16.07.2012
Stammzellforscher treffen auf Systembiologen – Modellvorhersagen treffen auf klinische Studien
Mehr als 400 internationale Wissenschaftler werden sich vom
18. bis 20. Juli 2012 auf dem 4. Internationalen
Stammzellkongress Dresden über die Stammzellbiologie vom Modell
bis zur Anwendung austauschen. Dieses Mal sind dazu auch
explizit Systembiologen eingeladen worden, um quantitative
Methoden sowie theoretische Herangehensweisen in Vorträgen und
Diskussionen einzubringen. Das ist die Besonderheit dieses
Dresdner Kongresses, da sich hier Forscher dieser verschiedenen
Disziplinen das erste Mal in dieser Form auf einem Kongress
treffen.
Der 4. Dresdner Stammzellkongress ist mit 54 Vorträgen und 170
Postern kleiner als die Jahre zuvor, dafür jedoch wesentlich
spezifischer, um den fachübergreifenden und offenen
Ideenaustausch zu befördern. „Wir sind sehr gespannt, welche
neuen Diskussionen während des Kongresses entstehen werden,
wenn Stammzellforscher, Ärzte und Theoretiker gemeinsam über
aktuelle wissenschaftlich-klinische Ergebnisse, neue
theoretische Konzepte und innovative Technologien diskutieren
werden“, sagt Elly Tanaka, Konferenzleiterin und Professorin im
DFG-Forschungszentrum für Regenerative Therapien Dresden –
Exzellenzcluster der TU Dresden (CRTD). „Für die Referenten ist
das eine große Herausforderung, da über die Fachgrenzen hinweg
verständlich über das eigene spezifische Forschungsgebiet
gesprochen werden muss.“
So ist es nicht verwunderlich, dass mit dem studierten
Mathematiker Prof. Ingo Röder, Leiter des Instituts für
Medizinische Informatik und Biometrie an der Medizinischen
Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden, ebenso ein
Systembiologe die Stammzellkonferenz mit organisiert. Er
interessiert sich in seiner Forschung vor allem für
regenerative Gewebe und Stammzellen. „Durch die mathematischen
Modelle stellen wir den Medizinern und Biologen Informationen
zur Verfügung, die sie sonst nicht bekommen würden“, erläutert
Ingo Röder. Die Systembiologen untersuchen mit ihren
mechanistischen Modellen Regeln der Stammzellsysteme, um zum
Beispiel den Zeitpunkt vorhersagen zu können, wann eine
Therapie bei chronisch myeloischer Leukämie erfolgreich
abgesetzt werden kann.
Noch ist die Systembiologie als Teil der Biologie nicht
etabliert. Prof. Röder weiß: „Wir müssen den Medizinern und
Biologen erklären, weshalb wir mit mathematischen Modellen, die
aus einer anderen Perspektive auf die biologischen Systeme
sehen, Vorhersagen treffen können, die valide sind.“ Er wünscht
sich ein Umdenken in der Biologie und der Medizin:
„Theoretische Vorhersagen sind in der Physik die Triebfeder für
Forschung.“ Vor 40 Jahren hatte beispielsweise der britische
Physiker Peter Higgs die Existenz des Elementarteilchens
Higgs-Boson vorhergesagt, das jetzt erst nachgewiesen werden
konnte.
Für Prof. Ezio Bonifacio, den dritten Leiter im
Organisationsteam sowie Forschungsgruppenleiter am CRTD, ist
dieses Experiment, Stammzellforscher mit Systembiologen gerade
in Dresden zusammenzubringen, nur folgerichtig: „Im regen
Netzwerk Biopolis sind verschiedene Fachdisziplinen und
Dresdner Forschungsinstitute miteinander verzahnt. Gemeinsame
Projekte zwischen Stammzellforschern und Systembiologen gehören
ebenfalls dazu“. Dieser Forschungsbereich wird durch das von
der Max-Planck-Gesellschaft erste deutsche Zentrum für
Systembiologie in Dresden weiter ausgebaut.
Auch die Liste der Veranstalter des internationalen
Stammzellkongresses zeigt die regionale Vernetzung: das
DFG-Forschungszentrum für Regenerative Therapien –
Exzellenzcluster der TU Dresden (CRTD), der
DFG-Sonderforschungsbereich 655 „Cells into Tissues“, das
Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik,
die Dresden International Graduate School for Biomedicine and
Bioengineering (DIGS-BB), das Leibnitz-Institut für
Polymerforschung Dresden und das Deutsche Zentrum für
Diabetesforschung (DZD). Veranstaltungsort der seit 2006
zweijährlich stattfindenden Tagung ist erstmals der Neubau des
CRTD. Mit dem Symposium zur Dynamik von Stammzell-Heterogenität
und Stammzell-Schicksalsentscheidung in verschiedenen Geweben
und Zelltypen startet die Konferenz. Die Themen reichen von der
theoretischen bis hin zur Systembiologie. Daran schließen sich
spezifischere Seminare mit dem Fokus hämatopoetische und
neurale Stammzellen sowie Diabetes an.
Link zum Stammzellkongress: http://www.stemcellcongress-dresden.org
Informationen für Journalisten:
Birte Urban-Eicheler
Pressesprecherin DFG-Forschungszentrum für Regenerative
Therapien Dresden – Exzellenzcluster der TU Dresden
Tel.: 0351 458-82065
http://www.crt-dresden.de