24.09.2012
Regionalsprache – Nationalsprache – Sprachnation
Wie schmeckt der Kaukasus? Was ist ein Sprach-Gehirn? Und
wie steht es denn aktuell um die slawische Minderheit in
Sachsen – die Sorben? Ein breites Themenspektrum bietet der
inzwischen 11. Deutsche Slavistentag, der vom 3. bis 6. Oktober
erstmals in Dresden und Bautzen stattfindet.
Der thematische Schwerpunkt „Region, Sprache und Nation“ nimmt
die Lage Dresdens und Bautzens im Dreiländereck und Bautzens im
obersorbischen Sprachgebiet auf. Das Wissen über die slawischen
Kulturen in ihren regionalen und nationalen Kontexten ist ein
wichtiger Faktor für die kulturelle und wirtschaftliche
Entwicklung der deutsch-slawischen Euroregion und nicht weniger
für den kulturellen und wirtschaftlichen Austausch mit Russland
und anderen slawischen Ländern innerhalb und außerhalb der
Europäischen Union. Das Thema ist darüber hinaus grundsätzlich
motiviert. In den slawischen Ländern haben die Nationalsprachen
für das kulturelle und politische Selbstverständnis eine kaum
zu überschätzende Bedeutung. Dass aber die Verbindung von
nationalem Selbstbewusstsein und sprachlicher Identität heikel
ist, kann nicht verschwiegen werden. Der Einheit, die sie nach
innen stiften soll, steht negativ die Abgrenzung nach außen
gegenüber. Sprachen können ideologisiert und sogar zum Vorwand
kriegerischer Auseinandersetzungen werden. Im positiven Sinne
gehören Sprachen und Sprachenvielfalt jedoch zur kulturellen
Eigenheit großer und kleiner Kulturräume. In der Slavistik,
besonders an zwei Standorten in der Umgebung von slawischen
Sprachen, ist das dreifache Spannungsfeld von regionaler
kultureller Identität und Sprache und nationalem
Selbstverständnis im Verhältnis zu regionalen Besonderheiten
ein zentraler Gegenstand der Forschung wie der Vermittlung von
Sprach- und Kulturwissen über die Slavia. Das gilt für die
Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften ebenso wie für die
Sprachdidaktik.
Als Festredner konnte der renommierte St. Petersburger
Germanist und Träger des Bundesverdienstkreuzes Konstantin
Azadovskij gewonnen werden. Er wird zur Eröffnungsveranstaltung
im Kulturrathaus der Landeshauptstadt Dresden zum Thema „Nation
und Nationalität im Deutschen und Russischen“ sprechen. Weitere
Vortragende sind tags darauf u.a. der Prager Philosoph Jan
Sokol, der Gießener Osteuropahistoriker Peter Haslinger und der
Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt. Insbesondere zu
diesen Programmpunkten laden die Veranstalter herzlich
ein.
Im Auftrag des Deutschen Slavistenverbandes, der seit den
1960er Jahren bestehenden Fachvereinigung deutscher
Wissenschaftler, die sich mit slawischer Philologie befassen,
richten das Institut für Slavistik an der TU Dresden sowie das
Sorbische Institut Bautzen die Konferenz aus. Mit über
zweihundert Teilnehmern ist der in dreijährigem Turnus
veranstaltete Deutsche Slavistentag die größte „Heerschau“ der
deutschen Slawistik, eines mit bundesweit etwa 100 Professuren
eher kleinen Faches mit freilich umfangreicher Zuständigkeit
für zirka ein Dutzend slawischer Sprachen,
Literaturen und Kulturen. Das Dresdner Institut befasst sich
vorwiegend mit dem Russischen, Polnischen, Tschechischen und
Sorbischen; das Bautzner Institut erforscht sorbische Kultur in
allen Facetten sowie auch in vergleichender Perspektive.
Zu weiteren Informationen zum Programm siehe:
http://tu-dresden.de/die_tu_dresden/fakultaeten/fakultaet_sprach_literatur_und_kulturwissenschaften/slavistik/slavistentag/startseite
Informationen für Journalisten:
Prof. Dr. Christian Prunitsch,
Tel.: 0351 463-32771,