Erst denken, dann gestalten
Blick zur Nachbarhochschule: »Kunst am Elbufer« stellt Werke des 1999 verstorbenen HfBK-Professors Jürgen Haufe aus
Mathias Bäumel
Ohne Jürgen Haufe hätte die Werbegrafik in der DDR ein anderes Gesicht. Der studierte Gebrauchsgrafiker (so hieß das damals, was heutzutage Grafikdesigner oder Kommunikationsdesigner wäre) war auf seinem Fachgebiet nicht nur sehr produktiv, sondern auch DDR-weit und darüber hinaus renommiert. Jürgen Haufe prägte die Kultur der Werbegrafik der DDR, dann Ostdeutschlands und darüber hinaus die künstlerische Landschaft Deutschlands mit Plakaten, freier Grafik, mit Drucken, Collagen und mit Buchgestaltungen und Plattencover-Designs. Besonders widmete er sich dem Theater und der Musik, häufig dem Jazz, seinem Liebling, dessen musikalischer Expressivität Haufe seine eigene schwungvolle Linienführung und Ästhetik verdankt.
Der Dresdner Künstler, der 1996 Professor für Typografie und Buchgestaltung an der HfBK Dresden wurde, ist seinem Publikum vor allem durch Plakate für die Leipziger Jazztage, für den Dresdner Jazzherbst, die Plakate für »Jazz in der Philharmonie« in Ludwigshafen am Rhein, für viele Premieren im Staatsschauspiel Dresden und in der Staatsoperette Dresden in Erinnerung geblieben. Aber auch seine Plakate für die Filmnächte am Elbufer und für den – ja! – Dresdner Striezelmarkt waren Meilensteine mit Ideen und Witz.
Haufe gelang es, in seinem Werk die zweckorientierten Formen des Grafikdesign und freiere Kunstformen zu verbinden. Sein Vermögen, dynamische, expressive gebrauchsgrafische Lösungen ebenso wie rasante, dynamische Statements auf dem Gebiet der freieren Grafik und Malerei sowie des Action Painting zu schaffen, war eine seiner Besonderheiten. Seine Gebrauchsgrafik profitierte immer auch vom Schwung, vom Humor, von der Eindringlichkeit und Emotion seiner freien Arbeiten, denen er sich gleichermaßen widmete.
Haufes freie Grafiken, Collagen und freie Malerei, seine Performance-Dokumentationen und Fotografien waren nicht nur kleine Treibsätze für seine ausdrucksstarke Werbegrafik, sondern entfalteten ein Eigenleben, das den Namen Jürgen Haufe im Bereich der zeitgenössischen Kunst in fast alle Himmelsrichtungen trug. Aspekte seines Schaffens sind Themen mehrerer Buchveröffentlichungen. Werke von ihm befinden sich in zwölf Kunstsammlungen, so in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, im Deutschen Plakatmuseum Essen, im Museum für moderne Kunst Toyama (Japan), im Wilanów-Museum Warschau (Polen) und in der Akademie der Künste Berlin.
Was seine gebrauchsgrafischen Arbeiten betrifft, so überschritt Jürgen Haufe – geboren nur ein paar Jahre nach Kriegsende – die Mediengrenzen. Fit und souverän beim (händischen) Zeichnen, Radieren, Malen und Collagieren eignete er sich, älter geworden, ebenso das Arbeiten mittels Macintosh-Computer und dem Design-Programm QuarkXPress an. Jedoch war die Wahl der Mittel stets Folge seiner Ideen. »Erst denken, dann gestalten!«, war sein Leitspruch, der ihm heutzutage manches Problem eingetragen hätte; viele der in den letzten Jahren entstandenen »modernen« Logos und Schriftgestaltungen öffentlicher Einrichtungen Dresdens und Sachsens aus der Hand bzw. dem Computer großer Agenturen hätte er nicht durchgehen lassen – ihm hätte der erste Schritt, das Denken, gefehlt.
Anlässlich des Doppeljubiläums von Jürgen Haufe (am 15. Oktober 2019 wäre sein 70. Geburtstag, am 12. September 2019 war sein zwanzigster Todestag) finden in Dresden und Umgebung zwei aufeinander abgestimmte Ausstellungen statt.
Unter dem Titel »Spot an!« läuft noch bis zum 2. November 2019 eine Jürgen-Haufe-Ausstellung in der Galerie Klinger in Liegau-Augustusbad (https://galerieklinger.de). Schwerpunkt sind hier musikbezogene Arbeiten.
Vom 27. Oktober bis 24. November 2019 ist eine Jürgen-Haufe-Ausstellung »Gegen die Stille« in Dresden-Laubegast bei »KUNST AM ELBUFER« (Laubegaster Ufer 25) mit freieren und theaterbezogenen Arbeiten zu sehen.
Vernissage 26. Oktober (19 Uhr): Jonas Gerigk, Kontrabass solo
Finissage 24. November (16 Uhr): KeySax & Drums, Tilman Herberger (keyb), Uwe Neumann (sax) und Uli Raupach (dr)