender Leistung in eine
dauerhafte Anstellung münden.
Mehr als 1.300 Bewerbungen aus aller Welt für bis zu zehn
dieser neuartigen Professuren gingen bei der TU Dresden ein.
Der Auswahlprozess wurde durch eine externe Findungskommission
geleitet und konnte Anfang des Jahres abgeschlossen werden.
Prof. Reinhardt ist der neunte Open Topic-Professor, der den
Ruf an die TU Dresden angenommen hat.
Informationen zu allen Open Topic-Professoren sind zu finden
unter: http://tu-dresden.de/ottp
Porträtfoto: http://tu-dresden.de/aktuelles/news/Downloads/ott_prof_2/reinhardt
Informationen für Journalisten:
Kim-Astrid Magister
Tel.: 0351 463-32398