Aug 18, 2016
WHO-Jugendgesundheitssurvey unter Beteiligung der TUD
Hoher Bedarf an Gesundheitsförderung – besonders in nicht-gymnasialen Schulformen in Deutschland.
Psychosomatische Beschwerden, Konsum von Alkohol, Tabak und Cannabis, ungesundes Ernährungsverhalten sowie Mobbing und exzessiver Medienkonsum – das trifft für Schüler in nicht-gymnasialen Bildungsgängen stärker zu als für Gymnasiasten.
Das ist ein durchgängiges Ergebnis der internationalen Studie „Health Behaviour in School-Aged Children“ (HBSC). Diese Untersuchung wird unter der Schirmherrschaft der WHO in Deutschland von sieben Forscherteams durchgeführt und im Abstand von vier Jahren wiederholt. Der Abschlussbericht der aktuellen Erhebung ist soeben im Verlag Beltz-Juventa erschienen.
Die beteiligte Forschungsgruppe Schulevaluation der TU Dresden unter Leitung von Prof. Wolfgang Melzer setzte in diesem Rahmen zwei Schwerpunkte im Bereich der Unterstützung der Schüler durch Elternhaus und Schule als mögliche Schutzfaktoren für die Gesundheit und der sozialen Gesundheit am Beispiel des Schülermobbings.
Die Ergebnisse zeigen zum erstgenannten Schwerpunkt, dass die erlebte Unterstützung von Seiten der Lehrer und Mitschüler in der Schule für die Gesundheit genauso wichtig ist wie die elterliche Unterstützung. Schulklima und eine dem Schüler zugewandte Schulkultur treten als sog. Schutzfaktoren klar zutage. In der Forschung werden Schule und Lehrerhandeln überwiegend in ihren Auswirkungen auf die Schülerleistungen untersucht – die WHO-Studie zeigt, dass schulischen Faktoren im negativen Fall auch für gesundheitliche Probleme mit verantwortlich sein können und nicht einseitig dem Elternhaus zugeschoben werden dürfen.
Beim zweiten Analyse-Schwerpunkt erwies sich das Schüler-Mobbing als erheblicher Risikofaktor für die psychische Gesundheit. Betroffene Schüler berichten von einem schlechteren Gesundheitszustand, einer geringeren Lebenszufriedenheit und häufigeren psychosomatischen Beschwerden als unbeteiligte Schüler. Trendanalysen von 2002 bis 2014 ergeben, dass der Anteil der Schüler, die Erfahrungen mit Mobbing machen – entweder als Täter oder als Opfer – bundesweit leicht rückläufig ist. Auf Grund internationaler Erfahrungen kann dieser Teilerfolg mit auf eine kontinuierliche Prävention in den Schulen zurückgeführt werden. Eine wissenschaftsbasierte Prävention sollte auch in Zukunft im Rahmen einer Gesamtstrategie der Gesundheitsförderung in allen Schularten, insbesondere den nicht-gymnasialen Schulen, forciert werden.
Die HBSC-Studie untersucht unter Schirmherrschaft der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit 1982 im Turnus von vier Jahren den Gesundheitszustand und das gesundheitsrelevante Verhalten von 11-, 13- und 15-Jährigen in Europa und Nordamerika. Insgesamt sind derzeit 44 Länder beteiligt. In Deutschland werden die Befragungen seit 1993/94 durchgeführt. Bundesweit wurden bei der aktuellen Studie 5.961 Schüler und Schülerinnen im Alter von 11, 13 und 15 Jahren aus 188 allgemeinbildenden Schulen und acht Förderschulen anonym, freiwillig und mit Einverständnis der Eltern befragt.
Dem deutschen Studienverbund gehören neben der TU Dresden (Prof. Dr. Wolfgang Melzer), die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Prof. Dr. Matthias Richter, Leitung der Studie), die Universität Bielefeld (Prof. Dr. Petra Kolip), das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer), die Frankfurt University of Applied Sciences (Prof. Dr. Andreas Klocke), die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (Prof. Dr. Ludwig Bilz) und die Universität Tübingen (Prof. Dr. Gorden Sudeck) an.
Bilz, L., Sudeck, G., Bucksch, J., Klocke, A., Kolip, P., Melzer, W., Ravens-Sieberer, U. & Richter, M. (Hrsg.). (2016). Schule und Gesundheit. Ergebnisse des WHO-Jugendgesundheitssurvey „Health Behaviour in School-aged Children“. Weinheim: Beltz/Juventa.