17.11.2022
Welchen Beitrag leistet die sächsische Landschaft zum Klimaschutz?
Monitoring seit 1996: Staatsminister Günther zu Gast bei der Treibhausgas-Messstation im Tharandter Wald
Gerade werden wieder neue Rekordwerte der CO2-Emissionen in die Atmosphäre gemeldet. In nur 200 Jahren erhöhte sich die atmosphärische CO2-Konzentration um 50 Prozent, fast die Hälfte davon entfällt auf die letzten 30 Jahre – Tendenz weiter steigend. Dieser Anstieg ist der Hauptgrund für den Klimawandel. Weniger Emissionen durch fossile Energie und mehr Bindung von CO2 durch die Photosynthese sind daher die wichtigsten Beiträge zum Klimaschutz. Die „grüne Lunge“ der Kontinente reduziert den CO2-Anstieg in der Atmosphäre um fast 30 Prozent. Durch das richtige Management in Land- und Forstwirtschaft kann dieser Beitrag regional erhalten und sogar erhöht werden. Voraussetzung dafür ist eine ausreichende Kenntnis der Dynamik des CO2-Austausches mit der Atmosphäre unter den landestypischen Bedingungen – Boden, Klima, Land- und Forstwirtschaft – und ihre Optimierung für Klimaschutz, Wasserhaushalt und Produktion.
An der TU Dresden werden die Beiträge von Wäldern, Wiesen, Äckern und Mooren zur CO2-Senkung seit 1996 an der Treibhausgas-Messstation im Tharandter Wald durch die Professur für Meteorologie systematisch erfasst. Die Daten zu CO2- und Wasserhaushalt sowie ihre Analyse sind eine wichtige Entscheidungsgrundlage für die Landbewirtschaftung in Sachsen. Das hilft bei Klimaschutz und Klimaanpassung. Am kommenden Donnerstag, 17. November, besucht Wolfram Günther, Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft die Messstation.
„Um die schlimmsten Folgen des unmittelbar stattfindenden Klimawandels zu vermeiden, müssen wir sowohl Klimaschutz als auch Klimaanpassung schnell voranbringen sowie das begleitende Monitoring sicherstellen“, sagt Prof. Matthias Mauder.
Um die kontinuierlichen Messungen weiter gewährleisten zu können, braucht es qualifiziertes wissenschaftliches Personal und Unterstützung bei der Instandhaltung und Wartung der Forschungsinfrastruktur. Die aufwändige Turbulenzmesstechnik, Eddy-Kovarianz genannt, misst bis zu 20-mal in der Sekunde die CO2-Bilanz zwischen Vegetation und Atmosphäre und leitet daraus 30-Minuten-, Monats- und Jahreswerte ab. Die Qualitätskontrolle und transparente Datenverwaltung in Europa erfolgt im Rahmen von ICOS (Integrated Carbon Observation System) und garantiert belastbare anerkannte Zahlen. Die erste Messstation der TU Dresden (Messbeginn 1996) über einem Fichtenbestand ist gleichzeitig die drittlängste Messreihe global (von ca. 400 Stationen) und die längste in Deutschland. Gemeinsam mit CO2- und Wasserhaushaltsmessungen eines Dauergrünlandes, eines Ackers und einem Eichenjungwuchs bilden sie das Landschaftsobservatorium Tharandter Wald. Dieses Observatorium ist aufgrund der guten Vergleichbarkeit der einzelnen Standorte weltweit einmalig. Hier lassen sich die unterschiedlichen Landnutzungen und deren Management im Hinblick auf ihre Klimaschutzwirkung testen.
Die Auswirkung der Bewirtschaftung, aber auch von Orkanen, Schadinsekten oder Waldbränden ist groß und wird durch die Emissionsfaktoren der Klimaberichterstattung bisher nur ungenügend erfasst. So war beispielsweise eine Eichenpflanzung nach einem Windbruch für elf Jahre eine jährliche CO2-Quelle, d.h., die Bäume und die Bodenorganismen haben mehr CO2 durch Atmung ausgestoßen als durch Photosynthese aufgenommen wurde. Dagegen war ein alter Fichtenwald im selben Zeitraum eine jährliche CO2-Senke (s. Abbildung) – hier übertrifft die Kohlenstoffaufnahme durch die ausgewachsenen gesunden Bäume deutlich die Verluste aufgrund von Atmung. Ähnlich groß können die vermiedenen Emissionen durch die Wiedervernässung von Mooren sein. Auch Zwischenfrüchte in der Landwirtschaft reduzieren die Kohlenstofffreisetzung, wie die Messungen der TU Dresden zeigten. Trockenjahre und Stürme gefährden diese Landschaftssenke, nachhaltige Bewirtschaftung und langfristige Produktnutzung können den Klimaschutz durch die Landschaft fördern.
„Wir sind dankbar für die Unterstützung durch den Freistaat Sachsen und die langjährige Zusammenarbeit in Deutschland und im Rahmen von internationalen Forschungsverbünden. Die forschungsnahe Ausbildung an der TU Dresden etwa zu Fragen des Klimaschutzes profitiert von dem langjährigen Engagement der Professur Meteorologie“, erklärt Prof. Mauder.
Die Professur für Meteorologie an der TU Dresden wird in der europäischen Forschungsinfrastruktur ICOS durch Prof. Matthias Mauder (Principal Investigator) und Dr. Thomas Grünwald (Station Manager) vertreten.
Kontakt:
Prof. Matthias Mauder
Tel.: +49 351 463-31340
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